autonomes Shuttle in Hamburg

Bislang gibt es in Deutschland nur Pilotprojekte für autonome Mobilität. Die Initiative „Heat“ der Hamburger Hochbahn ist ein Beispiel dafür. (Bild: Hamburger Hochbahn)

Die Bundesregierung hat heute im Kabinett die Strategie für autonomes Fahren im Straßenverkehr beschlossen. Die Strategie des Bundesverkehrsministeriums soll den Weg für das autonome Fahren im Regelbetrieb ebnen. Dieser soll bereits 2026 Realität werden, zwei Jahre später soll auf Autobahnen und in Städten der „weltweit größte zusammenhängende Betriebsbereich für autonome Fahrzeuge entstehen", heißt es aus dem Verkehrsministerium. Insgesamt soll Deutschland zu einem der weltweit führenden Innovations- und Produktionsstandorte für autonomes Fahren weiterentwickelt werden.

Autonomes Fahren ist eine Schlüsseltechnologie für eine innovative, saubere, barrierefreie und bezahlbare Mobilität", kommentiert Bundesverkehrsminister Volker Wissing die Verabschiedung des Strategiepapiers. „Mit der Strategie schaffen wir den passenden, innovationsfreundlichen Rahmen – einen Rahmen, der von Wirtschaft und Industrie mit Leben gefüllt werden muss. Gemeinsam wird es uns gelingen, das autonome Fahren zu etwas zu machen, das ganz selbstverständlich ist. Denn wir sind davon überzeugt: Die Zukunft fährt autonom."

Bund fokussiert ÖPNV und Güterverkehr

Mit dem neuerlichen Plan will die Bundesregierung nach eigenen Aussagen den seit 2021 geltenden Rechtsrahmen zum autonomen Fahren „mit Leben füllen“. Der Fokus der Bemühungen liege dabei auf dem Straßenverkehr, vor allem in Richtung öffentlicher Nahverkehr und Gütertransport. So könne der ÖPNV perspektivisch einer große Zahl an Menschen die Technologie näherbringen sowie durch eine Stärkung und Flexibilisierung öffentlicher Verkehrsangebote eine positive Wirkung für das Verkehrssystem
erzielt werden, heißt es im Papier. Bis 2030 will der Bund daher autonomes Fahren „als festen Bestandteil in ein verkehrsträgerübergreifendes und vernetztes Mobilitätssystem“ integrieren. Ziel sei es, einen merklichen Mehrwert für die Gesellschaft und für die Umwelt zu erzielen und die Lebensqualität der Bürger zu verbessern. Darüber hinaus soll auch die Logistik als wichtiger Zweig der exportorientierten Volkswirtschaft von autonomen Technologien profitieren und diese flächendeckend Anwendung finden.

Der Stufenplan fürs autonome Fahren:

strategiepapier bundesregierung
(Bild: BMDV / Sodapeaw – stock.adobe.com)

 

  • 2025: Möglichkeiten zur Förderung und Finanzierung autonomer Mobilitätsnagebote im ÖPNV identifizieren und Grundlagen erörtern

  • 2026: autonomes Fahren vom Erprobungsbetrieb in Regelbetrieb überführen

  • 2027: Unternehmen helfen, wettbewerbsfähige Lösungen und Mobilitätsangebote für ÖPNV zu entwickeln und einzuführen

  • 2028: Weltweit größten zusammenhängenden Betriebsbereich für autonome Fahrzeuge aufbauen

  • 2030: autonomes Fahren als festen Bestandteil in ein verkehrsträgerübergreifendes und vernetztes Mobilitätssystem integrieren

Quelle: BMDV

Mit dem Vorstoß will Deutschlands Regierung auch der heimischen Automobilindustrie in schwierigen Zeiten den Rücken stärken. So soll der Einsatz autonomer Technologien beispielsweise im ÖPNV auch die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen und im Umkehrschluss die Nachfrage nach selbstlenkenden Autos erhöht werden. Damit will die Bundesregierung auch die Innovationsstärke der heimischen Autoindustrie stärken. Darüber hinaus wolle man bis 2027 Unternehmen dabei unterstützen, wettbewerbsfähige Lösungen und Mobilitätsangebote zu entwickeln und einzuführen, „die langfristig einen wirtschaftlich selbsttragenden und in das öffentliche Verkehrssystem integrierten Einsatz ermöglichen.“

Was denken die Deutschen übers autonome Fahren?

Anlässlich der im Bundeskabinett verabschiedeten Strategie hat der Digitalverband Bitkom mehr als 1.000 Personen aus Deutschland nach ihrer Perspektive aufs autonome Fahren befragt. Demnach sehen 58 Prozent einen Vorteil in reduzierter Lärmbelastung, 52 Prozent erwarten besseren Verkehrsfluss. 36 Prozent schätzen erhöhten Fahrkomfort, und rund ein Drittel sieht Vorteile bei der Sicherheit – sowohl für andere Verkehrsteilnehmende (34 Prozent) als auch für Insassen (29 Prozent). „Autonome und vernetzte Fahrzeuge stehen in den USA, Singapur und einigen Regionen Chinas vor dem Durchbruch. Ihnen gehört auch in Deutschland die Zukunft“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.

Die Vorteile des autonomen Fahrens werden zunehmend erkannt: 21 Prozent sehen 2024 eine Chance, den Personalmangel im öffentlichen Nahverkehr auszugleichen.. „Selbstfahrende Fahrzeuge sind längst keine unrealistischen Fantasievorstellungen mehr, sie sind erprobt und können den Verkehr erheblich entlasten. Die Taktung von öffentlichen Verkehrsmitteln beispielsweise müsste nicht mehr reduziert werden, wenn es Schwierigkeiten in der Personalplanung gibt, sondern könnte durch den Einsatz autonomer Züge und Busse sogar verdichtet werden“, so Rohleder.

Allerdings gibt es weiterhin Bedenken. 74 Prozent sorgen sich um die unklare rechtliche Lage, insbesondere bei der Haftung (2023: 78 Prozent). Hacker-Angriffe (60 Prozent) und technische Probleme (55 Prozent) bleiben ebenfalls zentrale Themen. 44 Prozent bezweifeln, dass autonome Fahrzeuge schwierige Situationen so gut bewältigen wie Menschen. Hohe Investitionskosten (43 Prozent) und die generellen Kosten der Technologie (35 Prozent) werden ebenfalls kritisch gesehen. Nur fünf Prozent der Befragten sehen keinerlei Nachteile.

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