Nein, das Laden eines Smartphones per Kabel ist per se nicht nervig oder aufwendig. Wer allerdings schon häufiger das Ladeutensil wegen Verschleißes ersetzen musste, steht einer kabellosen Lösung sicher offen gegenüber. In der Consumer-Electronics-Welt hat das induktive Laden bereits einen steilen Aufstieg hinter sich: Inzwischen unterstützt der Großteil der aktuellen Gerätegenerationen die Technologie, die Ladeplatten bekommt man inzwischen als Werbegeschenk auf Geschäftsterminen. Im größeren Maßstab ist das kabellose Laden noch nicht so weit: Bei der Elektromobilität regieren noch Ladesäule und Kabel. Zwar wird bereits seit einiger Zeit am Wireless Charging von E-Autos gearbeitet, doch Serienlösungen gibt es bislang keine.
Nun macht BMW den Anfang: Für die Plug-in-Hybridversion des 5ers, den 530e iPerformance, steht seit Juli die Ausstattungsoption BMW Wireless Charging im Katalog. Nach eigener Aussage sei man damit der erste Autobauer am Markt, der eine solche integrierte Lösung anbiete. Auf Wunsch wird der Teilzeitstromer dann mit einem CarPad ausgeliefert, das dazugehörige GroundPad-Modul kommt auf den Boden der heimischen Garage oder den Stellplatz vor der Firma. Kostenpunkt: 890 Euro für das Modul im Fahrzeug, 2.315 Euro für das Gegenstück im Boden. Zum Vergleich: Die teuerste Wallbox der Münchener kostet den geneigten E-Autofahrer lediglich rund 1.200 Euro. Doch trotz des höheren Anschaffungspreises liegt der wichtigste Vorteil der induktiven Ladetechnologie auf der Hand: Komfort. Das Elektroauto braucht Verkaufsargumente und der Wegfall jeglichen Aufwandes fürs Tanken beziehungsweise Laden – mag er auch noch so gering sein – fällt ins Gewicht. Denn der Ladevorgang wird mit dem Erreichen der korrekten Parkposition über dem GroundPad automatisch gestartet und auch beendet – sollte die Batterie beispielsweise voll sein oder sich etwa ein Fremdkörper zwischen den Spulen befinden.
Geladen wird mit einer Leistung von 3,2 kW. Rund dreieinhalb Stunden soll es dauern, bis die Batterien des Hybrid-5ers voll sind. Damit wird auch deutlich, warum die Münchener nicht mit einem vollelektrischen Modell in die induktive Ära starten: Die Leistung des kontaktlosen Systems liegt, technisch bedingt, deutlich unter dem Pendant mit Kabel – und auch das braucht bekanntlich seine Zeit. Dennoch ist das Angebot von BMW ein Schritt in die richtige Richtung. Auch Audi und Daimler stehen mit vergleichbaren Lösungen in den Startlöchern.
Der Durchbruch für Wireless Charging? „Unserer Ansicht nach beginnt mit der Markteinführung des BMW 530e iPerformance der Hochlauf induktiver Ladesysteme“, sagt Peter Wambsganß, Director of Business Development AIMM Europe beim Technologielieferanten WiTricity, gegenüber carIT. Seiner Ansicht nach werden in den kommenden fünf Jahren noch weitere Markteinführungen folgen. Doch der Schlüssel für den Volumenmarkt ist für Wambsganß ein ganz anderer: Standardisierung. „Die aktuellen Systeme sind proprietäre Lösungen der jeweiligen Hersteller. Interoperable Systeme hingegen ermöglichen das Laden von Fahrzeugen auf jeder standardkonformen Ladeplatte.“ Erst wenn die Kommunikation zwischen Bodenplatte und Fahrzeugmodul herstellerübergreifend vereinheitlicht ist, kann der schnelle „Batterie-Snack“ auf dem Parkplatz vorm Supermarkt, an Ampel und Bahnübergang oder an der Raststätte Realität werden. Daran arbeiten die Autobauer Audi, BMW und Daimler sowie Toyota übrigens im Projekt „Stille“ gemeinsam. Auch Technologielieferanten wie Qualcomm und WiTricity sind an Bord. Ende 2018 läuft das Forschungsvorhaben aus. Dann dürfte die Industrie einer kabellosen Elektromobilität noch einen Schritt näher sein.