Was lange währt, wird endlich gut. Diese alte Binsenweisheit trifft für den Land Rover Defender zu. Lange tüftelten die Briten am Aussehen des Geländewagen-Klassikers herum. Entwürfe wurden gezeichnet und wieder verworfen, bis endlich der Defender dieses Jahr zu den Händlern rollte. Die Detailarbeit hat sich gelohnt und die Neuauflage des Geländewagens fand Gefallen bei den Fans. Los ging es mit der Langversion (110), jetzt schiebt der britische Autobauer die kurze Variante (90) nach, die es inklusive dem hinten angebrachten Reserverad auf eine Länge von 4,58 Metern bringt, also 44 Zentimeter kürzer als der fünftürige Defender. Die Schrumpfkur bringt das gewünschte Resultat. Dieser Defender gefällt uns sogar noch besser als der lange. Allerdings waren wir auch in der 90 X P400 MHEV-Version für mindestens 93.384,87 Euro unterwegs.

Mit der gestutzten Karosserie geht auch ein verringerter Radstand von 2,59 Meter einher, der eben 43 Zentimeter weniger aufweist als der des langen Defenders. Dass das da in der zweiten Reihe kein Business Class Feeling aufkommt, dürfte klar sein. Das Entern klappt dank der "Easy-Entry"-Sitze dennoch ziemlich problemlos und auch ein Erwachsener mit 1,85 Metern Körpergröße findet vernünftig Platz. Der Kofferraum erreicht mit einem Ladevolumen von 397 bis 1.563 Litern bei umgelegten Rücksitzlehnen natürlich nicht die Geräumigkeit des Defender 110, ist aber so groß, dass auch eine ausgedehnte Shoppingtour nicht zu Verstauungsängsten führt.

Beim Defender 90 X P400 MHEV packt Land Rover das neue Infotainmentsystem "Pivi Pro" und den 294 kW / 400 PS starken, per integrierten Riemen-Starter Generator mildhybritisierten Reihensechszylinder in die ansehnliche Karosserie. Das Aggregat generiert ein maximales Drehmoment von 500 Newtonmetern, das schon bei 2.000 U/min auf die Befehle des Gasfußes wartet. Da kommt zwangsläufig die Frage auf, wie denn dieser Defender samt seinen näher beieinander liegenden Achsen und seinem Lebendgewicht von 2.245 Kilogramm mit der PS-Verve unter der Haube zurechtkommt. Die Antwort lautet: erstaunlich gut. Auch der P90 liegt satt auf der Straße, von übernervöser Hibbeligkeit ist keine Spur und das Luftfederfahrwerk macht den kurzen Defender auch ziemlich komfortabel.

Rustikale Attitüde setzt sich fort

In den Kurven und beim Rangieren wirkt sich der verringerte Radstand positiv aus. Der Wendekreis ist mit 11,30 Metern um satte 1,50 Meter kleiner als bei der Langversion des Defenders. Auf den Landstraßen lässt es sich mit dem Defender schnell und entspannt vorankommen. Denn der Geländewagen ist dank seines Allradantriebs und den Getriebeuntersetzungen nicht nur ein begnadeter Kraxler, sondern eben auch ein kommodes Reisemobil. Allerdings könnten die Sitze etwas mehr Seitenhalt bieten und an der Sitzposition mit der steiler stehenden Lenkradsäule merkt man, dass man in einem Geländewagen unterwegs ist.

Bei Bedarf darf es auch schneller vorangehen und bei einem Sprintvermögen von 6,0 Sekunden von null auf 100 km/h und einer Höchstgeschwindigkeit von 209 km/h (wenn 22-Zoll-Alus mit Allwetterreifen montiert sind) sind auch flotte Überholvorgänge drin. So macht dieser Land Rover Defender 90 X P400 MHEV auch auf befestigten Straßen Spaß. Dank der Mildhybridisierung kratzt der Durchschnittsverbrauch von 9,9 l/100 km knapp an der Zehn-Liter-Grenze. Immerhin reden wir hier von einem Gefährt, das nicht zwingend nach aerodynamischen Gesichtspunkten entworfen wurde.

Genug Rechenleistung

Im Inneren setzt sich die rustikale Attitüde fort, denn das Ambiente unterscheidet sich nicht von dem der Langversion. Also finden sich hier gerade Linien und geometrische Stringenz, die durch Lederbezüge, Hartplastikelemente und unverkleideten Schrauben ergänzt werden - passt zum Defender. Ein zentrales Element ist die letzte Ausbaustufe des Infotainmentsystems namens "Pivi Pro". Schließlich hinkten die Briten bislang trotz aller Bemühungen in diesem Bereich der Konkurrenz hinterher.

Die Voraussetzungen mit zwei SIM-Karten und LTE-Datenübertragungsgeschwindigkeit, genug Rechenleistung und einem Zehn-Zoll-Touchscreen, der sich in die Cockpitumgebung einpasst, sind ziemlich gut. So können Updates drahtlos während der Fahrt aufgespielt werden, während die feine Gesellschaft im Auto weiterhin Streamingdiensten wie Spotify lauschen kann. Auch die Grafik und die Benutzeroberfläche mit den Apps sind ein klarer Fortschritt. Doch bei der Bedienung haben sich die britischen Softwaredesigner in dem Bestreben, etwas anders zu machen als der Rest, verkopft. Denn die Bedienung ist nicht so eingängig, wie das möglich wäre. Manche Funktionen verstecken sich in den Tiefen der Menüs oder sind über die Lenkradtasten zu erreichen. Aber einen echten Defender-Fan interessieren solche Details recht wenig. Er weiß, dass er in keinem gewöhnlichen Auto sitzt.

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