Nach dem Aus für das Dojo-Supercomputer-Projekt richtet Tesla seine KI-Strategie neu aus.(Bild: Moose - stock.adobe.com)
Tesla hat im Sommer 2025 das Dojo-Supercomputer-Projekt eingestellt und setzt künftig auf die AI5- und AI6-Chips, gefertigt von Samsung. Welche Ziele dahinterstehen und welche Risiken die exklusive 2-nm-Fertigung birgt.
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Tesla vollzieht im Sommer 2025 einen radikalen Kurswechsel bei seiner KI-Hardwarestrategie: Das ambitionierte Dojo-Supercomputer-Projekt wird eingestellt und die Entwicklungsabteilung neu ausgerichtet. Statt auf eine proprietäre Trainingsplattform setzt der Elektroautobauer künftig auf eine einheitliche Chiparchitektur, die sich sowohl für Inferenz als auch für Teile des Trainings eignet – und geht dafür eine milliardenschwere Fertigungspartnerschaft mit Samsung ein.
Vom Supercomputer zum Spezialchip
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Das Dojo-Projekt galt lange als Teslas Antwort auf den steigenden Rechenhunger beim Training neuronaler Netze für autonomes Fahren. Die Hardware war auf massive Datenmengen aus der Tesla-Flotte zugeschnitten. Ziel: schnellere und kosteneffizientere Trainingszyklen. Doch im August 2025 verkündete Elon Musk das Aus – zu teuer, zu komplex, zu wenig strategischer Nutzen im Vergleich zu einer einheitlichen Hardwareplattform. Der Tesla-Dojo-Supercomputer war Teslas eigens entwickeltes System für das Training neuronaler Netze im Bereich autonomes Fahren und Robotik. Herzstück war der D1-Chip mit 354 spezialisierten Kernen, gefertigt im 7-nm-Prozess bei TSMC und optimiert für maschinelles Lernen. 25 dieser Chips wurden zu einer „Dojo Training Tile“ kombiniert, die rund 9 PetaOps BF16-Leistung und 11 GB integrierten SRAM bot. Mehrere dieser Kacheln konnten zu einem 2D-Mesh-System skaliert werden, im Vollausbau als „ExaPod“ mit 120 Tiles.
Die Architektur nutzte physische Speicheradressen und maßgeschneiderte Netzwerktechnologie, um Latenzen zu reduzieren und GPUs bei bestimmten Trainings-Workloads zu ersetzen. Dojo war vollständig auf Teslas eigene Workloads zugeschnitten und sollte die Entwicklung des Full Self-Driving (FSD) beschleunigen, indem riesige Mengen an Fahrdaten schneller verarbeitet werden konnten. Trotz dieser ambitionierten Architektur wird das Projekt nun eingestellt – Tesla konzentriert sich künftig auf eine vereinfachte, einheitliche AI5/AI6-Chipplattform in Partnerschaft mit Samsung. Damit endet ein Kapitel hochspezialisierter Inhouse-Hardware zugunsten einer strategischen Neuausrichtung.
Wozu AI5/AI6 dienen & warum Inferenz das Nadelöhr ist
Die neu gesetzten Prioritäten heißen AI5 und AI6. Diese Chips sind primär für Inferenzaufgaben optimiert – also das Ausführen trainierter KI-Modelle in Echtzeit. Musk will damit sowohl die Rechenplattform in den Fahrzeugen als auch Teslas humanoiden Roboter Optimus und künftige Robotaxi-Flotten versorgen. Gleichzeitig sollen die Chips in bestimmten Szenarien auch Trainingsaufgaben übernehmen können, um redundante Architekturen zu vermeiden.
Inferenz-Chips sind das Herzstück autonomer Systeme: Sie verarbeiten Sensordaten extrem schnell, treffen Entscheidungen und leiten Handlungen ein – ohne Umweg über externe Rechenzentren. Für Anwendungen wie Full Self-Driving (FSD) bedeutet das geringere Latenz, höhere Zuverlässigkeit und mehr Unabhängigkeit von Mobilfunk- oder Cloud-Verbindungen. Die Abkehr von einer dedizierten Trainingsplattform wie Dojo hin zu einer skalierbaren, produktionsorientierten Chipgeneration ist zugleich ein Signal an den Markt: Tesla will schneller liefern und weniger Zeit in teure, proprietäre Infrastruktur binden.
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Die AI5/AI6-Chips sollen als Rechenkern für FSD in Serienfahrzeugen, künftige Robotaxi-Flotten, den humanoiden Roboter Optimus sowie KI-Rechenzentren im Tesla-Ökosystem dienen. Dabei zielt die Architektur auf maximale Rechenleistung pro Watt für deterministische Echtzeitprozesse – entscheidend für die präzise Wahrnehmung, Planung und Kontrolle in Autonomieanwendungen. Gleichzeitig soll genügend Flexibilität bleiben, um ausgewählte Trainingsaufgaben on-device oder in Rechenzentren auszuführen. Einheitliche Software-Stacks und Tooling reduzieren nach Teslas Plänen Integrationsaufwand, verkürzen Entwicklungszyklen und ermöglichen es, neue Funktionen schneller und stabiler per Over-the-Air-Update an die gesamte Flotte auszurollen.
Bei Tesla Strategiewechsel spielt Samsung eine wichtige Rolle. Im Rahmen eines 16,5-Milliarden-Dollar-Deals übernimmt der koreanische Konzern die Fertigung der Tesla-Chips AI5 und AI6. Produziert wird im neuen Texas-Fab, das auf einen 2-nm-Prozess setzt – und exklusiv für Tesla reserviert sein soll. Dieser Deal kommt für Samsung gerade recht, denn erst kürzlich wurde bekannt, dass das Werk – aufgrund zu geringer Auslastung – erst später in Betrieb gehen soll.
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Daher ist dieser Auftrag für Samsung ein doppelter Gewinn: Er bringt das dringend benötigte Volumen in ein Foundry-Geschäft, das bisher klar hinter TSMC zurücklag, und verankert das Unternehmen tiefer im Automotive- und KI-Halbleitermarkt. Für Tesla wiederum bedeutet er gesicherte Kapazitäten in einer Zeit, in der Chipknappheit und geopolitische Risiken die Lieferketten unter Druck setzen. Zu groß sind wohl die Ängste, die aus der Corona-Anfangszeit rühren, als die Automobilhersteller mit einem Mangel zu kämpfen hatten.
Was Teslas Strategiewechsel für die Auto-Branche bedeutet
Tesla folgt mit der Abkehr von Dojo und der Fokussierung auf AI5/AI6 einem klaren Branchentrend: weg von schwer skalierbaren, proprietären Rechenzentren hin zu hochspezialisierten, in Partnerschaft entwickelten Chips. Während Anbieter wie Nvidia ihre Inferenz-Architekturen für eine breite Kundenbasis auslegen, setzt Tesla auf extreme Vertikalisierung – vom Chipdesign bis zur Anwendung in Fahrzeugen und Robotik. Für Entwicklungsteams bedeutet das stabilere Planung durch zugesicherte Kapazitäten, einheitliche Toolchains über alle Plattformen, klarere Thermal- und Power-Budgets für Serien-ECUs und kürzere Validierungszyklen. Gleichzeitig erhöht sich jedoch die Abhängigkeit von der Ausführungsgüte eines einzigen Fertigers. Ob Samsung den 2-nm-Prozess in Texas termingerecht und mit hoher Ausbeute liefert, entscheidet darüber, ob Tesla seinen technologischen Vorsprung ausbauen kann oder ob der Schritt zum warnenden Beispiel für die Risiken exklusiver Fertigungsallianzen wird.