_Porsche will als erster Hersteller die Blockchain ins Fahrzeug bringen. Ist Mercedes-Benz schneller?
Natürlich beschäftigen wir uns auch mit der Blockchain-Technologie. Für uns als Automobilhersteller und Mobilitätsdienstleister könnten Anwendungen, die auf Blockchain-Technologie basieren, zum Beispiel in der Supply Chain oder im Geldtransfer und Versicherungssektor interessant sein, Stichwort Smart Contracts, also Verträge als computerinterpretierbarer Legal Code. Letztlich geht es immer um die Frage, wie wir mit einer solchen Technologie Mehrwert für den Kunden stiften können. Ich glaube, Blockchain muss sich noch etablieren und durchsetzen. Dann werden wir auch sehen, welche weiteren Businessmodelle dazu passen.
_Sie betrachten die derzeitige Entwicklung also eher kritisch?
Es geht darum, die Vorteile dieser Technologie sauber herausarbeiten. Wir haben bereits Use Cases für die Anwendung von Blockchain-Technologie in der Schublade beziehungsweise sind solche auch schon in der konkreten Umsetzungsphase. Aus Wettbewerbsgründen möchten wir uns dazu aber im Moment nicht äußern. Grundsätzlich gilt: Die Blockchain-Technologie hat das Potenzial, bestimmte Geschäftsvorgänge zu vereinfachen und kann damit für einige Geschäftsmodelle sehr disruptiv wirken.
_Gehen Sie davon aus, dass die Flut an Labs, die sich die Automobilindustrie aktuell leistet, weiterhin Bestand haben wird? Oder gehen die Ideenschmieden früher oder später in der normalen Konzernstruktur auf, weil sie nach ein paar Jahren die normale Arbeitswelt widerspiegeln?
Eigentlich wäre das perfekt. Denn es würde am Ende des Tages bedeuten, dass der Konzern superagil ist und ganz flexibel neue Geschäftsmodelle hervorbringt. Ich glaube, ein Teil wird so sein und der andere Teil wird in der bestehenden Kultur fortgeführt. Ich sage Ihnen auch, warum: Ein Konzern kann nicht durchgehend so agil sein wie eine kleine Gruppe. Systembedingt ist das nicht möglich, es funktioniert nicht. Deshalb wird es immer Innovations-Labs geben. Meine Einschätzung: Die erfolgreichen Labs werden langfristig überleben und die weniger erfolgreichen gehen in der Linie auf.
_Abschließend: Saeed Amidi, Gründer und CEO der Innovationsplattform Plug and Play, hat uns im Interview gesagt, dass er im Moment das größte Innovationspotenzial in Israel und in China sieht. Die USA, Europa und speziell Deutschland folgen dahinter. Teilen Sie diese Einschätzung?
Ich würde das nicht so pauschal unterschreiben. Jede der genannten Regionen hat Innovationspotenzial, aber die Voraussetzungen, es zu erschließen, sind unterschiedlich. Es kommt immer auf den Zusammenhang an und es lohnt sich, die Innovationsfähigkeit im Detail zu analysieren. Als Lab1886 haben wir den Vorteil, dass wir weltweit vernetzt sind und aus einer Vielzahl von Ideen rund um den Globus profitieren können.
Das Interview führten: Ralf Bretting und Hilmar Dunker
Bilder: Claus Dick