Schwarz und gelb sind die Farben, die das Straßenbild von Barcelona prägen. Rund 10.000 Taxis sind in der katalanischen Millionenmetropole täglich unterwegs. Und mit mehr als 270 Taxiständen, die sich über das gesamte Stadtgebiet verteilen, ist das nächste Fahrzeug in der Regel auch nur einen Steinwurf entfernt. Doch die analoge Personenbeförderung könnte in Zukunft zur Ausnahme werden, denn schon heute setzen viele Fahrer in Barcelona auf die digitalen Dienste von Free Now, um sich Passagiere per App zuweisen zu lassen.
Die digitale Taxizentrale von Free Now findet sich inmitten der Innenstadt. Statt schwarz und gelb dominieren jedoch blau, pink und neongrün die Flure des Tech-Hubs. Auf bunten Klebezetteln halten hier rund 100 IT-Experten ihre neusten Ideen rund um die Free Now-App fest. „Spanien ist einer der wichtigsten Märkte für uns. Hier entwickeln wir viele innovative Features, die wir direkt dem Praxistest auf der Straße unterziehen können“, sagt Jaime Rodríguez de Santiago, General Manager für Free Now in Spanien im Rahmen einer Presseveranstaltung.
In Kataloniens Hauptstadt kümmern sich die Softwareentwickler vorrangig um den Ausbau der Fahrer-App. Aktuell arbeite man an zahlreichen Projekten, die sowohl dem einzelnen Taxifahrer, als auch Flottenmanagern die Arbeit erleichtern soll, betont Free Now-CTO Jan Ramm. „Ein Taxiunternehmer verbringt im Schnitt rund drei Stunden täglich mit Büroarbeit, um etwa Gehalts- und Trinkgeldabrechnungen für seine Fahrer durchzuführen. Diese Arbeit möchten wir künftig vereinfachen und komplett papierlos gestalten“, betont Ramm.
Auf Seiten der Fahrer experimentiert man bei Free Now aktuell mit der sogenannten Going-Home-Funktion. Um Leerfahrten auf dem Weg zur Arbeit und nach Feierabend zu verhindern, haben die Softwareentwickler ein Tool entwickelt, das berechnet, ob ein potenzieller Fahrgast die Strecke auch fahren möchte. In London hat Free Now dieses Feature bereits getestet. „Unser Feldversuch hat gezeigt, dass sich die Fahrer mit dieser Funktion noch einen Zusatzverdienst sichern können, der sonst nicht zustande gekommen wäre“, so der CTO.
Gleichwohl gebe es auch Bereiche der App, die bei Free Now laufend auf dem Prüfstand stehen. Eines der sechs Tech-Hub-Teams in Barcelona kümmert sich beispielsweise verstärkt um die Stornierungs-Quoten der Fahrer. Dass Fahrten nicht zustande kommen, liege nicht immer nur an der Verkehrssituation, die Gründe seien sehr vielfältig, heißt es auf Seiten der Entwickler. Dank der aggregierten Datenmengen und dem Feedback der Fahrer arbeiten die IT-Experten an Verbesserungsmöglichkeiten.
Um weitere Services in Barcelona entwickeln zu können, fließen in den nächsten fünf Jahren rund 30 Millionen Euro in neues Personal. „Barcelona hat eine sehr große Tech- und Startup-Szene. In der Stadt gibt es ungefähr 200.000 IT-Experten“, berichtet Alex Balsells, Chief People Officer für Free Now in Europa.
Doch das Taxigeschäft ist längst nicht mehr die einzige Einnahmequelle von Free Now. Mit dem Marken-Relaunch im Zuge der Kooperation zwischen Daimler und BMW, hat man sich nicht nur vom Namen Mytaxi verabschiedet, sondern auch eine neue Ära eingeläutet. „Wir müssen die Mobilität in Städten neu denken. Es geht darum, eine Plattform für verschiedene Dienste zu schaffen“, heißt es dazu von Jaime Rodríguez de Santiago.
Mittlerweile können über Free Now sowohl Taxen als auch Mietwagen mit Chauffeur (Free Now Ride) oder E-Scooter bestellt werden. Insbesondere mit Ride hat Free Now jedoch unter Taxifahrern Kritik hervorgerufen. Anders als mit offiziellen Taxis unterliegen die Ride-Mietwagen mit Fahrer keiner Preisregulierung. Damit möchte man vor allem der Konkurrenz rund um Uber etwas entgegensetzen. Die Vermittlung von Taxis bleibe jedoch weiterhin „ein wichtiger Bestandteil der Firmen-DNA“, so Free Now.
Auch im boomenden E-Scooter-Markt ist der Mobilitätsanbieter aktiv. Unter der Dachmarke Hive werden elektrischen Roller aktuell in neun Städten verliehen. Darunter sind etwa München, Lissabon oder auch Wien. Ab Oktober soll der Dienst in die Free Now-App integriert werden. „Wir möchten die Mikromobilität in den Städten ausbauen. Dabei verfolgen wir aber den klaren Ansatz nur dort unsere Services anzubieten, wo wir mit den örtlichen Behörden Hand in Hand arbeiten können“, sagt Hive-CEO Tristán Torres Velat.
Die gesamte Wertschöpfungskette bildet der Sharing-Dienst mit eigenen Mitarbeitern ab. So werden die Roller vom Hive-Personal an den wichtigsten Punkten in der Stadt verteilt, am Abend zum Laden eingesammelt oder bei Bedarf repariert. „90 Prozent unser Flotte ist seit dem Start vor rund neun Monaten noch in Betrieb“, verkündet der Hive-CEO stolz.