
Klaus Straub ist seit Mitte 2014 als Chief Information Officer und Senior Vice President Information Management für BMW tätig. (Bild: BMW)
Vertreter der beauftragenden Fachbereiche ziehen mit Softwareentwicklern und Betriebsverantwortlichen in gemischten Teams an einem Strang Im Interview mit automotiveIT spricht CIO Klaus Straub über die Beweggründe für diesen radikalen Schritt und schildert erste Erfahrungen Vertreter der beauftragenden Fachbereiche ziehen mit Softwareentwicklern und Betriebsverantwortlichen in gemischten Teams an einem Strang. Im Interview mit automotiveIT spricht CIO Klaus Straub über die Beweggründe für diesen radikalen Schritt und schildert erste Erfahrungen.
automotiveIT: Herr Straub, die BMW Group IT durchläuft derzeit die größte Transformation ihrer Geschichte. Was macht die Neuausrichtung auf eine agile Organisation notwendig?
Straub: Es ist heute nicht mehr zielführend, wenn ein Fachbereich die technischen Anforderungen an ein IT-System definiert und drei Jahre vor Implementierung in einem Word- oder Powerpoint-Dokument zusammenträgt. Bis die Software implementierungsreif ist, vergeht zu viel Zeit und die Funktionalität deckt die Anforderungen, die sich inzwischen verändert haben, nicht mehr ab. Wir fokussieren uns deshalb auf kurze Entwicklungszyklen und holen uns nach Zwei-Wochen-Sprints Feedback bei den Auftraggebern. Durch die schrittweise Erstellung und Auslieferung unserer Produkte wird bereits frühzeitig Businessnutzen generiert. Der Fokus liegt auf diesem Businessnutzen, dem Mehrwert für den Endkunden, wir folgen keinen starren Projektplänen.
automotiveIT: Um die Agilität in den Projekten zu steigern, braucht es mehr Freiheitsgrade – sowohl in den Fachprozessen als auch in der Organisation. Können alle Teams damit umgehen?
Straub: Wir sprechen auch nicht mehr von IT-Projekten. Wir haben konsequent IT-Produkte definiert mit einem Produkt-Owner, einem Produktbudget und einer End-to-End-Verantwortung der Teams. Lassen Sie mich eines verdeutlichen: Agil bedeutet nicht, dass jeder machen kann, was er möchte. Im Gegenteil: Die Eigenverantwortung, die die Teammitglieder einbringen müssen, ist wesentlich höher als in klassischen Wasserfallvorhaben. Tatsächlich steht und fällt der Erfolg agiler Projekte mit der Disziplin der Teams. Alle erforderlichen Spieler müssen am Tisch sitzen – kurze Kommunikationswege, ein agiles Arbeitsmodell, kurze Entscheidungswege und die bereits angesprochene End-to-End Verantwortung im Team sind dabei unabdingbar. Nur dann kommt man zu Fragestellungen, die einen inhaltlich voranbringen und die richtigen Entscheidungen ermöglichen. Und noch etwas ist wichtig: Die agile Kultur muss vorgelebt werden. Deshalb denkt und arbeitet das Führungsteam der BMW Group IT bereits in User Storys und Sprints. Klassische Leitungsrunden haben wir grundsätzlich abgeschafft, stattdessen arbeiten wir in Refinement-, Planning-, und Review-Meetings. Auch die Gremienlandschaft ist komplett auf die neue Welt ausgerichtet und setzt sich alle zwei Wochen neue Ziele. Die Verdichtung, die wir dadurch bei Entscheidungen in den IT-Gremien sehen, ist enorm.
automotiveIT: Gibt es auch schon greifbare Ergebnisse?
Straub: Ob Entwicklung, Logistik, Finanzbereich, HR oder Einkauf – in praktisch jedem Fachbereich, in jedem Prozess, gibt es inzwischen Leuchtturmprojekte. Wir wollen im Gesamtunternehmen einen Rahmen schaffen. Im Prototypenbau zum Beispiel konnten wir mit dem DevOps-Ansatz die Ticketzahl in der Versuchsteilelogistik in nur drei Monaten um sage und schreibe 72 Prozent senken. Hat es früher nur zwei Software-Aktualisierungen pro Jahr gegeben, planen wir zukünftig in Release-Trains, die in kurzen Zyklen kontinuierlich deployen. Ist ein Stück Code fertig und der Fachbereich bereit, das Risiko zu tragen, wird die Software umgehend produktiv geschaltet. Wir sind schneller unterwegs als geplant und haben 2017 unsere Agilitätsziele mehr als erfüllt. Aber von Anfang an war klar: Wir brauchen mindestens zwei bis drei Jahre Zeit, um alle Projekte umzustellen und bis 2020 auf einen Agilitätsanteil von 90 bis 95 Prozent zu kommen.
Lesen Sie mehr zum Thema Agilität bei der BMW Group in der nächsten Ausgabe von automotiveIT, die am 27. Februar 2018 erscheint. Das Thema Agilität vertieft Klaus Straub außerdem als einer der Top-Speaker des diesjährigen automotiveIT-Kongress am 22. März in Berlin.
Sie möchten gerne weiterlesen?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos:
Sie sind bereits registriert?
Hier anmeldenAktuelle Beiträge

„Die Konsolidierung wird weiter voranschreiten“
Für Autoexperte Stefan Bratzel ist klar: Die Transformation der Autoindustrie wird zu einigen unschönen Verwerfungen führen. Autobauer müssten daher bei Software oder Elektromobilität Fahrt aufnehmen, um die eigene Zukunftsfähigkeit zu garantieren.Weiterlesen...

„Security wird zu oft als Verhinderer gesehen"
Die Digitalisierung im Eiltempo hat ihre Tücken: Sie entwickelt sich meist schneller, als Security-Konzepte mithalten können. ISG-Experte Roger Albrecht erklärt, wie Firmen auf diese komplexen Anforderungen reagieren können.Weiterlesen...

„Lidar wird in der Zukunft nur noch eine Nische darstellen“
Einst ging Tesla mit seinem Lidar-Verzicht beim autonomen Fahren einen Sonderweg. Durch die neuen Möglichkeiten eines 4D Imaging Radar könnte die Strategie jedoch bald Nachahmer finden, erläutert Matthias Feulner, ADAS-Experte von NXP.Weiterlesen...

„Es wird keine Trennung zwischen IT und OT mehr geben"
Der Amtsantritt von Hanna Hennig als IT-Chefin von Siemens war turbulent: Es galt, die Folgen der Coronapandemie zu managen sowie neue Cloud- und Security-Konzepte auf den Weg zu bringen. automotiveIT gewährt sie einen Einblick in ihre Agenda.Weiterlesen...

„Wir sehen die Einführung von OTA-Updates in Fahrzeugen positiv"
Das Connected Car rückt immer mehr ins Fadenkreuz von Cyberkriminellen. Welche Maßnahmen die Autobranche ergreifen sollte und welche Rolle dabei OTA-Updates und die Zertifizierung künftig spielen, berichtet BSI-Präsident Arne Schönbohm im Interview.Weiterlesen...
Diskutieren Sie mit