Bosch Geschäftsführer Stefan Hartung auf der Bosch Connected World

Bosch-Boss Stefan Hartung kündigte auf der Connected World an, bei automatisierten Fahrfunktionen auf die KI-Expertise von Microsoft zu setzen. (Bild: Bosch)

Seit Sommer 2023 setzt Bosch voll auf die Karte künstliche Intelligenz. Bosch-Geschäftsführerin und CDO Tanja Rückert kündigte gar ein firmeninternes Sprachmodell mit Rufnamen BoschGPT an, das allen Mitarbeitern beispielsweise den Zugang zu eigenen Datenbanken erleichtern sollte. Besonders stolz war Rückert damals auf den Partner, dem man für dieses ambitionierte KI-Projekt aus der deutschen Startup-Szene rekrutierte. Das Heidelberger Unternehmen Aleph Alpha soll seine Technologie einbringen, um Boschs Chatbot Wirklichkeit werden zu lassen. Das Besondere: Trotz beschränkter Ressourcen konkurriert Aleph Alpha dank Transparenz und Datensicherheits-Vorsprüngen mit Sprachmodellen von Branchengrößen wie der Microsoft-Tochter OpenAI.

Was plant Bosch mit Microsoft?

Doch nun scheint man sich bei Bosch nicht mehr nur allein auf die GenAI-Kompetenz deutscher Jungunternehmen verlassen zu wollen. Auf der Bosch Connected World Ende Februar in Berlin kündigte Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung an, bei Lösungen generativer KI nun auch auf die Expertise von Microsoft zurückzugreifen. Speziell für die Verbesserung automatisierter Fahrfunktionen soll das US-Unternehmen nun ins Boot geholt werden. Generative KI soll es dem Fahrzeug künftig ermöglichen, Situationen einzuschätzen, entsprechend zu reagieren und Verkehrsteilnehmer besser zu schützen, erläutert der Zulieferer. „Bosch arbeitet daran, eine neue Dimension von KI-Anwendungen im Fahrzeug zu erschließen“, sagte Hartung in Berlin.

Wendet sich Bosch von Aleph Alpha ab?

Die Ankündigung einer intensiveren Zusammenarbeit im Bereich KI folgt nur wenige Tage auf Microsofts Verlautbarung, in den kommenden zwei Jahren knapp 3,3 Milliarden Euro in Deutschland zu investieren, um Rechenzentrumskapazitäten für KI- und Cloud-Anwendungen massiv auszubauen. Ein Großteil der Investitionen fließt interessanterweise in die Rhein/Main-Region – dort hat auch Aleph Alpha seine Heimat.

Doch trotz des neuerlichen Flirts mit Microsoft muss sich Aleph Alpha-Gründer Jonas Andrulis wohl keine Sorgen um seinen Bosch-Deal machen. Von Seiten des größten deutschen Zulieferers heißt es, dass man sich derzeit mehrere Lösungen in unterschiedlichen Domänen anschaue und man darüber hinaus erkenne, dass die verschiedenen Anbieter und ihre Foundation Models ihre Stärken und Schwächen aufwiesen. „Wir glauben nicht an ‚die eine Lösung‘, sondern an viele Lösungen, die für verschiedene Fälle mehr oder weniger geeignet sind“, erklärte eine Konzernsprecherin.

Im Falle von Aleph Alpha bedeutet dies vor allem die Entwicklung von Lösungen für Mitarbeiter und Kunden, weniger im Fahrzeug selbst. Die Technologie der Heidelberger lasse sich on-premise in den Bosch-eigenen Rechenzentren und damit Bosch-eigener Hardware betreiben, was laut Bosch eine erhöhte Sicherheit für vertrauliche Daten liefere. Bei der Kooperation mit Microsoft steht mit der Weiterentwicklung von ADAS ein gänzlich anderer Fachbereich im Fokus. Hier will Bosch seine eigene automobilspezifische KI-Expertise und eigene Fahrzeugsensordaten einspeisen, um mit trainierten KI-Systemen letztlich Zeit und Geld zu sparen. Und dafür scheint Microsoft der bessere Partner zu sein.

Bosch braucht starke Tech-Partner

Die Tech-Partnersuche fällt für Bosch in eine schwierige wirtschaftliche Gemengelage. Vor Weihnachten kündigte der süddeutsche Zulieferer Stellenabbau im Bereich Verbrennermotor an, Anfang des Jahres folgten weitere Negativschlagzeilen: Auch auf dem Gebiet der Fahrzeugelektronik und Software – eigentlich ein Zukunftsfeld der Autoindustrie – fallen über 1.200 Stellen weg. Auch anderen großen deutschen Zulieferern geht es nicht unbedingt besser.

Da ergibt es durchaus Sinn, sich bei neuen Technologiethemen starke Partner an die Seite zu holen. „Für Bosch gilt es, unter schwierigen Rahmenbedingungen mit einer schwachen Weltwirtschaft und anhaltender Inflation sowie bei sinkender Nachfrage, wettbewerbsfähig zu bleiben. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist unter anderem auch die Zusammenarbeit mit starken, vertrauten Partnern“, heißt es in einer Stellungnahme. Partnerschaften wie die mit Microsoft zielten „auf gemeinsame Erfolge, Prozessbeschleunigung, Risikoteilung und vereinfachten Zugang zu neuen Märkten und Technologien“ ab.

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