Polestar 4 Mobileye Technologie Fahrzeug

Das elektrische SUV-Coupé Polestar 4 soll in diesem Jahr in Europa auf den Markt kommen und auch hierzulande von Anfang mit Mobileye SuperVision für das Fahren nach Level 2+ ausgerüstet sein. (Bild: Mobileye)

Größere Aufmerksamkeit in der Automobilbranche erlangte Mobileye erstmals 2016 im Rahmen einer Partnerschaft mit BMW, bei der die Israelis ihre Expertise im Bereich Machine Vision einbrachten. Auch etablierte Automarken wie Porsche, VW sowie MAN befinden sich bereits im Kundenportfolio von Mobileye. Es folgten weitere Kooperationen mit Automobilkonzernen wie Great Wall, Geely oder Toyota, bei denen es stets um die Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen ging. Auf besonderes Interesse stieß dabei die EyeQ-System-on-Chip (SoC)-Technologie, mit der die Computer-Vision-Fähigkeiten autonomer Fahrzeuge verbessert wird. Bis zum Jahr 2025 soll der EyeQ Ultra mit seiner Rechenleistung von 176 TOPS auf den Markt kommen, hieß es auf der CES 2022.

Doch Mobileye will mehr sein als nur Hard- und Softwarelieferant. „Wir wollen selbst als Mobility-as-a-Service-Anbieter auftreten, wo dies sinnvoll ist“, sagte Johann Jungwirth, Vice President MaaS bei Mobileye, gegenüber automotiveIT. Im Frühjahr 2020 akquirierte Mobileye-Mutter Intel dafür die israelische Mobilitätsplattform Moovit, über die das Tech-Unternehmen einen eigenen Robotaxi-Dienst zur Verfügung stellen will.

Gemeinsam mit Sixt will der Tech-Player derweil einen Service für vollautonome Shuttles in München launchen. Nach Medienberichten hat Mobileye schon eine Zulassung durch den TÜV SÜD erhalten, Fahrzeuge auf Basis des Nio ES8 auf deutschen Straßen zu betreiben. Noch 2023 sollten demnach Robotaxis von Sixt mit Sicherheitsfahrer durch München fahren. „Bei dem ambitionierten Projekt hat die erforderliche Sicherheit die höchste Priorität. Daher gehen wir besonnen einen Schritt nach dem anderen. Dies bedeutet, dass das Projekt mehr Zeit in Anspruch nehmen und länger dauern wird als ursprünglich angenommen“, berichtet jedoch eine Unternehmenssprecherin.

Mobileye schließt Lücke im ÖPNV

Eine weitere Kooperation mit der Deutschen Bahn soll zudem mit Hilfe autonomer Fahrzeuge dazu beitragen, die Lücke zwischen Schiene und Straße zu schließen. Hiervon sollen unter anderem Menschen in ländlichen Gebieten mit schwacher ÖPNV-Abdeckung profitieren. Nach dem Erhalt einer AV-Testgenehmigung darf Mobileye seine selbstfahrenden Pkw zudem auf den Straßen von Paris einsetzen. Städte dieser Größenordnung stellen mit ihren komplexen Straßensystemen, Fußgängern und dem hohen Verkehrsaufkommen autonome Fahrzeuge vor große Herausforderungen. Sie seien laut der Intel-Tochter daher wichtige Testfelder, um weltweit fahrerlose Dienste zu entwickeln. „Der Betrieb von autonomen Fahrzeugen auf den Straßen von Paris ist ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Verwirklichung unserer Vision einer selbstfahrenden inklusiven Mobilität“, sagt Jungwirth.

Holon, eine Marke der Benteler Gruppe, präsentierte indes auf der CES 2023 in Las Vegas erstmalig ihren autonomen, vollelektrischen und inklusiven People Mover. Der SAE Level 4 Mover basiert auf Mobileye Drive, dem branchenweit ersten kommerziellen autonomen Fahrsystem für den Einsatz in einem definierten Betriebsbereich (Operational Design Domain). Der Produktionsstart für den Mover ist für Ende 2025 in den USA geplant, in den folgenden Jahren sollen weitere Produktionskapazitäten in Europa sowie dem Mittleren Osten/Asien entstehen. Unter anderem plant die Hamburger Hochbahn den Einsatz des autonomes Holon-Busses und will bis 2023 insgesamt rund 10.000 selbstfahrende Fahrzeuge auf die Straße schicken.

So will Mobileye seine Aktivitäten in China ausweiten

Zu einer der neuesten Partnerschaften zählt Mobileyes Zusammenarbeit mit der China FAW Group, einem der größten chinesischen Automobilkonzerne. Gemeinsam wollen die Unternehmen künftig neue ADAS- und AV-Produkte entwickeln, die auf den Plattformen Mobileye SuperVision sowie Mobileye Chauffeur basieren und ein sowohl sicheres als auch komfortables Fahrerlebnis ermöglichen sollen. Die FAW Group plant zunächst Fahrzeuge der Marke Hongqi mit den Mobileye-Technologien ausstatten. Mobileye will hiermit unter anderem den Kreis seiner Anwender und Anwenderinnen in China ausweiten. Die SuperVision-Projekte sollen bis Ende 2024 ihren Marktstart absolvieren, die Chauffeur-Projekte bis Ende 2025.

Nach der Integration kann Mobileye Chauffeur in bestimmten Bereichen autonom fahren, während es in anderen Bereichen mit Hilfe der Mobileye SuperVision-Kameras in Verbindung mit einem nach vorne gerichteten Lidar und einem abbildenden Mobileye-Radar adaptiv fahren kann. Beide Systeme werden den EyeQ 6-SoC von Mobileye, RSS-basierte Fahrstrategien, ein umfassendes 360-Grad-Kamerasystem und Präzisionskartierung nutzen.

Hongqi Car
Hongqi hat im Jahr 2023 einen selbst definierten Meilenstein erreicht: Der jährliche Einzelhandelsabsatz stieg auf über 370.000 Einheiten, was einer Steigerung von 29,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. (Bild: Hongqi)

Zeekr-Fahrzeuge mit Mobileye SuperVision ausgestattet

Auch die chinesische E-Auto-Marke Zeekr bringt Technologie des israelischen Tech-Players in seine Fahrzeuge. Genauer gesagt erhalten rund 110.000 Autos neue, hochautomatisierte Fahrassistenzfunktionen auf Basis der Mobileye SuperVision-Plattform. Das Fahrassistenzsystem Navigation Zeekr Pilot (NZP) nutzt die 11 SuperVision-Kameras, darunter sieben 8-Megapixel-Kameras sowie Surround-Fisheye-Kameras, zusammen mit einem Frontradar und einem erprobten Fahrsicherheitsmodell. Das System nutzt zudem zwei Mobileye EyeQ 5 Systems-on-Chip, einen eigens für diesen Zweck hergestellten 7-Nanometer-ADAS-Chipsatz, der laut Mobileye auf dessen zwei Jahrzehnte langer Erfahrung im Bereich der angewandten KI und des maschinellen Lernens aufbaut.

Dank dieser Technologien kann NZP in seinen Einsatzbereichen menschliches Fahrverhalten antizipieren. So zeigt das Fahrassistenzsystem etwa effiziente Spurwechsel und verhält sich bestimmt im Umgang mit anderen Fahrzeugen. Das System wird zunächst in den Städten Schanghai und Hangzhou verfügbar sein und in den nächsten Monaten in weitere Städte ausgerollt.

Mobileye sorgt für Innovationskraft im Polestar 4

Im Rahmen der erweiterten Zusammenarbeit mit der Geely Group werden drei weitere Marken des chinesischen Herstellers SuperVision für fortschrittliches ADAS nutzen. Darunter auch das schwedische Elektroauto-Startup Polestar, mit dem der chinesische OEM Tochterunternehmen Volvo zu mehr Rampenlicht verhelfen will. Polestar und Mobileye werden kooperieren, um die autonome Technologie in den Polestar 4 zu bringen. Die Partnerschaft spiegelt laut dem Automobilhersteller das Ziel der Schweden wider, nicht nur Design und Nachhaltigkeit in ihren Fahrzeugen anzubieten, sondern auch ihre Innovationskraft unter Beweis zu stellen. Mit Mobileye Chauffeur sollen die Elektrofahrzeuge eine zusätzliche Ebene des On-Demand-Komforts erhalten.

Der Polestar 4, der vergangenen Sommer in China auf den Markt kam und 2024 weltweit eingeführt werde soll, legt den Grundstein für diese Technologie, indem er von Anfang an mit einem Mobileye SuperVision-basierten Fahrerassistenzsystem ausgestattet ist. Bei der Markteinführung soll Chauffeur das autonome Fahren von Punkt zu Punkt auf Autobahnen mit Hands-Off- und Eye-Off-Funktion sowie das automatisierte Fahren mit Blick auf andere Umgebungen in bestimmten Einsatzbereichen ermöglichen.

Valeo und Mobileye vertiefen ihre Zusammenarbeit

Im September 2023 hat Mobileye auf der IAA Mobility in München zudem eine neue Partnerschaft mit Zulieferer Valeo angekündigt, um softwaredefinierte Imaging-Radarsysteme für die nächste Generation von Fahrerassistenzsystemen zu liefern. Als zentraler Bestandteil von Sensorsystemen für das automatisierte Fahren soll das bildgebende Radarsystem eine Grundlage für fortschrittlichere Hands-Off-ADAS-Lösungen und Eyes-Off-Funktionen für das automatisierte Fahren auf Autobahnen und städtischen Straßen bilden. Valeo entwickelt und produziert seit 2006 Radartechnologien in Serie. Diese neue Partnerschaft erweitert die erfolgreiche Zusammenarbeit von Mobileye und Valeo bei Frontkameras und anderen Fahrerassistenzlösungen. Seit 2015 haben die Partner mehr als 15 Millionen smarte Frontkameras weltweit ausgeliefert.

Die Imaging-Radare von Mobileye nutzen unter anderem ein Massive-MIMO-Antennendesign (Multiple-Input, Multiple-Output), ein selbst entwickeltes High-End-Radiofrequenzdesign sowie High-Fidelity-Sampling, um eine präzise Objekterkennung und einen höheren Dynamikbereich zu ermöglichen. Durch ein integriertes System-on-Chip-Design, das die Prozessoreffizienz maximiert soll, sowie eigene Algorithmen zur Interpretation der Radardaten liefert das Imaging-Radarsystem ein detailliertes, vierdimensionales Bild der Umgebung in bis zu 300 Metern Entfernung und darüber hinaus. Mit einem Sichtfeld von 140 Grad bei mittlerer Entfernung und 170 Grad im Nahbereich ermöglicht das Radar dem Anbieter zufolge eine genauere Erkennung von Fußgängern, Fahrzeugen oder Hindernissen, die von anderen Sensoren möglicherweise übersehen werden – selbst auf belebten Straßen in Städten.

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