Illustration Social Media in China

In den sozialen Medien Chinas gelten andere Regeln. Dennoch sind die deutschen Hersteller auch hier sehr erfolgreich. (Bild: Andreas Croonenbroeck)

Wenn sich der scheidende Volkswagen-Chef Herbert Diess auf Chinas führender Online-Plattform Weibo zu Wort meldet, dann erreicht der 63-Jährige dort weit über 400.000 „Fans“. Regelmäßig richtet sich der Münchner an seine chinesische Internetgemeinde – und äußert sich ausgiebig über die derzeitigen Marktaussichten, postet Selfies aus dem Konferenzzimmer und beantwortet geduldig die Fragen der User.

Zweifelsohne ist die Volksrepublik China mit ihren 1,4 Milliarden Menschen der wichtigste Auslandsmarkt für deutsche Autobauer. Auch wenn deren Anteile im Zuge der Coronapandemie und gestiegener Konkurrenz zuletzt etwas gesunken ist, verkaufen BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen im Schnitt jeden dritten Neuwagen im Reich der Mitte. Die VW-Gruppe ist zudem nach wie vor mit einem Anteil von etwas über 15 Prozent landesweiter Marktführer. Die Grundlage für den nachhaltigen Erfolg der heimischen Autobauer hat jedoch nicht nur mit deutscher Ingenieurskunst zu tun, sondern fußt auch immer stärker auf einer gelungenen Online-Kommunikation.

Mercedes-Benz ist Chinas Social Media-Champion

Wie glaubwürdig sich die deutschen Marken auf Chinas sozialen Medien präsentieren, hat nun der Media-Intelligence-Experte Unicepta in einer umfangreichen Studie eruiert. So wurden im ersten Jahresquartal über 10 Millionen mediale Erwähnungen über Automarken in China ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass die deutschen Automarken die Regeln des chinesischen Online-Marktes relativ erfolgreich beherrschen: In Sachen Reichweite führt Mercedes-Benz die Rangliste deutlich an, gefolgt von Audi und BMW – alle drei Marken lassen die chinesische Konkurrenz weit hinter sich. Überraschenderweise folgt jedoch der nach Verkaufszahlen Marktführer Volkswagen erst an elfter Stelle.

Ganz anders zeigt sich das Feld bei den persönlichen Accounts der Vorstandsvorsitzenden. Hier hat der Noch-VW-Chef Herbert Diess die Nase unter den Deutschen vorn. Das mag unter anderem daran liegen, dass Diess laut seinen Vertrauten Social Media zur Chefsache erklärt hat und jeden Beitrag höchstpersönlich freigibt – darunter seine traditionell auf Chinesisch gehaltenen Neujahrsgrüße, Buchempfehlungen oder Frage-Antwort-Sessions mit der Weibo-Community. Dort folgen Diess über 416.000 „Fans“ - und damit deutlich mehr als auf Twitter (knapp 60.000 Follower) und Linkedin (288.000 Follower) zusammen.

Mit den charismatischen Gründerfiguren der chinesischen Elektroauto-Marken können die deutschen CEOs jedoch nicht mithalten: Hier führt William Li vom E-Auto-Hersteller Nio die Rangliste an. Kein Wunder, wird der 48-Jährige doch aufgrund seiner Exzentrik nicht selten als 'chinesischer Elon Musk' betitelt. Die deutschen Vorstandsmanager treten hingegen seriöser, allerdings auch eine Spur langweiliger auf.

Im chinesischen Web gelten eigene Regeln

Im Gegensatz zum Westen funktioniert das chinesische Internet nach seinen ganz eigenen Gesetzen. Während die Plattformen aus dem Silicon Valley wie Twitter und Facebook allesamt gesperrt sind, dominieren die heimischen Dienste den Alltag der Chinesen – insbesondere Wechat. Die wohl weltweit einmalige Hybrid-App erlaubt es seinen Nutzern unter anderem, Videoanrufe zu tätigen, Zugtickets zu kaufen, Arzttermine zu buchen oder ihre Stromrechnungen zu begleichen. Fürs Marketing ist zudem Weibo von hoher Relevanz, eine Art Twitter-Äquivalent, sowie Douyin, die chinesische Version des Kurzvideo-Dienstes Tiktok.

Die Frage-Antwort-Plattform Zhihu wird vor allem von der Marke Audi clever genutzt. Hier geht es nicht darum, in simpler Einbahn-Kommunikation die eigenen Produkte zu bewerben, sondern vielmehr den Wissensdurst der Online-Gemeinschaft zu stillen. Viele Audi-Beiträge auf Zhihu haben auf den ersten Blick zunächst nichts mit der eigenen Marke zu tun und finden erst später mit einem indirekten Schwenk zum eigenen Produkt: Etwa, wenn in einer Frage zu berühmten Science-Fiction-Verfilmungen zunächst der DeLorean in Back to the Future erwähnt wird; dann der Audi RSQ, der in der Verfilmung I, Robot mit Will Smith eine Rolle spielt, und schlussendlich die futuristischen Konzeptfahrzeuge Grandsphere und Skysphere.

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