Digitale Infrastruktur wird zum Schlüssel der Mobilität
Eine neue Studie von Digital Realty zeigt, wie stark digitale Infrastruktur zur Schlüsselressource der Automobilindustrie wird. 215 Führungskräfte geben Einblick, wo die Branche steht und warum die Zukunft der Mobilität im Rechenzentrum entschieden wird.
Digitale Infrastruktur wird zum Rückgrat der Automobilindustrie: Rechenzentren, Cloud-Architekturen und Echtzeitdaten prägen die Entwicklung von SDV, autonomen Funktionen und neuen Mobilitätsservices.Adobe Stock / bagotaj
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Wer in diesen Tagen über eine der großen internationalen Leitmessen geht, auf denen Unternehmen mit Automotive-Bezug vertreten sind, bemerkt schnell, wie sich das Selbstverständnis der Automobilindustrie verändert. Zwischen
leuchtenden Displays, vernetzten Fahrzeugen und Software-Demos entsteht das
Bild einer Branche, die längst nicht mehr allein über Motorleistungen oder
Design definiert wird. Vielmehr rückt eine stille Kraft in den Mittelpunkt, die
kaum ein Besucher zu Gesicht bekommt: die digitale Infrastruktur, ohne die
keiner der großen Zukunftstrends funktionieren würde.
Continental
Eine aktuelle Studie von Digital Realty zeigt, wie tief
dieser Wandel bereits greift. 215 Führungskräfte aus der Automobil- und IT-Welt
geben Auskunft darüber, wie gut ihre Unternehmen auf die kommenden Jahre
vorbereitet seien. Der Fokus liegt dabei auf den Zukunftsfeldern Autonomes Fahren, Software-defined Vehicles , Echtzeitverarbeitung von Fahrzeugdaten, datenbasierte Mobilitätsservices, KI sowie Simulation in der Produktentwicklung. Die Antworten verdeutlichen, dass die Branche zwar bereits wichtige Weichen gestellt hat, nun aber vor einer Transformationsphase steht, deren Ausmaß viele Unternehmen erst beginnen zu erfassen.
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Während einzelne Unternehmen bereits konkrete Strategien umgesetzt haben, befinden sich viele noch in der Orientierungs- und Planungsphase.
Digital Realty
Autonomes Fahren: Fortschritt ohne Skalierung?
Das autonome Fahren gilt seit Jahren als Symbol für den
technologischen Wettlauf der Automobilindustrie. Die Studie kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass
Deutschland auf halbem Weg stehen geblieben ist. Zwar hätten viele Unternehmen
Fahrerassistenzsysteme in großer Breite eingeführt, doch der Übergang zu
hochautomatisierten Funktionen verlaufe deutlich langsamer. Die Ursache liege dabei nicht allein in regulatorischen Hürden
oder gesellschaftlichen Vorbehalten. Entscheidend sei die Fähigkeit, gewaltige
Datenströme zuverlässig verarbeiten zu können. Die verschiedenen Sensoren, die für das automatisierte Fahren unverzichtbar sind – Kameras, Radar und Lidar – erzeugen im Sekundentakt Informationen, die in Echtzeit ausgewertet werden
müssten. Dafür brauche es Rechenzentren, Cloud-Architekturen und KI-Modelle,
die eine Flotte von Millionen Fahrzeugen sicher steuern könnten. Nur eine Minderheit der befragten Unternehmen verfüge über
skalierbare Modelle, die diesen Anforderungen gerecht würden. Die Studie lässt
erkennen, dass viele Hersteller erste Inseln geschaffen haben, aber noch nicht
in der Lage seien, autonome Lösungen flächendeckend auszurollen. Die Frage, wer
in den nächsten Jahren in Führung gehe, werde daher weniger an Sensoren und
Fahrstrategie hängen als an der digitalen Basis, die den Datenverkehr stützt.
Parallel zum autonomen Fahren nimmt der Wandel zum Software-Defined Vehicle Fahrt auf. Immer mehr Hersteller behandeln das Fahrzeug nicht mehr als abgeschlossenes Produkt, sondern als System, das während seiner gesamten Lebensdauer weiterentwickelt wird. Over-the-Air-Updates, Feature-on-Demand oder digitale Zusatzdienste gehören für viele Unternehmen bereits zum Alltag. Doch die Studie zeigt deutlich, dass der Weg zu einer wirklich skalierbaren SDV-Plattform steinig bleibt. Zwar hätten rund ein Drittel der befragten Unternehmen erste Funktionen in mehreren Modellen integriert, doch ein ähnlich großer Anteil befinde sich noch in einer frühen Testphase.
SDV und OTA gelten als vielversprechende Hebel für technologische und wirtschaftliche PotenzialeDigital Realty
Die Studie betont, welche technischen Anforderungen mit der Umstellung auf SDVs und OTA-Updates verbunden sind. Eine verteilte Fahrzeugflotte müsse zuverlässig, sicher und skalierbar mit neuen Funktionen versorgt werden. Gleichzeitig seien Unternehmen gefordert, Daten aus Millionen von Fahrzeugen in Echtzeit zu verarbeiten und in ihre Entwicklungszyklen zurückzuführen, um Entwicklungsprozesse kontinuierlich zu verbessern. Dies setze leistungsfähige Rechenzentren sowie flexible Cloud-Infrastrukturen voraus, die sowohl große Datenströme bewältigen als auch Sicherheitsanforderungen erfüllen. Entsprechend kommt Digital Realty zu dem Schluss, dass SDV- und OTA-Konzepte nur dann über Pilotprojekte hinaus in den Massenmarkt gelangen, wenn diese digitale Basis geschaffen und dauerhaft auf Wachstum ausgelegt ist.
Echtzeitdaten: Die unsichtbare Infrastruktur der
Industrie
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Ein weiterer Trend rückt in den Mittelpunkt: die
Echtzeitverarbeitung von Fahrzeug- und Produktionsdaten. Moderne Fahrzeuge
erzeugen je nach System mehrere Gigabyte pro Stunde, bei hochautomatisierten
Modellen sogar ein Vielfaches. Gleichzeitig setzen Fabriken auf Sensorik, die
Produktionslinien dynamisch steuert und Ausfälle voraussieht, bevor sie
eintreten. Trotz dieses Potenzials nutzen nur wenige Unternehmen
Echtzeitdaten umfassend. Etwa ein Fünftel verfüge über skalierbare
Architekturen, ein weiteres Fünftel setze die Daten zumindest in mehreren
Bereichen ein. Die Mehrheit bewege sich jedoch noch zwischen Pilotversuchen und
ersten Implementierungen. Dabei sei gerade dieser Bereich entscheidend für die
Wettbewerbsfähigkeit. Ob in der Fertigung oder im Fahrzeug: Daten werden nur
dann zu einem Wert, wenn sie unmittelbar in Entscheidungen einfließen.
Unternehmen, die Daten lediglich sammeln, aber nicht systematisch nutzen,
würden laut Studie wichtige Chancen vergeben. Besonders Colocation-Modelle
könnten hier eine Brücke schlagen, weil sie Rechenleistung dorthin verlagern,
wo sie benötigt wird.
Datenbasierte Mobilitätsservices: Wertschöpfung jenseits
des Fahrzeugs
Der Wandel vom klassischen Produktgeschäft zu einem
serviceorientierten Ökosystem prägt ebenfalls den Zukunftskurs. Kunden erwarten
vernetzte Angebote, die Navigation, Wartung, Flottensteuerung oder digitale
Zusatzdienste einschließen. Mobility-as-a-Service gewinnt an Bedeutung,
insbesondere im Firmen- und Flottensegment. Die Studie zeigt, dass viele Unternehmen bereits aktiv
Services entwickelt haben, allerdings ohne sie auf einer wirklich integrierten
Plattform zu bündeln. Rund ein Drittel habe mehrere Dienste umgesetzt, während
nur eine kleinere Gruppe über skalierbare Architekturen verfüge. Für die Zukunft sei entscheidend, dass die Branche
Datenströme aus Millionen Fahrzeugen parallel verarbeiten könne. Nur so ließen
sich personalisierte Dienste in Echtzeit bereitstellen, neue Geschäftsmodelle
entwickeln oder globale Flotten effizient steuern. Die technische Basis bleibe auch hier der entscheidende Hemm- oder Erfolgsfaktor.
Der fünfte große Trend betrifft die Produktentwicklung
selbst. KI und Simulation verändern die Art, wie Fahrzeuge entstehen. Digitale
Zwillinge, virtuelle Testfelder oder KI-gestützte Entwicklungsprozesse
verkürzen Innovationszyklen und reduzieren Kosten. Rund ein Fünftel der Unternehmen habe laut Studie bereits
skalierbare KI-Strukturen aufgebaut, während andere zumindest einzelne Prozesse
digitalisiert hätten. Doch die Mehrheit befinde sich erst am Anfang. Besonders
GPU-basierte Rechenzentren würden dabei zur notwendigen Ressource, weil sie
parallele Tests und datenintensive Analysen ermöglichen. Die Studie lässt erkennen, dass dieser Bereich eine enorme
Hebelwirkung besitzen könnte. Je mehr Tests virtuell ablaufen, desto schneller
ließen sich neue Funktionen validieren. Dadurch verschiebe sich das Verhältnis
von Hardware und Software in der Entwicklung weiter zugunsten digitaler
Prozesse.
Entscheidungen im Maschinenraum der
Digitalisierung
Insgesamt entsteht das Bild einer Branche, die die Herausforderungen der Zukunft klar erkannt hat, aber nun an der konkreten Umsetzung arbeiten muss. Autonomes Fahren, SDV, Echtzeitdaten, Mobilitätsservices und KI seien keine
Visionen, sondern konkrete Initiativen. Dennoch zeige die Studie, dass nur ein
kleiner Teil der Unternehmen die notwendige digitale Infrastruktur bereits
aufgebaut habe. Für die kommenden Jahre spreche vieles dafür, dass sich die
Erfolgsfaktoren verschieben. Es gehe weniger darum, wer die beste App habe oder
das eleganteste Interface. Entscheidend werde sein, wer Daten schnell bewegen,
sicher verarbeiten und global skalieren könne. Damit entstehe eine stille, aber entscheidende Arena im
Hintergrund: Rechenzentren, Cloud-Ansätze, Edge Computing und hybride
Architekturen würden darüber entscheiden, welche Unternehmen technologische
Trends in marktreife Produkte übersetzen könnten. Die Zukunft der Mobilität sei daher weniger ein Design- oder
Elektrifizierungsprojekt, sondern ein Infrastrukturvorhaben von globaler
Bedeutung. Wer es schaffe, diese Basis frühzeitig aufzubauen, könne den Markt
der kommenden Dekade prägen. Wer zögere, riskiere, Teil einer Entwicklung zu
werden, die längst anderswo gestaltet wird.