Ein digitaler Fahrzeugschlüssel, der in ein Smartphone integriert wird, sowie ein spezielles Dienstprogramm für das Mobiltelefon können das Carsharing revolutionieren – das meint zumindest der Autozulieferer Continental als Anbieter.

„Unser neuartiger digitaler Schlüssel ist deutlich kostengünstiger einzusetzen als bisherige Systeme, arbeitet sicherer und ist für den Anwender zudem komfortabler. Deshalb sehen wir hier eine Schlüsseltechnologie, die Fahrzeugflotten und Carsharing-Angebote attraktiver und effizienter machen kann. Die einwandfreie Funktion beweist derzeit ein erster Flottentest im französischen Toulouse “, erklärt Andreas Wolf, Leiter des Continental Geschäftsbereichs Body & Security.

Herzstück des Carsharing-Systems von Continental ist der digitale Schlüssel, der seine Daten mit dem Fahrzeug über Near Field Communication (NFC) austauscht. Dafür schickt Continental vor jeder Fahrzeugnutzung verschlüsselt einen fälschungssicheren Datensatz auf das Mobiltelefon, der auf der SIM-Karte gespeichert wird. Er enthält die Zugangsberechtigung zum jeweiligen Fahrzeug.

Via NFC-Technologie überträgt das Mobiltelefon die Daten (Authentifizierung, Fahrzeug- und Diagnosedaten und Nutzerprofil) über eine Distanz von einigen Zentimetern an ein NFC-Lesegerät – zum Beispiel an den Fahrzeugtüren. Ein weiterer Empfänger im Wageninneren verifiziert den digitalen Schlüssel vor dem Anlassen des Motors.

„Das Mobiltelefon als Fahrzeugschlüssel schenkt uns vor allem Flexibilität. Wir können die Fahrzeuge ganz spontan nutzen. Innerhalb weniger Sekunden haben wir die Schlüsseldaten einfach auf dem Mobiltelefon. Die klassische Schlüsselübergabe entfällt und wir können einfach in ein online gebuchtes Auto einsteigen und losfahren“, beschreibt Caroline Lapelerie, die in ihrer Arbeit für die Stadtverwaltung von Toulouse häufig auf Fahrzeuge aus der Flotte zurückgreift.

Eine spezielle „App“ für das Smartphone macht die Anmietung eines Fahrzeugs aus der Carsharingflotte möglich. Mit dem Dienstprogramm kann der Nutzer die Fahrzeuge im Stadtgebiet finden, auswählen und reservieren. Anschließend übernimmt das Smartphone sogar die Navigation zum Standort des Wagens.

Auch ganz spontan lässt sich ein Fahrzeug anmieten: Sobald man sein Mobiltelefon an einen freien Wagen hält, wird nach Prüfung der Verfügbarkeit auf dem Server automatisch ein digitaler Schlüssel generiert und auf das Smartphone übertragen. Im Auto schaltet dieser digitale Schlüssel den Wagen frei, die App fragt je nach Programmierung noch einige Eckdaten zum Fahrzeugzustand ab und wird danach zum komfortablen Navigationssystem.

Seine erste Bewährungsprobe hat das Carsharing-System von Continental bereits bestanden. In Toulouse läuft seit nunmehr fast zwei Jahren das in Zusammenarbeit mit Partnern realisierte Pilotprojekt Autopartage@Toulouse, bei dem der digitale Schlüssel die Türen zu einer ganzen Flotte von Fahrzeugen öffnet. Insgesamt zehn Fahrzeuge werden im Rahmen des Projektes betrieben und täglich von Mitarbeitern der Toulouser Stadtverwaltung im Carsharingbetrieb genutzt.

Während die meisten Carsharing-Flotten derzeit noch auf Systeme setzen, die alle Intelligenz im Fahrzeug bündeln, nutzt Continental die Intelligenz der Smartphones und benötigt im Fahrzeug lediglich die NFC-Technik. Der größte Pluspunkt sind die wesentlich geringeren Kosten: Mit dem Einsatz des digitalen Schlüssels können die Investitionen pro Fahrzeug im besten Fall um den Faktor zehn reduziert werden.

Die Lösung von Continental ist aber auch flexibler als fahrzeugbasierte Systeme. Können bei den aktuellen Programmen meist nur Fahrzeuge bestimmter Baureihen oder zumindest Modelle einzelner Hersteller eingesetzt werden, ist der digitale Schlüssel von Continental Marken- und modellübergreifend einsetzbar. Japanische Kleinwagen, deutsche Limousinen, französische Transporter – mit dem Carsharing-System von Continental können die unterschiedlichsten Fahrzeuge von den verschiedensten Herstellern in einer Flotte genutzt werden.

Der Sicherheitsstandard ist hoch: Der Schlüssel arbeitet im gleichen Datenraum und nach den identischen Prinzipien wie die ebenfalls auf dem Mobiltelefon hinterlegten Bezahlfunktionen. Zudem erfolgt der Datenabgleich nur verschlüsselt zwischen Mobiltelefon und Fahrzeug und nicht mittels externer Antennen über eine Dienstzentrale. Der Anwender wird mit diesen Sicherheitsprozeduren nicht behelligt. Im Gegenteil: Für ihn wird der Einsatz komfortabler denn je. „Um den digitalen Schlüssel zu nutzen, muss ich mich nicht erst mühsam mit Passwort oder Geheimzahl identifizieren. Ich hänge einfach das Smartphone in die Halterung und kann sofort das Fahrzeug starten“, so Lapelerie weiter.

Das System funktioniert auch im Alltag auch besser: Weil sämtliche Kommunikation über das Mobiltelefon und nicht über das Fahrzeug läuft, ist die Wahl der Fahrzeugstandplätze völlig unkritisch. Sind konventionelle Carsharing-Autos auf permanente GPS- und Mobilfunkverbindungen angewiesen und deshalb in engen Hochhausschluchten, Tiefgaragen und Parkhäusern nur schwer zu orten,oder abzumelden, können mit Continental-Technik die Fahrzeuge auch im fünften Tiefgeschoss geparkt werden. Sobald der Benutzer samt Telefon wieder auf die Straße tritt, ist der Standort des Fahrzeugs registriert und an die Zentrale übertragen sowie der aktuelle Mietvorgang beendet.

Das System ist frei skalierbar und jederzeit leicht um neue Funktionen zu erweitern. So können auf dem digitalen Autoschlüssel künftig auch persönliche Einstellungen des Fahrzeugs gespeichert werden. Schon heute ermöglicht das System ein automatisches Bluetooth-Pairing des Mobiltelefons. Künftig könnten auf diesem Weg auch favorisierte Radiosender oder die Sitzeinstellung übertragen werden, so dass der Fahrer sich im Kurzzeitmietwagen auf Anhieb zu Hause fühlt.

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