„Licht wird funktional in den Workflow integriert werden“
Stefan Menninger arbeitet seit 2014 für Preh.
Preh GmbH
Licht im Fahrzeuginnenraum wird mehr und mehr zum intelligenten Interface: Stefan Menninger von Preh erklärt, wie interdisziplinäres Denken, Embedded Software und Systemintegration die nächste Generation vernetzter Innenbeleuchtung ermöglichen.
Stefan Menninger, Head of Pre-Development & Product
Management bei Preh, bringt einen
außergewöhnlich breiten Erfahrungshintergrund in die Automotive-Welt ein. Der
studierte Embedded-Software-Entwickler war rund zwanzig Jahre in der
Medizintechnik tätig, wo er unter anderem an Dialysegeräten, Beatmungssystemen
und Diagnoselösungen arbeitete.
2014 wechselte er zu Preh, übernahm zunächst die Leitung der
Hardware-Entwicklung für nationale Kunden und später das BMW Customer R&D Center. Im Vorfeld der
diesjährigen Automotive Interior Lighting Conference,
wo er zusammen mit seinem Kollegen Johannes Dünninger als Keynote-Speaker
auftritt, haben wir ihm drei Fragen gestellt.
Herr Menninger, wir befinden uns inmitten eines
dynamischen und disruptiven Jahrzehnts für die Automobilindustrie. Was sind
Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, mit denen sich der Bereich
Innenbeleuchtung in den nächsten fünf Jahren konfrontiert sehen wird?
Wir stehen erst am Anfang einer grundlegenden Veränderung.
OEMs nutzen Licht und Lichtszenarien bereits heute als wichtiges
Differenzierungsmerkmal, doch die Herangehensweise unterscheidet sich stark von
klassischen, an Spezifikationen orientierten Entwicklungsprozessen. Häufig wird
auf ein visionäres Zielbild hingearbeitet, ohne dass dafür bereits durchgängige
technische Spezifikationen oder organisatorische Strukturen und Erfahrungen
existieren. Die zentrale Herausforderung der kommenden Jahre besteht darin,
Licht über verschiedene Materialien, Oberflächen und Bauteile hinweg so zu
integrieren, dass der Innenraum als harmonisches, zusammenhängendes Erlebnis
wahrgenommen wird. Gleichzeitig wird Licht künftig deutlich mehr als nur ein
Design-Element sein: es wird funktional in den Workflow integriert werden.
Themen wie Warnungen, “Function on Demand”, adaptives Licht oder
Guidance-Konzepte werden Lichtsysteme mit Bedienelementen, Sensorik und
Software vernetzen. Damit verschwimmen die Grenzen zwischen Design, Elektronik
und HMI-Entwicklung hin zu einer interdisziplinären Zusammenarbeit, für die
weder die heutigen Expertenrollen noch die Firmenstrukturen bei den OEMs und
Zulieferern ausgelegt sind.
Sie bringen einen einzigartigen Hintergrund aus der
Medizintechnik in den Automobilsektor mit. Wie hat diese Erfahrung Ihre
Sichtweise auf Innovation und Systemdesign bei Preh geprägt?
In der Medizintechnik steht der Mensch im absoluten
Mittelpunkt. Gerade in der diagnostischen Medizin basiert Innovation auf der
Kombination aus Medizin, Physik und – zunehmend – mathematischen Verfahren, die
in Software umgesetzt werden. Dadurch konnte die Präzision und damit auch der
Nutzen vieler diagnostischer Systeme nicht nur verbessert, sondern vervielfacht
werden. Diese Denkweise prägt auch meine Arbeit bei Preh: Interdisziplinäres
und systemisches Denken sind entscheidend. Erfolgreiche Produkte entstehen
dort, wo Hardware, Software und Algorithmen gemeinsam gedacht werden – mit dem
Ziel, komplexe Systeme so zu gestalten, dass sie intuitiv bedienbar sind und
echten Mehrwert für den Nutzer bieten. Dieses Verständnis übertrage ich auf den
Automobilbereich: Der Fahrer rückt – ähnlich wie der Patient in der Medizin –
wieder stärker in den Fokus, während technologische Präzision und intelligente
Software im Hintergrund dafür sorgen, dass das Erlebnis sicher, effizient und
natürlich wirkt und sich einfach richtig anfühlt.
Wie will sich Preh im Bereich Innenbeleuchtung
positionieren – und welche Chancen sehen Sie für neue Konzepte, die Licht mit
HMI und Nutzererlebnis verbinden?
Wir beobachten bereits heute eine zunehmende
Marktdifferenzierung: „One fits all“ wird insbesondere im Bereich Licht nicht
die richtige Strategie sein. Die Erwartungen und Designsprachen unterscheiden
sich deutlich zwischen Europa, Nordamerika, Asien und anderen Regionen. Preh
positioniert sich hier als Systempartner, der gemeinsam mit den OEMs
maßgeschneiderte Lösungen entwickelt – gestützt auf Simulation, mathematische
Modelle und langjährige Erfahrung im Bereich HMI, Elektronik, Mechanik,
Software und funktionaler Sicherheit. Unser Ziel ist es, Licht nicht isoliert,
sondern als integralen Bestandteil des Nutzererlebnisses zu verstehen – als
Schnittstelle zwischen Design, Funktion und Interaktion. Unsere Erfahrungen
zeigen, dass der Aufbau von Prototypen gemeinsam mit Kunden und Partnern besonders
zielführend ist, um zusammen ein Lösungskonzept zu definieren. Durch iterative
Entwicklungszyklen mit realen Test- und Korrekturschleifen stellen wir sicher,
dass Simulation und reale Wahrnehmung zusammengeführt werden – und so
Lichtlösungen entstehen, die sowohl technisch präzise als auch emotional
überzeugend sind und trotzdem in kurzer Zeit realisiert werden können.
Dieses Interview erschien zuerst
auf unserem englischsprachigen Portal Automotive Digital Transformation