Capgemini-Studie

Software wird wichtigster Umsatzbringer für die Autoindustrie

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Für klassische Tier1-Zulieferer wird die Softwareentwicklung immer wichtiger.
Softwareentwicklung wird immer wichtiger.

Laut Capgemini-Studie könnten softwarebasierte Funktionen und Mobilitätsdienste 2035 mehr als die Hälfte der OEM-Umsätze stellen. Die Branche richtet Geschäftsmodelle, Partnerschaften und Entwicklungspfade darauf aus.

Die Automobilindustrie befindet sich in einer Umbruchphase hin zu softwaregetriebenen Erlösmodellen. Eine neue Untersuchung des Capgemini Research Institute kommt zu dem Ergebnis, dass softwarebasierte Fahrzeugfunktionen und Mobilitätsdienste im Jahr 2035 mehr als die Hälfte des OEM-Gesamtumsatzes ausmachen könnten, während der Anteil klassischer Fahrzeugverkäufe auf rund ein Drittel sinken dürfte. Die Einschätzungen basieren auf Befragungen von 600 Führungskräften aus 200 etablierten Automobil- und Mobilitätsunternehmen in Nordamerika, Europa und dem asiatisch-pazifischen Raum.

Mehr als 80 Prozent der Befragten erwarten demnach, dass Software und zugehörige Services den Großteil der Wertschöpfung ausmachen werden. Gleichzeitig gehen 92 Prozent davon aus, dass sich sowohl Hersteller als auch Zulieferer zu Softwareunternehmen entwickeln und softwaredefinierte Fahrzeuge beziehungsweise Mobilitätsdienste anbieten. Aktuell ist das Bild heterogen: International haben rund 34 Prozent der Unternehmen softwarebasierte Funktionen nur teilweise ausgerollt, in Deutschland liegt der Anteil mit 52 Prozent höher.

Kooperationen, Lieferketten und Plattformen

Die Studie ordnet strategische Partnerschaften mit Tech-Konzernen und Hyperscalern als wichtigen Hebel ein. International arbeiten bereits 37 Prozent der Unternehmen mit solchen Partnern zusammen, in Deutschland sind es 52 Prozent. Joint Ventures sind bislang selten, ein Drittel der befragten Firmen plant jedoch innerhalb der nächsten drei Jahre entsprechende Gründungen. Parallel gewinnt die Resilienz der Lieferketten an Gewicht: Bis zu 84 Prozent erschließen neue Beschaffungsmärkte, 69 Prozent entwickeln zentrale Komponenten verstärkt selbst, um Kontrolle über markenprägende Technologien zu behalten. Genannte Regionen für die Diversifizierung sind Indien, Südostasien und Osteuropa.

Ein zentraler technischer Baustein ist die Entkopplung von Hardware und Software, die als Voraussetzung für schnellere Innovationen, Skalierbarkeit und neue Erlösquellen gilt. Laut Studie hat allerdings erst etwa jeder zehnte OEM hier nennenswerte Fortschritte erzielt, etwas mehr als ein Viertel testet neue Ansätze. Zudem arbeitet eine Mehrheit an einheitlichen Softwareplattformen, um Funktionen, Kontrollen und Dienste konsistent bereitzustellen.

KI als Hebel und Methodik

Künstliche Intelligenz wird zunehmend als integraler Bestandteil automobiler Software gesehen. 85 Prozent der Befragten erwarten, dass KI künftig direkt in Softwarefunktionen eingebettet wird – etwa für Infotainment, Sicherheitsfunktionen und Cybersecurity. In Deutschland bewerten 84 Prozent die Integration von KI in Softwareentwicklung, Fahrzeugfunktionen und Mobilitätsdienste als entscheidenden Wettbewerbsvorteil; international liegt der Wert bei 77 Prozent. Gleichzeitig betont die Studie die Notwendigkeit eines organisatorischen Wandels: 86 Prozent sehen erhebliche Veränderungen bei Prozessen, Kompetenzprofilen und Governance als erforderlich, ergänzt um ein industrialisiertes Engineering-Framework für Entwicklung, Tests, Qualität und Betrieb. Die Untersuchung basiert auf einer im Juni 2025 durchgeführten Befragung und ergänzenden Experteninterviews.