Richard Rovner & Udo Gohier, MathWorks

„Entwicklung und IT müssen miteinander kooperieren, um den Wandel zu bewältigen.“

Die Autobranche wird zur Softwareindustrie – und IT und Engineering müssen enger zusammenrücken. Im Interview erklären Richard Rovner und Udo Gohier, wie MathWorks Autobauern und Zulieferern hilft, diesen kulturellen und technologischen Wandel auf dem Weg zum Software-Defined Vehicle erfolgreich zu gestalten.

9 min
Richard Rovner, Vice President of Marketing, und Udo Gohier, Geschäftsführer MathWorks Central Europe, im Gespräch.

Ein zentraler Treiber in der holistischen Fahrzeugentwicklung ist das Software-Defined Vehicle (SDV). Wie unterstützt MathWorks Auto-Unternehmen auf diesem Weg?

Richard Rovner: Die Autobranche wandelt sich zur Softwareindustrie. Das ist herausfordernd und mitunter schmerzhaft – eröffnet, aber auch enorme Chancen. MathWorks hat seit Jahrzehnten eine starke Präsenz in der Autoindustrie und das wird auch so bleiben. Wir bieten eine Engineering-Plattform, die diese Transformation ganzheitlich unterstützt – von der Konzeptphase über Design und Entwicklung bis hin zur Produktion. Unsere Aufgabe ist es, eine Plattform bereitzustellen, die sich in den gesamten Workflow integriert und Unternehmen hilft, ihre Entwicklung zu beschleunigen und gleichzeitig Qualität und Sicherheit zu gewährleisten. Ein entscheidender Erfolgsfaktor in dieser Transformation ist die effektive Zusammenarbeit zwischen Entwicklungs- und IT-Organisationen. Aus Plattform- und Serviceperspektive ist es unsere Mission, diese Zusammenarbeit zu ermöglichen und zu fördern. Unsere Tools und Services sind darauf ausgelegt, die funktionsübergreifende Teamarbeit nahtloser und effizienter zu gestalten.

Udo Gohier: Die Komplexität, die mit der Realisierung des SDV einhergeht, ist enorm. Es handelt es sich nicht nur um eine technologische Transformation, es geht ebenso um Denkweise, Systems Engineering und Kultur. Entwicklung und IT müssen effektiv miteinander kommunizieren, wenn Unternehmen diesen Wandel erfolgreich bewältigen wollen. Das bedeutet, dass Organisationen Silos aufbrechen und die Zusammenarbeit zwischen traditionell getrennten Bereichen ermöglichen müssen. Wir haben einige gute Beispiele gesehen, in denen Unternehmen daran arbeiten, die nächste Generation ihrer Organisation zu gestalten. Ziel ist es, diese Transformation erfolgreich zu meistern und die Vision des digitalen Produkts und des digitalen Unternehmens zu verwirklichen.

Warum ist für viele OEMs der Weg zu einer reibungslos funktionierenden „Software Factory“ so holprig?

Rovner: Eine solche Veränderung ist von Natur aus schwierig. Die Branche sieht sich gleichzeitig mit wachsender Komplexität, zunehmendem Wettbewerb und höheren Anforderungen in Sachen Time-to-Market konfrontiert. Um erfolgreich zu sein, benötigen Unternehmen einen vertikal integrierten Ansatz, der Hardware, Software und Systems Engineering miteinander verbindet. Das ist allerdings leichter gesagt als getan. OEMs müssen Sicherheit und Qualität gewährleisten und gleichzeitig ihre Unternehmensstrukturen transformieren, also sehr unterschiedliche Welten zusammenbringen: technisches Ingenieursdenken auf der einen Seite, das IT-Mindset auf der anderen. Diese Disziplinen zu verbinden, erfordert nicht nur technische Abstimmung, sondern auch einen kulturellen Wandel.

Gohier: Für traditionelle OEMs kommt eine zusätzliche Herausforderung hinzu: die Legacy-Umgebungen. Viele bestehende Softwareprozesse wurden über Jahrzehnte hinweg in isolierten Abteilungen entwickelt und optimiert. Jetzt müssen sie in eine integrierte Umgebung überführt werden. Über organisatorische Transformation zu sprechen, ist in der Theorie einfach – die Umsetzung ist jedoch äußerst komplex. Häufig entsteht Reibung zwischen den klassischen, abteilungsorientierten Entwicklungsstrukturen und dem Bestreben, größere, integrierte Software Factory Systeme zu schaffen – und die werden zudem oft von der IT getrieben.

Welche Tendenzen sehen Sie denn bei der Annäherung zwischen IT und Entwicklung, vor allem mit Blick auf Technologie und Kultur?

Gohier: Traditionell gab es eine gewisse Distanz zwischen diesen beiden Welten. IT-Abteilungen übersehen oft das über Jahrzehnte aufgebaute Ingenieurwissen hinter automobilen Systemen. Umgekehrt betrachten Ingenieure die IT häufig lediglich als Enabler im Sinne eines Lieferanten von Infrastruktur und digitalen Ressourcen. Das ändert sich gerade. Wir sehen zunehmend gegenseitige Wertschätzung: IT und Entwicklung beginnen, sich als gleichberechtigte Partner zu verstehen. Wenn beide Seiten mit der Haltung zusammenarbeiten, dass „eins plus eins drei ergibt“, können die Ergebnisse die Erwartungen übertreffen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Methodenkonvergenz in der Softwareentwicklung. Ingenieure denken meist in Embedded-Systems-Kategorien mit engen Restriktionen, während für IT-Teams der Umgang mit cloudbasierten Architekturen Alltag ist. Moderne Ansätze wie DevOps helfen, diese Welten zu verbinden. Sie vereinen ingenieurtechnische Strenge mit der Flexibilität und Skalierbarkeit der IT. Bei MathWorks haben wir diesen Trend bereits vor mehreren Jahren erkannt und daran gearbeitet, unsere Softwareplattformen – MATLAB, Simulink und Polyspace – so zu integrieren, dass sie das gesamte V-Modell der Softwareentwicklung abdecken. Dazu gehören das Anforderungsmanagement, Modellierung und Simulation, funktionale und logische Tests, Implementierung sowie die kontinuierliche Verbesserung im Betrieb durch digitale Zwillinge.

Rovner: Der Schlüssel zum Erfolg liegt im gegenseitigen Verständnis. IT-Organisationen müssen die Herausforderungen verstehen, mit denen Ingenieure konfrontiert sind – die Komplexität der Plattformen, die Anforderungen an Sicherheit und Qualität, der regulatorische Druck – und die Strenge anerkennen, die diese Faktoren den Entwicklungsprozessen abverlangen. Gleichzeitig sollten Ingenieur-Teams den Wert erkennen, den die IT einbringt: Expertise in Plattformskalierbarkeit, Cloud-Infrastruktur, Cybersicherheit und unternehmensweite Integration. All das ist essenziell für den Übergang zum Software-Defined Vehicle.

Geschwindigkeit, Qualität und Skalierbarkeit in Einklang zu bringen, ist die eigentliche Herausforderung

Udo Gohier, MathWorks

Wie lässt sich der ROI von Entwicklungssoftware gegenüber IT- und Finanzabteilungen wirksam kommunizieren?

Gohier: Viele Autobauer und Zulieferer haben Milliardenbeträge in Software und digitale Architekturen investiert. Jetzt stellt sich die Frage: Was ist eigentlich ein guter ROI? Das ist nicht immer leicht zu definieren – insbesondere angesichts der Disruption durch den Wandel hin zum Software-Defined Vehicle. Dennoch gibt es Kennzahlen, die helfen, den ROI greifbarer zu machen. Zum Beispiel: Wie hoch ist der Automatisierungsgrad Ihrer Software Factory? Wie ist die Codequalität? Solche Metriken geben Aufschluss über Effizienz- und Qualitätsgewinne. Wir sehen bereits Kunden, die solche Indikatoren nutzen. Sie könnten jedoch noch konsequenter angewendet werden. Unternehmen erzielen beeindruckende Fortschritte bei der Systematisierung der Softwareentwicklung, um Entwicklungszyklen drastisch zu verkürzen – von 72 Monaten auf bis zu sechs Wochen. In China haben Geely und Zeekr hocheffiziente Ökosysteme rund um Softwareentwicklung aufgebaut, und das spiegelt sich mittlerweile in guter Qualität und schnellen Release Zyklen wider. Geschwindigkeit ist jedoch nicht alles. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, Geschwindigkeit, Qualität und Skalierbarkeit in Einklang zu bringen.

Rovner: Die Produktivitätssteigerungen durch Model-Based Design und SDV-Architekturen sind erheblich. Diese Investitionen machen nicht nur die Entwicklungsteams, sondern ganze Unternehmen produktiver. Und dabei geht es nicht nur um interne Effizienz, sondern auch um das Endprodukt. Bessere Software bedeutet bessere Fahrzeuge, treuere Kunden und höhere Umsätze.

Warum ist Simulation ein entscheidender Hebel für Effizienz und Qualität in der Fahrzeugentwicklung?

Rovner: Simulation ist seit langem ein integraler Bestandteil des Engineerings und wir investieren weiterhin stark in diesen Bereich. Mithilfe von Simulation können Ingenieure – lange bevor ein physischer Prototyp existiert – einen deutlich größeren Designraum erkunden, virtuelle Prototypen erstellen, Anforderungen validieren und verschiedene Szenarien testen. Man braucht keine Hardware, um mit dem Testen zu beginnen. Die langfristige Vision ist es, das gesamte Fahrzeug zu simulieren. Schon heute lässt sich auf allen Ebenen simulieren – von einzelnen Komponenten bis hin zu Systems of Systems. Simulation verbindet den gesamten Entwicklungsworkflow von Anforderungen bis Implementierung und ermöglicht schnellere Iterationen. Ein weiterer entscheidender Vorteil ist die Skalierbarkeit: Man kann lokal simulieren oder je nach Bedarf in die Cloud skalieren. Das gibt Ingenieuren die Flexibilität, gezielte Studien oder groß angelegte Systemevaluationen innerhalb einer konsistenten Umgebung durchzuführen.

Wie lässt sich in diesem Zusammenhang der von vielen Herstellern angestrebte „China Speed“ mit dem klassischen Qualitätsversprechen der Autoindustrie in Einklang bringen?

Gohier: Zunächst einmal gilt: Je schneller man sich bewegt, desto größer ist das Risiko, Kompromisse bei Qualität und Sicherheit einzugehen – und genau darin liegt die zentrale Herausforderung. Sicherheit darf niemals zugunsten der Geschwindigkeit geopfert werden. Entwicklungsabteilungen stoßen hier an ihre Grenzen, besonders für etablierte OEMs mit jahrzehntealten Legacy-Systemen ist das äußerst schwierig. Greenfield-Player hingegen können ideale Strukturen sowie optimale Prozesse und Workflows von Anfang an entwerfen und so viel einfacher Tempo aufnehmen. Natürlich wird es mit zunehmender Komplexität von Software immer schwieriger, hohe Qualitäts-Standards aufrechtzuerhalten – aber sie bleiben unverhandelbar. Was wir häufig beobachten, ist, dass Unternehmen Schwierigkeiten haben, Geschwindigkeit mit Sicherheits-, Regulierungs- und Homologationsanforderungen in Einklang zu bringen. Diese natürlichen Rahmenbedingungen können die Entwicklung verlangsamen. Dennoch sehen wir insbesondere in Europa und Deutschland bemerkenswerte Fortschritte, wo sich Produktionszyklen signifikant verkürzt haben. Meiner Beobachtung nach sind die Entwicklungszeiten im Vergleich zu vor sechs oder sieben Jahren um etwa ein Drittel geschrumpft. Das ist eine enorme Leistung.

Rovner: Ich stimme vollkommen zu, und genau an dieser Stelle spielen Model-Based Design, Modellierung und Simulation eine entscheidende Rolle. Sie ermöglichen es, sowohl Geschwindigkeit als auch Qualität zu erreichen, ohne Kompromisse bei der Sicherheit einzugehen. Mit einem Ansatz, der auf Modellierung und Simulation basiert, können Sie Tests automatisieren, virtuelle Szenarien entwerfen und ausführen sowie Daten synthetisieren, um auch Szenarien mit geringer Eintrittswahrscheinlichkeit und Randfälle zu testen, , was in der realen Welt oft kaum möglich wäre. Sie können Designs gegen Anforderungen validieren, die Einhaltung von Normen sicherstellen und Sicherheit wie Zuverlässigkeit in einer virtuellen Umgebung verifizieren. Und dies lange bevor die Fahrzeuge auf die Straße kommen.

Wie ermöglichen Sie die Integration Ihrer Engineering-Tools in CI/CD-Pipelines?

Rovner: Wir liefern Software, die offen, interoperabel und leicht in bestehende Toolchains integrierbar ist – einschließlich moderner Cloud-Plattformen und CI/CD-Umgebungen. Unser Ziel ist es sicherzustellen, dass MATLAB, Simulink und deren Output sich nahtlos in IT-Infrastrukturen von Unternehmen und in cloud-native Workflows einfügen. Mit unseren Tools können Ingenieure automatisch produktionsreifen Code direkt aus Modellen generieren, ihn in CI/CD-Systeme einspeisen und so kontinuierlich testen und validieren. Dadurch entsteht ein reibungsloser Fluss von der Modellentwicklung bis zur Implementierung, der Konsistenz, Qualität und Nachverfolgbarkeit sicherstellt. Wir investieren weiterhin stark in die Interoperabilität unserer Produkte mit führenden CI/CD-Systemen und Cloud-Umgebungen. Dazu gehören eine robuste API-Anbindung und eine enge Integration mit Hyperscaler-Plattformen, damit unsere Nutzer ihre Workflows nahtlos in der Cloud oder auf der Unternehmensinfrastruktur ausführen können.

Gohier: In der heutigen komplexen Toolchain-Landschaft kann kein einzelner Anbieter alles von A bis Z abdecken. Deshalb entwickeln wir unsere Software bewusst offen und so, dass sie sich mit anderen Systemen und etablierten Marktstandards integrieren lässt. Würden wir das nicht tun, würden wir ein geschlossenes Ökosystem schaffen, das uns isoliert und es unseren Kunden erschwert, effiziente End-to-End-Workflows aufzubauen. Stattdessen verfolgen wir einen Plattformansatz und stellen sicher, dass unsere Tools als Teil eines größeren Ökosystems funktionieren, in dem die Interoperabilität sowohl Flexibilität als auch Skalierbarkeit ermöglicht.

Wie ist eigentlich die Haltung von MathWorks zu Open Source?

Rovner: Wir unterstützen aktiv Open-Source-Technologien und -Communities und entwickeln unsere Produkte so, dass sie nahtlos mit Open-Source-Umgebungen zusammenarbeiten. Nutzer können beispielsweise Modelle aus Open-Source-Plattformen in MATLAB und Simulink importieren oder aus unseren Tools generierten Code exportieren, damit dieser in Open-Source-Ökosystemen ausgeführt werden kann. Seit langem bieten wir offene Schnittstellen und Integrationen zu Standards wie Adaptive AUTOSAR oder Android Automotive an. Unser Ziel ist es, Ingenieuren größtmögliche Flexibilität zu geben: Sie können MATLAB und Simulink als zentrale Entwicklungsbasis nutzen und Open-Source-Komponenten drum herum integrieren – oder unsere Tools als Bestandteil einer umfassenderen Open-Source-Toolchain einsetzen.

Wie verändert generative KI den Engineering-Design-Prozess?

Rovner: Es ist eine spannende Zeit. Wir sehen, dass klassische KI, generative KI und Agentic AI das Potenzial hat, die Arbeit von Ingenieuren auf ein neues Niveau heben. Diese Technologien ermöglichen eine höhere Abstraktionsebene, automatisieren wiederkehrende Aufgaben und erlauben es Ingenieuren, größere Designräume zu erkunden, ohne sich in detailorientierter Codierung zu verlieren.

Wo liegen die Grenzen? 

Rovner: Diese Technologien sind nicht fehlerfrei. Eine falsche Antwort bei einer Websuche ist das eine, fehlerhafter Code in einem Embedded System ist etwas völlig anderes. Deshalb ist Model-Based Design so entscheidend: Es ermöglicht Ingenieuren, KI-generierte Ergebnisse vor der Produktion zu verifizieren, zu testen und zu validieren. KI kann Workflows automatisieren und Code generieren, aber Model-Based Design weist nach, dass dieser Code tatsächlich funktioniert. Diese Kombination, die wir „AI-assisted Model-Based Design“ nennen, ist die Zukunft des Engineerings.

Gohier: Ganz genau. Die Zukunft liegt darin, Automatisierung mit der physikalischen Strenge zu verbinden, auf die Ingenieure angewiesen sind und der sie vertrauen. Gerade im Bereich des physikalischen Modellierens gibt es noch viel zu tun – und genau dort zeigt AI-assisted Model-Based Design sein volles Potenzial. Wenn Ingenieure Modelle in nachgelagerte Produktions-Workflows übergeben, müssen sie absolut sicher sein, dass diese Modelle korrekt und sicher sind. AI-assisted Model-Based Design unterstützt dabei, indem es Ingenieure von routinemäßigen oder administrativen Aufgaben entlastet, sodass sie sich auf die Bereiche konzentrieren können, die wirklich ihre Expertise erfordern.

AI-assisted Model-Based Design ist die Zukunft des Engineerings.

Rich Rovner, MathWorks

Wie verändert KI das Kompetenzprofil von Ingenieuren, und welche neuen Rollen oder Fähigkeiten ergeben sich daraus?

Rovner: Ingenieure benötigen neue Kompetenzen, um künstliche Intelligenz effektiv, verantwortungsvoll und sicher einzusetzen. Sie brauchen KI-Kompetenz, also das Verständnis dafür, wie KI Arbeitsabläufe verbessert, aber auch das Bewusstsein für Risiken, Grenzen und potenzielle Fehlerquellen. Dabei bleibt es entscheidend, Engineering-Methoden wie Testen, Prüfen und Validierung rigoros anzuwenden, um Fehler frühzeitig zu erkennen und ihre Ausbreitung zu verhindern. Die Integration von KI braucht zudem systemisches Denken: das Verständnis für das Zusammenspiel von Komponenten, Datenflüssen und den Entwurf von Architekturen, bei denen Sicherheit, Zuverlässigkeit und Compliance im Mittelpunkt stehen. Kollaboration wird dabei wichtiger denn je. Wir werden vermehrt KI-Spezialisten in klassischen Entwicklungsteams sehen und engere Partnerschaften mit IT-, Data-Science- und Softwareentwicklungsabteilungen. Der Erfolg hängt davon ab, wie gut diese unterschiedlichen Disziplinen zusammenarbeiten.

Wie integriert MathWorks GenAI in seine Produkte?

Rovner: Wir gehen hier sehr überlegt vor. Wir haben MATLAB Copilot eingeführt, einen KI-Assistenten, der Nutzer dabei unterstützt, MATLAB-Code besser zu verstehen, zu interpretieren und schließlich effizienter zu schreiben. Als Nächstes folgen Simulink Copilot und Polyspace Copilot. Das Ziel: Ingenieure sollen mithilfe von KI Code und Modelle generieren können. Jeder Entwicklungsschritt ist darauf ausgelegt, Zuverlässigkeit und Genauigkeit sicherzustellen – Eigenschaften, die Ingenieure von MathWorks erwarten. Wichtig ist uns dabei auch Flexibilität: Unterschiedliche Organisationen und Anwender – von Auto-Ingenieuren bis hin zu Forschern – befinden sich auf sehr unterschiedlichen Reifegraden in der KI-Adoption. Unser Ansatz ermöglicht ihnen, KI in ihrem eigenen Tempo und unter eigener Governance einzuführen – und dabei stets die Kontrolle zu behalten.

Gohier: Verantwortung ist dabei das entscheidende Stichwort. Bei generativer KI folgen wir nicht einfach Trends, sondern modellieren Innovationen sorgfältig und stellen sicher, dass sie unseren Qualitätsstandards entsprechen, bevor sie veröffentlicht werden. Ingenieure müssen unseren Tools vertrauen können – beim Erstellen und Testen von Modellen ebenso wie beim frühzeitigen Erkennen von Fehlern. Deshalb beziehen wir unsere Kunden frühzeitig ein, sammeln Feedback, validieren Anwendungsfälle und verfeinern die Funktionalitäten in enger Zusammenarbeit mit den Anwendern.

Blicken wir nach vorn: Die Fahrzeugentwicklung wird zunehmend software- und KI-getrieben sowie cloudintegriert. Was sind die größten Chancen und Risiken für OEMs und Zulieferer in den kommenden Jahren?

Rovner: Die größte Chance liegt im Aufbau der Software Factory der Zukunft. Die Automobilindustrie entwickelt sich zunehmend zu einer Softwareindustrie und das eröffnet enormes Potenzial für Innovation, Effizienz und neue Geschäftsmodelle. Die Risiken liegen in der wachsenden Fahrzeugkomplexität, im zunehmenden Wettbewerb und in der Herausforderung, Sicherheit, Qualität und Zuverlässigkeit aufrechtzuerhalten. Entscheidend ist, diese Transformation methodisch, intelligent und verantwortungsvoll anzugehen. Bei MathWorks sind wir überzeugt, dass „AI-assisted Model-Based Design“ den Rahmen bietet, um Risiken zu steuern und Chancen zu realisieren.

Gohier: Die größte Chance – und zugleich die größte Herausforderung – besteht darin, systematisch zu bleiben. Der Wandel von der traditionellen, abteilungsorientierten Entwicklung hin zu einem modellgetriebenen Ansatz ist entscheidend. Es ist verlockend, alles gleichzeitig anzugehen – doch das ist selten effektiv. Unternehmen müssen fokussiert vorgehen, Prioritäten klug wählen und methodisch voranschreiten. Keine einzelne Abteilung und keine einzelne Disziplin können diese Transformation allein bewältigen. Unternehmen, die funktionsübergreifende Zusammenarbeit zwischen IT, Entwicklung, Software und Daten fördern, werden erfolgreich das automobile Ökosystem der nächsten Generation gestalten.

Über Richard Rovner & Udo Gohier

Dieser Beitrag wird präsentiert von: