Die Sitzecke im Eingangsbereich verwaist, FFP2-Maske statt Motorsport und anstelle eines Heißgetränks aus der Kaffeelounge gibt es zur Begrüßung Sterillium aus dem Desinfektionsspender auf die Hand – die Zeiten im Porsche-Zentrum Hamburg sind im Zuge des Corona-Lockdowns wahrlich ganz besondere. Und doch täuscht die Tristesse in den gläsernen Verkaufsräumen an der Lübecker Straße. Denn hinter den Kulissen hat der Zuffenhausener Autobauer seiner Vertriebs-IT eine Frischzellenkur verordnet.
Gemeinsam mit 87 weiteren Porsche-Zentren deutschlandweit wird auch in der Elbmetropole seit Jahresbeginn mit Porsche One Sales ein neues Kapitel im Autohaus aufgeschlagen: „Fahrzeugkonfigurationen, Verfügbarkeit von Neu- und Gebrauchtwagen sowie Leasing- und Finanzierungsangebote – all das lässt sich mit Porsche One Sales nun in einem System auf mobilen Endgeräten abbilden“, illustriert Philipp von Witzendorff, Geschäftsführer im Porsche-Zentrum Hamburg. Statt mehrfacher Dateneingabe in unterschiedlichen Systemen und Oberflächen können die Verkaufsberater mit der neuen Lösung deutlich fokussierter auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden eingehen. „Wir minimieren die Fehleranfälligkeit im System und verbessern mit Porsche One Sales zeitgleich das Markenerlebnis hier im Haus“, führt von Witzendorff weiter aus.
Und Autohäuser sind für den Sportwagenhersteller trotz des zunehmenden Onlinehandels weiterhin eine tragende Säule. Denn bei Porsche-Käufern handle es sich um eine Fangemeinde, die den Flair der Sportwagen vor Ort erleben möchte, ist der Hamburger Geschäftsführer überzeugt. Umso wichtiger sei es, das Markenerlebnis nun mit einem zeitgemäßen Tool zu begleiten.
Bis diese Erkenntnis gereift sei, habe es jedoch auch bei Porsche etwas länger gedauert, gibt Philipp von Witzendorff unumwunden zu: „Wir sind wahrlich nicht der erste Autobauer, der sich auf das Thema Digitalisierung im Vertrieb stürzt. Unser Anspruch ist es aber auch nicht, als Erster mit einer Lösung vorzupreschen, sondern schlussendlich ein hochperformantes System anzubieten.“ Dafür hat sich die VW-Tochter 2019 zum Kickoff des One-Sales-Projekts Unterstützung durch die US-Softwareberater von ThoughtWorks geholt. Und bei diesem Knowhow-Transfer blieb es nicht: In die Softwareentwicklung flossen ebenso die Ideen der Porsche-Verkaufsberater als direkte Anwender mit ein.
Anfang 2020 war ein erster Click-Dummy fertig und wurde in Online-Schulungen dem Verkaufspersonal präsentiert. „Aufgrund der frühzeitigen Einbindung unserer Mitarbeiter in den Entwicklungsprozess ist die Systemakzeptanz unglaublich hoch“, stellt von Witzendorff heraus. Künftig soll das System auch in die Cloud überführt werden, was den Rollout von neuen Funktionen zusätzlich erleichtern soll.
Doch auch im Hier und Jetzt arbeiten viele Mitarbeiter des Sportwagenbauers bereits gern mit dem neuen Tool. Zu ihnen gehört auch Patrick Gabbey, der bei Porsche an der Lübecker Straße als Verkaufsberater für Neu- und Gebrauchtwagen zuständig ist. „Ohne Multitasking konnte man in der Vergangenheit kaum ein Verkaufsgespräch erfolgreich gestalten. Auf der einen Seite mussten Kundendaten zum Teil mehrmals in verschiedene Systeme eingetragen werden, auf der anderen Seite sollte auch der Dialog mit dem Interessenten auf Augenhöhe geführt werden, um die Bedürfnisse und Wünsche besser zu verstehen. Da befand man sich nicht selten in einer Zwickmühle“, so Gabbey.
Mit Porsche One Sales gehörten diese Konflikte nun aber der Vergangenheit an. Dank einer nahtlosen Verknüpfung der Kundendaten mit Fahrzeugkonfiguration, Bestandsprüfung und Finanzierungsangeboten auf einem mobilen Endgerät kann der Verkaufsprozess nun nicht mehr nur am Arbeitsplatz des Verkaufsberaters stattfinden, sondern auch direkt am Fahrzeug im Showroom oder sogar beim Interessenten zuhause.
Insbesondere in Zeiten geschlossener Autohäuser ein durchaus schlüssiges Konzept: „In der Vergangenheit haben wir auch Kundentermine im Außendienst wahrgenommen. Das war jedoch immer mit gehörigem Aufwand verbunden und Illustrationsmöglichkeiten von bestimmten Ausstattungsvarianten konnten immer nur analog auf Papier aufgezeigt werden“, führt der Verkaufsberater aus. Nun ließen sich dank Porsche One Sales selbst kleine Details wie Zierleisten im Interieur in digitaler Form leicht abbilden. Zudem könne in Echtzeit auch der Fahrzeugbestand von bestimmten Modellen und Ausstattungsvarianten deutschlandweit abgefragt werden, viele Telefonate mit Handelspartnern würden für Gabbey nun überflüssig werden, so dass er mehr Zeit für die direkte Kundenpflege hat.
Aufgrund des Lockdowns konnten die Verkaufsberater sich gleichzeitig gründlich in die neuen Funktionsweisen der IT-Lösung einarbeiten. „Ich setze bereits zu 80 Prozent nur noch auf Porsche One Sales. Nur für wenige Prozesse muss ich noch auf die bisherigen Programme zurückgreifen“, bilanziert Gabbey. „Heutzutage dienen uns die Tools noch als Backup, falls eine Funktion im neuen System mal ausfällt. Zudem geben die bisherigen Programme manchen Verkaufsberatern im Alltag ein Sicherheitsgefühl, wenn sie mit Porsche One Sales noch nicht so vertraut sind“, sagt Philipp von Witzendorff.
Auf dem digitalen Durchbruch in Hamburg und anderen Vertriebsstandorten Porsches ruht sich in der Firmenzentrale in Zuffenhausen jedoch niemand aus. Neben Porsche One Sales investiert der OEM auch in ein neues Retail-Konzept: Mit „Destination Porsche“ soll aus den bisher produktbezogenen Schauräumen ein kundenzentriertes Markenerlebnis mit verschiedenen Themeninseln werden. Das modulare Konzept kann flexibel umgebaut und an besondere Anlässe angepasst werden. Denn insbesondere die Themen Elektromobilität und Connected Car erfordern im Vertrieb ganz neue Informationsebenen. Sukzessive sollen alle Standorte in Deutschland nach diesen Prinzipien aufgestellt werden – Kaffeelounge und Motorsport-Feeling inklusive.