Lichtkanal Hella

Was die jüngsten Krisen speziell in der Automobilindustrie angeht, ist Hella fest entschlossen aus der Not eine Tugend zu schaffen. (Bild: Hella)

automotiveIT Kongress 2024

IT Team Award automotiveIT

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Egal ob Wissenschaftler, Philosophen, Politiker und selbst der US-Automobilpionier Henry Ford: Schon seit Jahrhunderten betonen die großen Denker dieser Welt das enorme Potenzial, welches sich hinter dem Prozess der Veränderung verbirgt. Als sprichwörtliches Gewohnheitstier muss der Mensch jedoch über seinen Schatten springen und ein gewisses Risiko eingehen, um die in der Veränderung liegenden Chancen vollends zu nutzen. Im IT-Bereich von Automobilzulieferer Hella sind auf diese Weise Veränderungen auch mittlerweile zur selbsternannten Kernkompetenz geworden.

„Automobilzulieferer müssen den Wandel gestalten. Beispielsweise werden Produktentwicklungszyklen immer kürzer und dementsprechend müssen auch wir als IT schneller und gezielter Lösungen liefern“, erklärt Hellas Chief Information Officer Felix Willing den hohen Bedarf an Adaptivität und Geschwindigkeit bei Veränderungen innerhalb der Automobilbranche. „Ganz gleich, ob Pandemie oder interne Strukturveränderung, all diese Herausforderungen und Möglichkeiten müssen erfolgreich gesteuert werden. Wichtig ist dabei, die Veränderung als Chance zu begreifen, die uns und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch neue Möglichkeiten eröffnet.“

Dachmarke Forvia schafft diverse Synergieeffekte für Hella

Zurzeit steckt der Licht- und Elektronikspezialist mit Hauptsitz in Lippstadt und weltweit rund 700 Beschäftigten im IT-Bereich in verschiedenen Veränderungsprozessen gleichzeitig. Neben der globalen digitalen Transformation und den rasanten Entwicklungen der IT-Branche, kehrt Hella zunächst einmal vor der eigenen Haustür. Vor knapp zwei Jahren kündigte der französische Automobilzulieferer Faurecia den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an Hella an. Durch die Übernahme entstand aus den beiden Unternehmen die neue Dachmarke Forvia und der siebtgrößte Zulieferer für Automobiltechnologien weltweit. Dennoch agieren Hella und Faurecia weiterhin als zwei rechtlich unabhängige Unternehmen. Man arbeitet also eigenständig und doch eng zusammen. Wie kann das funktionieren?  

An der Antwort auf diese Frage arbeiten die Mitarbeiter der Unternehmen aus Frankreich und Deutschland intensiv. „Wir sind dabei, die Produktionssysteme und Tools miteinander zu vergleichen. Wenn es beispielsweise um Datenanalyse und Trace­ability geht, hat Faurecia schon einiges von uns übernehmen können. Auf der anderen Seite konnten wir im Bereich Just-in-time-Logistik von den Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich lernen“, beschreibt Jörg Weisgerber, Hella-Geschäftsführer für den Bereich Elektronik, einige der Synergieeffekte.

 

Hella-CIO Felix Willing
Felix Willing hat Anfang Januar 2018 die Leitung des Bereichs Information Management bei Hella übernommen. (Bild: Hella)

Umstellung auf S/4Hana erreicht erste Meilensteine

Aktuell wird im Rahmen einer „Seamless Integration“ an dem technologischen Fundament gearbeitet, das in Zukunft diverse Projektarbeiten – beispielsweise im Hinblick auf mögliches Produktbündeln aus verschiedenen Komponenten der Zulieferer – ermöglichen soll. Trotzdem brauche die Belegschaft Zeit, um das Verständnis für jeweils andere Prozessansätze vollständig zu verstehen, so Weisgerber. Ebenfalls gemeinsam mit Kollegen von Faurecia arbeitet Hella weiterhin an der Umstellung auf S/4Hana, die neueste Generation von SAPs ERP (Enterprise Resource Planning). Bereits in einem Interview mit automotiveIT zu Beginn 2019 nannte CIO Willing das Transformationsprojekt als Fokusthema der zukünftigen Corporate-IT.

Erste Meilensteine wurden gesetzt: Der gesamte Aftermarket des Zulieferers läuft seit vergangenem Jahr auf dem neuen SAP-Standard. „S/4Hana ist für uns kein rein technisches Thema. Im Fokus steht die Standardisierung und Automatisierung unserer Unternehmensprozesse im Sinne eines globalen Templates. Zusammen mit Faurecia arbeiten wir zudem an einem Konzept, wie wir die SAP-Systeme der beiden Unternehmen zusammenbringen und ein gemeinsames System implementieren, welches die jeweiligen Anforderungen der einzelnen Geschäftsbereiche Faurecia und Hella abbildet“, erklärt der studierte Chemiker.  

Auch im Rahmen seiner Cloudstrategie setzt das Unternehmen auf einen sukzessiven Ansatz. Hier verfolgt Hella eine Multi-Cloud-Strategie und arbeitet mit den Plattformen der großen Hyperscaler. Über bereitgestellte Landing Pages besteht ein schneller und einfacher Zugang zu den entsprechenden Anwendungen. Im klassischen Geschäft verfolgt der westfälische Zulieferer dagegen weiterhin eine Cloud-preferred-Strategie. Sofern technologisch und wirtschaftlich sinnvoll, werden Cloudlösungen wie beispielsweise von Salesforce bevorzugt. Die Anbieter- und Lösungsauswahl erfolgt über einen strukturierten Service-Selection-Prozess als Teil des Demand Managements. Sollte am Markt keine passende Lösung verfügbar sein, entwickeln die Teams selbst eine passende Anwendung.   

So konnte sich der Zulieferer in Krisenzeiten retten

Als Willing 2018 den CIO-Posten bei Hella übernahm, gab es zunächst noch einige Hindernisse zu überwinden, bevor ein solch flüssiges Abwägen des Für und Wider möglich war. Wesentliche Faktoren wie die Transparenz der IT-Ressourcen und -Projekte waren nicht ausreichend gegeben. Nachdem die Prioritäten des Zulieferers neu fokussiert und sortiert waren, konnte Willing von der Theorie zur Praxis übergehen. Denn viele Standorte und Mitarbeiter waren schlichtweg voneinander abgekoppelt, so der CIO. Durch den Wechsel von einem dokumentenorientierten Datenbanksystem zu einer webfähigen Lösung konnten viele Aufgaben zusammengeführt und die globalen Teams effizienter vernetzt werden.   

Die frühen Bemühungen, stärker vernetzte Teams aufzustellen, kamen Hella in den Coronajahren zugute. „Wir haben es beeindruckend schnell geschafft, zehntausende Beschäftigte Mobile-Working-fähig zu machen, durch Microsoft Teams und das Hochskalieren der technischen Infrastruktur wie beispielsweise Citrix. Wir haben gezeigt, dass wir schnell reagieren und abliefern können, vor allem dann, wenn es darauf ankommt“, freut sich der 51-Jährige und betont, wie viel vor allem die IT-Belegschaft trotz der Krise in dieser Zeit geleistet habe.

Oder vielleicht gerade aufgrund der Krise? Frei nach dem Motto „The Show must go on“ war der Zulieferer in der Pandemie gezwungen, seine Lösungen durch neue digitale Tools und die verstärkte Nutzung vorhandener Technologien zu unterstützen: Produktvorstellungen per Mixed-Reality-Brille auf einer Customer-Experience-Plattform, die virtuelle Begleitung von Produktionsstarts durch ein globales Team oder Kollaboration mittels eines virtuellen Whiteboards sind hier zu nennen.

Ein orangenere Produktionsroboter der Firma ABB
In Sachen Automatisierung, Robotisierung und künstliche Intelligenz laufen die Hella-Standorte bereits jetzt auf Hochtouren. (Bild: Hella)

Durch Trendscouting bleibt Hella stets up to date

Um weiterhin am Puls der Zeit zu bleiben, was die neuesten Digitalisierungsthemen angeht, arbeiten IT und CDO-Organisation eng zusammen. Ein Team kümmert sich beispielsweise um Trendscouting und hält Ausschau nach technologischen Entwicklungen, die für Hella einen Mehrwert bedeuten könnten, und bietet für passende Themen entsprechende Workshops zur Qualifizierung der Mitarbeiter- und Führungsebene an. Ein in der IT neu gegründetes Innovation Center verprobt im Rahmen von Proof of Concepts neue Ansätze und Technologien. Dedizierte IT-Key-Account-Manager arbeiten eng mit den verschiedenen Geschäftsbereichen an digitalen Lösungen und Verbesserungsprojekten.

Ein weiterer Aspekt: Als Teil des Continuous-Improvement-Prozesses hat Hella vor einigen Jahre eine Digital Factory aufgebaut, die sich aus IT- und Prozessexperten zusammensetzt und gemeinsam mit Business-Analysten gezielt Prozesse weiter automatisiert. Zum Einsatz kommen etablierte Tools wie RPA-Software, Process Mining Applications oder auch KI-Anwendungen. Auch wurden etablierte Lösungen wie AGVs (Automated Guided Vehicles) in den vergangenen Jahren an Fertigungsstandorten implementiert und mit den Backend-Systemen verbunden 

Seit einigen Jahren probiert sich Hella in verschiedenen Bereichen des Unternehmens auch in Sachen KI und Machine Learning aus: Dies umfasst beispielsweise die End-of-Line-Inspection in der Produktion, aber auch klassische Kompetenzen wie im User-Support der IT. „Auch das gesamte Feld rund um ChatGPT ist wie für viele Unternehmen auch für uns interessant. Im Rahmen eines Projekts prüfen Hella und Faurecia aktuell, in welchen Use Cases der Einsatz von Generative AI einen Benefit für uns bringen kann“, kommentiert Willing die Entwicklungen. Wobei die Arbeit mit der generativen KI zunächst nach neuen Skills und geschultem Fachpersonal verlange, um beispielweise effiziente Prompts zu formulieren sowie die jeweiligen Funktionalitäten anzupassen, so der IT-Experte.   

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