Isabella Grahsl, Leiterin Geschäftsentwicklung beim Dienstleister DB Regio

In Form von Mobilitäts-Hubs will DB Regio frische Angebote einbringen, erklärt Isabella Grahsl, Leiterin Geschäftsentwicklung beim Dienstleister DB Regio. (Bild: Faces by Frank)

Ein Aspekt des öffentlichen Personennahverkehrs klingt schon mal positiv: Deutschland wartet mit einer recht hohen Haltestellen-Dichte auf. Gut sei ein Angebot aber erst dann, wenn eine solche Haltestelle von 6 Uhr bis 21 Uhr mindestens einmal in der Stunde in beide Richtungen bedient wird, sagt Isabella Grahsl. Die Leiterin Geschäftsentwicklung beim Dienstleister DB Regio erachtet die sogenannten Speckgürtel der Städte als gut versorgt, dabei spreche man von immerhin rund 30 Millionen Menschen. Wie jedoch sieht dies im ländlichen Raum aus, also für die anderen 57 Millionen?

Immerhin biete sich mit dem Deutschland-Ticket ein erster guter Ansatz im Wirrwar der Tarife. DB Regio sei genau im Bereich Nahverkehr unterwegs und größter Anbieter, so Grahsl. Zum bereits bestehenden Angebot will das Unternehmen bis 2030 noch eine Milliarde mehr Reisende per anno versorgen, davon allein 700 Millionen auf der Schiene. Dazu braucht es der DB-Expertin zufolge großflächige Modellregionen mit verzahnten Angeboten über einen längeren Zeitraum und einen anschließenden Übertrag dieser Konzepte auf weitere Regionen. Mit einer Kombination aus Shuttles und Expressbussen, mit Mobilitäts-Hubs, will DB Regio frische Angebote einbringen. Derzeit teste man dies etwa mit dem Projekt Smile24 in der Region nördlich von Kiel. Dazu arbeitet das Unternehmen vorwiegend mit lokalen Partnern, um auch den Ansprüchen an die Kosten sowie der Nachhaltigkeit gerecht zu werden.

Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin beim Hamburger Verkehrsverbund
Findet es wenig konstruktiv, ÖPNV und Pkw gegeneinander auszuspielen: Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin beim Hamburger Verkehrsverbund (Bild: Faces by Frank)

Eine Art Airbnb der Mobilität

Weshalb der ÖPNV den privaten PKW nicht ersetzen kann, dies aber auch gar nicht muss, um ein attraktiver Anbieter im Bereich Business-Mobility zu werden, hebt Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin beim Hamburger Verkehrsverbund, in ihrem Vortrag in München hervor. „Lasst uns das schicke Auto doch in den ÖPNV integrieren“, sagt sie. Dies könnte beiden Seiten helfen und die gespielte Feindschaft zwischen den beiden Systemen beenden. Korbutt will eigenem Bekunden zufolge aufmischen, Klischees zerstreuen, die die beiden Branchen so stark trennen. Sie glaubt, dass es ein gegeneinander Ausspielen überhaupt nicht braucht. Dem Megathema Klimawandel könne man sich jedenfalls nicht mehr entziehen. In Zeiten, in denen Dienstwagenprivilegien abgeschafft werden und Firmen nach Alternativen wie dem Verkehrsbudget streben, braucht es ihr zufolge schlicht einen ÖPNV mit „On Tops“.

Alleine könne das der ÖPNV wohl nicht stemmen, denn dieser sei zu wenig präsent, sagt Korbutt. Daher müsse man Partner suchen. Die Verkehrsexpertin ist daher der Auffassung, bestehende Infrastrukturen zu nutzen und bestehende Assets zu verbessern und mahnt eine Kombination aus ÖPNV und Pkw an, in der man Bestands-Pkw in das System einbindet und einen Fahrpreis bezahlt, der vom Arbeitgeber subventioniert wird. Man nehme sich vor, dieses private Uber-Modell in das eigene Vetriebssystem einzubinden: eine Art AirbnB-Modell der Mobilität.

Stephan Tschierschwitz, Leiter Mobilitätslösungen bei Schwarz Mobility
Für Mitarbeiter und Kunden mit immer neuen Bedürfnissen setzt Stephan Tschierschwitz, Leiter Mobilitätslösungen bei Schwarz Mobility, auf Apps für Fahrgemeinschaften. (Bild: Faces by Frank)

Nachhaltig geht auch mit dem Auto

Warum beschäftigt sich ein Unternehmen aus dem Supermarktbereich mit Mobilität? Was die Schwarzgruppe, zu der etwa Lidl und Kaufland gehören, für die nahe Zukunft andenkt, erläutert Stephan Tschierschwitz, Leiter Mobilitätslösungen bei Schwarz Mobility Solutions. „Unsere Mission in der Mobilität ist es, nachhaltig, sozialverträglich und nutzerfreundlich zu sein“, sagt der Experte und erläutert auf dem Mobility Circle eine Idee, die unter anderem auf Apps für Fahrgemeinschaften setzt. Denn: Verbindungen mit Bussen und Bahnen sind oft umständlich, nicht nutzerfreundlich und funktionieren häufig etwa aufgrund verpasster Anschlüsse nicht.

Funktioniere im urbanen Raum noch vieles monolithisch mit dem ÖPNV, sei, je weiter man sich von den Pulszentren entferne, in kombinierten Möglichkeiten aus Bus, Regiobahn und Fahrgemeinschaften auf der letzten Meile Mobilität genauso nachhaltige Mobilität zu begreifen. Die Intention, sich als Unternehmen aus der Supermarktbranche überhaupt mit Mobilität zu befassen, ergibt sich Tschierschwitz zufolge einerseits aus Mitarbeiterzahlen im sechsstelligen Bereich, die mobil sein müsse, andererseits aber auch aus den neuen Mobilitäts-Bedürfnissen der Kunden in den eigenen Geschäften. Zu den wesentlichen Gründen, das Auto zu nutzen, zählen laut dem Experten mit einem überwiegenden Anteil das Einkaufen, die Ausbildung wie auch berufliche Fahrten.

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