Nio House / Nio geht neue Wege in der Kundenansprache

Nio tritt unter anderem in sogenannten "Nio Houses" mit den Kunden in Kontakt. (Bild: Nio)

Der Vergleich von Nio mit Tesla drängt sich auf – wenn man nicht so ganz genau hinschaut. Genauso sieht es mit William Li, dem CEO des chinesischen Autobauers aus. Er wird immer wieder an Tesla-Chef Elon Musk gemessen. Fragt man ihn selbst nach den Unterschieden mit der strahlenden Tesla-Persönlichkeit, antwortet er nüchtern: „Dass ich meine Facebook-Posts selbst verfasse, um mit unseren Usern direkt zu kommunizieren und nicht einfach ein Twitter-Statement absetze“, sagt William Li. Li und Nio haben ein paar schwere Jahre hinter sich und mussten in mehreren Investitionsrunden um dringend benötigte Milliarden kämpfen. Erst langsam kehrt Ruhe im Unternehmen ein. Erst jüngst brachte Nio mit dem ET5 sein nächstes neues Automodell zum europäischen Kunden – stilecht ausgeliefert im neuen Nio House in Frankfurt.

Die Nio Houses sind neben der Vernetzung über soziale Medien der Dreh- und Angelpunkt, um mit Kunden in Kontakt zu treten. Statt eines drögen Autohauses wie es die meisten Wettwerber bieten, geht Nio einen anderen Weg. Die Nio-Häuser sind schicke Orte der Begegnung, bei denen sich nicht alles um das Auto dreht. Die Einrichtung erinnert an die Lounge eines skandinavischen Workspaces oder eines Flughafens – dass hier Autos angeboten werden, scheint nicht mehr als eine Randerscheinung zu sein. Schlau gemacht über die einzelnen Modelle haben sich die Interessenten ohnehin schon im Internet. Im Hause Nio gibt es den haptischen Kontakt zur Marke – entspannt, lässig und ohne provisionshungrige Verkäufer, die hinter Schreibtischen auf ihre vermeintlichen Opfer warten.

Nio denkt den Messestand neu

Genauso wie die Nio Houses in den Metropolen präsentiert sich Nio auch auf Automessen. Tesla besucht keine solcher Messen; Nio nutzt diese in einigen Regionen zur initiativen Markenbildung wie zuletzt auf der Auto China in Shanghai. Für gute Stimmung und eine einfachere Bedienung gibt es Nomi, die in einer kleinen Kugel auf dem Armaturenbrett beheimatet, für Unterhaltung sorgt, Fragen beantwortet und Befehle aufnimmt. "Nomi, mir ist kalt" lässt die Klimaanlage erwärmen oder die Sitzheizung starten. Nomi – mittlerweile in zwei Versionen zu bekommen - erzählt auch kleine Witze und lernt täglich dazu – dank künstlicher Intelligenz.

Das gilt scheinbar auch für Nio. Die Markenverantwortlichen haben sich die Konkurrenz gut angeschaut und tun dies jeden Tag aufs Neue. Gerade die deutschen Premiumhersteller werden genau unter die Lupe genommen, der ein oder andere US-Hersteller außer Tesla und natürlich auch ein paar Modelle aus China.

Community-Building steht im Fokus von Nio

Nio macht jedoch nicht nur technisch vieles anders als der internationale Wettbewerb, sondern auch bei seinem Auftreten und damit sind nicht nur die lässigen Chinos und Sneaker gemeint, die William Li bevorzugt auch auf Businessterminen trägt. Es geht um die Community, denn kaum ein Autohersteller will sich so via Smartphone mit seinen Kunden verweben wie Nio. Dabei sollen nicht nur aus Kunden Fans werden, die untereinander schreiben und sprechen, sondern es gibt auch eine direkte Leitung zur Firmenzentrale. Probleme mit den Modellen, beim Ladestopp oder eine Rückfrage zur Bedienung sollen via Chatfunktion schneller als bei anderen Herstellern beantwortet werden und zudem das Zusammengehörigkeitsgefühl als Community stärken.

Die finanziell schweren Zeiten scheinen vorbei zu sein, doch Nio hat viel Druck, in die schwarzen Zahlen zu kommen. „Als Startup dauert es eine Weile, um profitabel zu sein. Wir haben sehr viel in die Entwicklung unserer Autos und in die Infrastruktur investiert und damit in die Zukunft“, erläutert William Li. „Wir haben einen genau abgestimmten Plan, um Schritt für Schritt Gewinne zu erwirtschaften. Tesla hat 16 Jahre gebraucht, um profitabel zu werden. Bei Nio wird das deutlich schneller der Fall sein.“ Immerhin: Im abgelaufenen Monat April 2023 hat Nio mehr als 6.600 Fahrzeuge ausgeliefert – ein Zuwachs von rund einem Drittel.

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