AI Assurance in Mobility North America
Welche regulatorischen, ethischen und sicherheitskritischen Herausforderungen bringt KI für die Mobilität der Zukunft mit sich? Die erste AI Assurance in Mobility North America ist ein Event, das Innovatoren aus der Automobilindustrie zusammenbringt, um in einer der führenden Tech-Städte der Welt zukünftige Projekte, Best Practices und AI Assurance Frameworks für die Mobilität zu diskutieren. Mehr über die Veranstaltung am 17. und 18. Februar in Austin, Texas, erfahren Sie hier.
Herr Quernheim, seit Oktober 2024 sind Sie neuer Chairman des Boards der International Alliance for Mobility Testing and Standardization (IAMTS). Mit welcher Mission treten Sie Ihr Amt an?
Ich freue mich sehr auf die Aufgabe. Wir beim IAMTS verstehen uns als ein Bindeglied zwischen den Stakeholdern aus der Industrie, den Regulierungsgebern, Genehmigungs- und Zulassungsbehörden sowie Standardisierungsorganisationen - und das weltweit. Wir sind eine Plattform, die Lösungen für offene Fragestellungen erarbeitet, die sich durch die unterschiedlichen Entwicklungen in der Technologie rund um das hochautomatisierte beziehungsweise autonome Fahren in den verschiedenen Regionen dieser Welt ergeben. Als Vertreter des TÜV-Verbands sehe ich mich vor allem der Sicherheit der Systeme verpflichtet, die beim Betrieb auf öffentlichen Straßen gewährleistet sein muss. Darüber hinaus geht es aber auch darum, die Genehmigung und Zulassung der Technologien mit dem hohen und noch weiter steigenden Tempo der technischen Entwicklung und immer kürzeren Entwicklungs- und Investitionszyklen beherrschbar und skalierbar zu machen. Ein Hauptschwerpunkt der kommenden Monate wird aus meiner Sicht sein, die Mitgliederbasis in Richtung Asien zu erweitern und die Inhalte unserer Arbeit in den einzelnen Arbeitsgruppen, aber auch durch übergreifende Projekte mit den Mitgliedern der IAMTS abzustimmen. Meine Vision ist, mit der IAMTS bei der Harmonisierung und Synchronisation von Regelwerken und Test-Methoden zwischen den Automobilmärkten dieser Welt einen wesentlichen Beitrag zu leisten.
Die Absicherung von KI-Systemen in der Mobilität bedarf umfangreicher Kollaboration. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Wir stehen alle erst am Anfang riesiger Veränderungen, die die künstliche Intelligenz mit sich bringen wird. Wenn wir auf das hochautomatisierte und autonome Fahren schauen, wird es vor allem darum gehen, den Einfluss der künstlichen Intelligenz auf die Systeme überhaupt greifen zu können und nachverfolgbar zu machen. Der derzeit hierzu diskutierte Terminus ist: Traceable AI. Solange das nicht gelingt, wird es nicht möglich sein, KI in die Systeme zu verbauen und in die aktuelle Genehmigungsphilosophie zu integrieren – zumindest, wenn wir den Fokus auf Europa legen. Die Regulierung dort sieht derzeit den Einsatz von KI im Sinne von maschinellem Lernen in Fahrzeugen nicht vor. Und das ist nach dem derzeitigen Stand auch gut so. Die Frage impliziert richtigerweise, dass es großer gemeinsamer Anstrengungen bedarf, um diese Aufgabe zu bewältigen. Einer der Hauptschwerpunkte, denen sich die IAMTS verschrieben hat, lautet: Wir wollen und müssen Brücken bauen zwischen den unterschiedlichen Philosophien in den Rechtsräumen der Automobilwelt, von den USA über Europa bis nach Asien. Unser Mitgliederportfolio spiegelt genau diesen Kooperationsgedanken wider und wird das zukünftig hoffentlich noch mehr tun.
Welche Signale können und wollen Sie an die Kunden schicken, um deren Vertrauen in autonomes Fahren zu steigern?
Es bestehen große Berührungsängste mit der Technologie, wenn auch mit regionalen Unterschieden. Ich glaube, das hat viel mit Kommunikation und Transparenz zu tun. Die Komplexität der Sachverhalte ergibt sich ja nicht nur aus der Technologie, sondern auch aus den weltweit großen Unterschieden bei den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um ein Fahrzeug in den Verkehr zu bringen. Wir müssen die Komplexität verständlich auf die wesentlichen Punkte runterbrechen und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Die wichtigste Botschaft ist aus meiner Sicht, dass es auch in Zukunft Prüforganisationen wie den TÜV geben muss, die in der Lage sind, die Sicherheit und Funktion der Systeme beurteilen zu können. Das Vertrauen in solche Institutionen ist in Europa groß. Aber auch in anderen Regionen wie beispielsweise den USA wird darüber diskutiert, ob und wie Genehmigungs- und Überwachungsfunktionen in das System eingebracht werden können, das bisher ja zu großen Teilen auf Selbstzertifizierung der Industrie basiert. Für den TÜV Rheinland ist das unter dem Dach des TÜV-Verbands die Motivation, Zeit und Geld in das Engagement bei der IAMTS zu investieren. Wir müssen die Technologie verstehen, um sie beurteilen und bewerten zu können. Die International Alliance for Mobility Testing and Standardization wird hierfür ein wichtiges Werkzeug sein.
Zur Person:
Thomas Quernheim leitet als Senior Vice President Mobility, Engineering & Homologation Automotive, eines der größten Geschäftsfelder innerhalb der TÜV Rheinland-Gruppe. Quernheim ist seit 2014 dort tätig und hatte verschiedene Funktionen im Unternehmen inne. Vor seiner Karriere innerhalb der Gruppe gründete er sein eigenes technisches Beratungsunternehmen und unterstützte über 15 Jahre Kunden in verschiedenen Branchen. Seit Oktober 2024 ist Thomas Quernheim zudem Aufsichtsratschef der International Alliance for Mobility Testing Standards (IAMTS), eine gemeinnützige Organisation bestehend aus Mitglieder aus der Autoindustrie, die sich mit der Herstellung, Prüfung und Regulierung kommender Mobilitätssysteme befasst, die in vernetzten autonomen Fahrzeugen eingesetzt werden.