Die Idee, eine Plattform, die für einen Verbrennungsmotor konzipiert ist, mit einer Batterie zu versehen, um auf den Elektrozug aufzuspringen, ist nicht ganz neu. Die Ergebnisse fallen unterschiedlich und bisweilen durchwachsen aus. Ein Beispiel für dieses Konzept wäre der Mercedes EQC, der mit dem Mercedes GLC vom gleichen Band läuft. Volvo macht es nun genauso und schnallt eine 78-Kilowattstundenbatterie (netto 75 kWh) unter die CMA-Plattform (Compact Modular Architecture) des XC40, packt zwei Elektromotoren mit jeweils 150 kW / 204 PS dazu und lässt das Kompakt-SUV mit einer Systemleistung von 300 kW / 408 PS auf die Straße los.

Dank der beiden angetriebenen Achsen kommt die Kraft samt dem Drehmoment von 660 Newtonmetern auch auf dem Asphalt an. Die Fahrleistungen sind beeindruckend: Nach 4,9 Sekunden sind 100 km/h erreicht, bei 180 km/h bleibt Volvo sich selbst treu und riegelt den Vortrieb ab. Spaß hat man mit dem Volvo XC40 Recharge dennoch reichlich. Der 2.188 Kilogramm schwere Crossover tritt vehement an und lässt bei Überholvorgängen andere Fahrzeuge stehen, wie das sonst nur waschechte Sportwagen tun. Auch in den Kurven schlägt sich das SUV trotz des Gewichts beachtlich, dem Allradantrieb und der steifen Karosserie sei Dank.

Da wirkt sich die stabilisierende Anwesenheit der rund 500 Kilogramm schweren Akkus positiv aus, allerdings muss das Stahlfahrwerk dem Ballast Rechnung tragen und ist straff abgestimmt, was man vor allem bei schlechten Straßen in der Innenstadt merkt. Adaptive Dämpfer gibt es bei diesem XC nicht, auch die Lenkung ist nur in zwei Einstellungen vorhanden - mit großen Rückstellkräften oder komfortabel. Wir haben uns für die leichtgängige Variante entschieden und sind gut damit gefahren. Bei der Rekuperation ist das Prinzip ebenfalls digital: an oder aus. Die Funktion versteckt sich übrigens in einem Menü der Fahrzeugeinstellungen. Wir haben sie aktiviert und haben uns sehr schnell daran gewöhnt. Wenn man vom Gas geht, verzögert der Volvo vor allem bei langsamen Geschwindigkeiten sehr abrupt. Die Stärke der Motorbremse lässt sich über das Gaspedal steuern. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit kommt man mit diesem One-Pedal-Prinzip ziemlich gut klar. Denn so lässt sich das Verlangsamen fein dosieren und man kommt oft ohne die mechanische Bremse aus.

Genug Platz

CMA-Plattform ist grundsätzlich eine Architektur, die für den Vorderradantrieb ausgelegt ist. Das ist bei der Elektrovariante nicht anders. Wenn man gerade auf der Autobahn dahin rollt, gehen rund 90 Prozent nach vorne, bei Bedarf schiebt die Elektronik mehr kraft nach hinten, aber null zu 100 Prozent ist laut Volvo nicht möglich. Das bringt uns zur Reichweite - auch kein ganz unwesentlicher Wert bei einem Elektroauto. Dieser Wert ist bei Volvo offensichtlich etwas für Amateure, da nur eine Prozentanzeige der Batterieladung angezeigt wird, erst wenn der Saft zur Neige geht, hat das System ein Einsehen und wechselt zu Kilometern. Volvo gibt als Maximalreichweite 418 Kilometer (WLTP) und einen Durchschnittsverbrauch von 23,8 bis 25,0 kWh auf 100 Kilometer an. Wir hatten nach einer Strecke von 107,7 Kilometern noch 59 Prozent der Batteriekapazität zur Verfügung. Die Fahrt führte uns sowohl über Autobahnen inklusive Höchstgeschwindigkeit, Innenstädte und flotten Kurven auf Landstraßen, was einen Durchschnittsverbrauch von 26,2 kWh/100 km ergab.

Platz ist beim 4,43 Meter langen XC40 kein Problem. Auch hinter einem 1,85 Meter großen Fahrer sitzt man bequem mit genug Bein- und Kopffreiheit - trotz der Batteriepakete im Unterboden. Allerdings ist die Hartplastik-Unterkante des Sitzes nicht verkleidet, was man an den Schienbeinen spürt, wenn man die Füße unter den Vordersitz stellt. Das Volumen des Kofferraums wächst von 452 Liter auf 1.328 Liter, sobald man die Lehnen umlegt. Weil das Fach unter dem Ladeboden zum großen Teil von der Batterie okkupiert wird, haben die Schweden vorne unter der "Motorhaube" ein 31 Liter großes Fach installiert, in das die Ladekabel oder eine weitere Tasche passen. Die Akkus können mit maximal 150 kW Gleichstrom an einem Schnellader gefüllt werden und sind dann nach 40 Minuten zu 80 Prozent voll. An einer Wallbox fließen maximal 11 kW und damit in ein einer Stunde Strom für 55 bis 60 Kilometer.

Beim Infotainment des XC40 Recharge bedient sich Volvo beim Polestar 2 und holt sich das Android-System ins Auto. Die Adaption gelingt. Wer ein Smartphone bedienen kann, kommt auch in diesem Volvo zurecht. Unzulänglichkeiten werden, wie bei Smart Devices üblich, per drahtlosem Update ausgeräumt. Das geschieht übrigens über eine integrierte Sim-Karte, für die der Besitzer nichts bezahlen muss. Ein weiterer Vorteil dieses "immer Online"-Prinzips sind Apps wie Spotify oder Internet-Radio. Bedient wird das alles mithilfe des neun Zoll großen Touchscreens, der wie ein senkrecht aufgestelltes Tablet in der Mitte des Autos thront. Bleibt noch der Preis: Der Volvo XC40 Recharge steht Ende des Jahres beim Händler und kostet aktuell 60.436,97 Euro.

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