Schaeffler-Mitarbeiter benutzen VR-Headsest

Digital Workplaces sind nicht erst seit der Coronapandemie ein Thema für Schaeffler. Zu den Tools zählen neben Standard-Kollaborationsplattformen auch Augmented- und Virtual-Reality-Lösungen. (Bild: Schaeffler)

Automobil Produktion Kongress 2024

Petru-Catalin Scafaru, Schaeffler

Schaefflers Leiter für Produktionssystem und Production Technology Petru-Catalin Scafaru spricht als Referent auf dem Automobil Produktion Kongress 2024. Am 16. und 17. Mai 2024 treffen sich auf der Veranstaltung in München auch in diesem Jahr wieder Fach- und Führungskräfte, um über die Automobilfertigung der Zukunft zu sprechen. Gemeinsam streben Hersteller, Zulieferer und Dienstleister eine smarte, flexible sowie nachhaltige Produktion mit transparenter Lieferkette an. Seien Sie dabei und profitieren Sie von kollektiven Branchenwissen. 🎫 Jetzt Ticket sichern!

Wie alle namhaften Unternehmen der Zulieferbranche steht auch beim Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler beim Blick auf das Wirken durch alle Prozesse bis hin zum Produkt die Digitalisierung als Topthema auf der Agenda. Schon viele Jahre ist Schaeffler mit Stammsitz in Herzogenaurach über seinen Ruf als feine Präzisionsschmiede, etwa unter anderem für Wälzlager, hinausgewachsen und zu einem der gewichtigen Weltplayer auf dem Gebiet der Mechatronik geworden, der alle mobilen Varianten und Antriebsarten beherrscht und dessen Produkte – allein mit Blick auf den Automotive-Sektor – bei nahezu allen Autoherstellern zum Einsatz kommen.

Der wichtigste Erfolgsfaktor bleibe der Mensch „und somit die etwa 84.000 Mitarbeitenden, die mit ihren digitalen Kompetenzen Schaeffler jeden Tag erfolgreich und fit für die Zukunft machen“, sagt Jürgen Henn, Leiter Strategische Digitalisierung. Als Vehikel, um im hart umkämpften Markt erfolgreich zu agieren und die dazu erforderlichen Digitalisierungsschritte auch für die Angestellten transparent aufzuzeigen, setzt das Unternehmen auf die Roadmap 2025. Mit ihr nimmt Schaeff­ler eigenem Bekunden zufolge die Optimierung der eigenen Wertschöpfungskette und digitale Lösungen für Kunden in den Fokus. Die digitale Transformation sieht man beim deutschen Traditionsunternehmen als gemeinsame Aufgabe aller Unternehmensbereiche, Funktionen und Regionen. Die digitale Agenda sei Strategie und Leitlinie für alle Aktivitäten, heißt es.

Fachbereiche und IT arbeiten gemeinsam an Digitallösungen

Digitalisierungsexperten aller Fachbereiche und IT-Funktionen bewerten dazu die neuesten digitalen Technologien und Marktentwicklungen und identifizieren profitable digitale Lösungen. Dazu bedarf es natürlich eines feinen Gespürs. Marc Votteler, Leiter IT & Digitalization und CIO von Schaeffler, beschreibt sich und sein Team im Gespräch mit automotiveIT als digitale Surfer. „Zu unseren Produktgruppen gibt es historisch eher kein Narrativ zur Digitalisierung. Wir sehen in der Digitalisierung aber die Zukunft und haben hier durchaus unsere Stärken“, ordnet der CIO den historischen Stand ein. Schaeffler sei kein Unternehmen, das im Bereich der Digitalisierung alles neu erfinde, vielmehr eines, das Leading-Edge-Technologien sinnvoll für sich und Kunden zu nutzen wisse und Differenzierungsmerkmale pointiert einbringe. Seine Einheit konzentriere sich daher darauf, aus den Angeboten „ausdifferenzierte Lösungen zu machen“.

Damit dies funktioniert, befasst sich im Unternehmen nicht nur ein kleines, vielmehr ein recht großes Team mit der Digitalisierung. In den zentralen IT- und Digitalisierungsbereichen, ohne den Produktbereich mit seinen Embedded-Anwendungen, sind dies Marc Votteler zufolge mehr als 2.000 Menschen. Eine Zahl, die exakt einzugrenzen aber nicht so ganz simpel scheint, denn wo verlaufen die Grenzen der Digitalisierung in einem Unternehmen, zumal wenn letztlich alle Bereiche digital befähigt werden? Der CIO erklärt dies denn auch damit, dass die Übergänge von der IT-Organisation zu den Fachbereichen zunehmend fließender werden: „Nehmen Sie das Beispiel Low Code, durch das nahezu jeder vom Konsumenten zum digitalen Mitgestalter wird.“

Daten sind die zentrale Währung für Schaeffler

Zu Vottelers Aufgaben und denen seines Teams zählt es, zwischen der Produktwelt und der digitalen Welt Differenzierungen zu erschaffen. Dazu sei das erwähnte Ausschauhalten nach Trends wie etwa nach der KI ChatGPT und dem Metaverse unerlässlich. Sein Team müsse dazu „kontinuierlich auch auf Trends und Wellen achten, um das für uns Passende zu identifizieren und dann zum richtigen Zeitpunkt zu nutzen, quasi zu surfen“. Votteler stellt in diesem Zuge klar fest: „Digitalisierung sehen wir nicht nur als Herausforderung, sondern als entscheidenden Hebel, mit dem wir noch schneller und durchsetzungsfähiger werden und einen Mehrwert für unsere Kunden schaffen.“

Um diesen Mehrwert zu generieren, konzentriere man sich bei der Umsetzung zunächst auf die Optimierung der Wertschöpfungskette, sowohl intern als auch im Zusammenspiel mit den Geschäftspartnern. Die entscheidende Währung dabei sind ganz klar Daten. Bereits beim Design der Produkte entstehen sehr viele davon. Wenn man die bei der Produktion mithilfe von Sensorik gewonnenen Daten ergänze und verknüpfe, entstehe ein Digital Twin, beschreibt Votteler. „Dem physischen Element fügen wir also ein digitales Abbild hinzu. Zum Digital Twin gehören auch Daten, die das Produkt im Einsatz liefert. Diese können wir zu seiner kontinuierlichen Verbesserung nutzen.“ Für diesen Mehrwert setzt man beim Zulieferer auch auf Partnerschaften, wie etwa mit Microsoft oder PTC, deren Software- und Cloudlösungen insbesondere die Ingenieure im Entwicklungsprozess nutzen.

Auf diesen Säulen steht die Digitalisierung bei Schaeffler

Wenn man sich das digitale Agieren des Zulieferers plastisch vorstellen mag, ist dazu ein Bild mit vier Säulen hilfreich, auf denen die digitale Transformation bei ihm steht: Diese sind Digital Workplace, Cyber-Physical Equipment, Digital Value Chain und Smart Products. Im Digital Workplace sieht man beim Zulieferer nichts weniger als eine Revolution der Arbeitswelt. Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus allen Bereichen soll nämlich flexibler Zugriff auf Tools, Daten und Kommunikationsmöglichkeiten geboten werden – unabhängig von Zeit und Ort. Dadurch sollen die Menschen nicht nur effizienter und agiler, sondern auch enger zusammenarbeiten können. Beim Unternehmen gibt es dafür SchaefflerGPT, eine KI-gestützte Form der Kommunikation, die laut Votteler einen niederschwelligen, aber sehr gut abgesicherten Zugang zu modernen digitalen Instrumenten liefere und ein Beispiel für eine Anwendung sei, die recht flott zu einem „Produktivitäts-Boost“ führen könne. Zur Säule cyber-physische Ausrüstung zählt das Unternehmen die digitale Vernetzung der Produktionsanlagen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Hierfür werden insbesondere die Sensoren der Maschinen genutzt. Beim Zulieferer erachtet man dies als eines der wichtigsten Ziele der digitalen Agenda, angetrieben von der „Vision einer vollständig digitalen Fabrik, die effizient, flexibel, autonom und nachhaltig“ arbeitet.

Bleiben die digitale Wertschöpfungskette und die intelligenten Produkte. Von der ersten Idee bis zum neuen Produkt und von der digitalen Produktionsplanung bis zur Vertriebssteuerung will man im Unternehmen dafür Sorge tragen, künftig den gesamten Produktlebenszyklus digital abzubilden. So will man schneller und flexibler auf aktuelle Ereignisse reagieren und die Kunden sollen dadurch auch eine einzigartige Customer Journey erleben. Mit Blick auf die Produkte heiße dies: Ob im Pkw, in der Industrieanlage oder in der Windkraftanlage – mechatronische Produkte von Schaeffler seien bereits überall zu finden, wo sich etwas bewege. Schlüsselkomponenten für intelligente und vernetzte Produkte sind den Experten des Zulieferers zufolge dabei Sensoren, Elektronik und Aktoren. Die damit ausgerüsteten Endprodukte können dem Willen der Digital-Verantwortlichen zufolge Informationen liefern und nahtlos in die Gesamtanwendungen der Kunden integriert werden.

Drei Enabler sollen die Transformation Schaefflers voranbringen

Zu diesen vier Säulen gesellen sich laut CIO Votteler drei Enab­ler. Dies ist zum einen die grundlegende Infrastruktur als Digital Foundation, zum zweiten die Digital Competencies aller Mitarbeitenden und drittens das Digital Ecosystem, also das Engagement in Partnerschaften. Im Falle des Bereichs Industrie von Schaeffler entstand daraus etwa das Produkt Optime, das Anlagen überwacht und dank cleverer Netzwerk-Technologie und Cloudservices im Hintergrund einen hohen Mehrwert bieten soll. Laut Schaeffler ein gutes Ergebnis aus der Symbiose des eigenen industriellen Knowhows und der digitalen Kompetenz im Unternehmen.

Marc Votteler, der vor seinem Gang zu Schaeffler unter anderem auch aufseiten der Provider wie auch als Softwareentwickler gearbeitet hat, erteilt dem Outsourcing-Modell von IT-Themen zwar keine Absage. „An ganz bestimmten Stellen allerdings, an denen es genau darum geht, den einen Unterschied zu schaffen, entscheiden wir aber immer selbst“, betont der Digital-Chef. Als CIO eines Zulieferers empfinde er die Situation charmant, weil er und sein Team genau einen Kunden habe, nämlich die Schaeffler-Gruppe mit ihren unterschiedlichen Funktionen, Sparten und Regionen. „Für uns bedeutet das, genau auf diesen einen Kunden all unsere Leistungen zuzuschneiden – in meinen Augen ein riesiges Asset“, so Votteler. Mit diesem Fokus habe eine interne IT-Abteilung immer ein Stück weit die Nase vor dem Outsourcing-Modell.

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