Um Sie, liebe Leserinnen und Leser an unsere Artikel zu binden und Ihr Interesse zu wecken, besteht ein Großteil der kreativen Arbeit von uns als Autoren darin, sich einen fesselnden Texteinstieg auszudenken. Doch nicht selten verfallen nicht nur Autoren in eine Schaffenskrise. Auch andere Berufe leben von Kreativität. Als Designer beispielsweise bedarf es dieser in besonders hohem Ausmaß. Doch wenn auch hier einmal die Schaffenskrise eintritt, gibt es – zumindest für die Designer bei Audi – einen unerschöpflichen Ideenpool – KI sei dank. Am Beispiel der Software Felgan wird deutlich, was dahintersteckt. Felgan setzt sich aus den Begriffen „Felge“ und „Generative Adversarial Networks“ (GAN) zusammen. Die Software bietet kreative Impulse und soll es ermöglichen, neue Perspektiven und Vorschläge in den Designprozess einfließen zu lassen. Die KI-basierte Software ist eine Eigenentwicklung von Unternehmens-IT und Audi Design.
Felgan kann eine Vielzahl fotorealistischer Designs in kurzer Zeit vorschlagen oder vorhandene Designs neu kombinieren. Das System fungiert als eine Art unerschöpflicher Ideen-Hub, der den Designern ermöglicht, in Echtzeit mit Form, Farbe, Oberflächenstruktur und anderen Parametern zu experimentieren. „KI-Tools können es sehr einfach machen können, viele Bilder zu generieren. Irgendwann wird man mit vielen verschiedenen Varianten überladen und dann ist die neue Herausforderung, das richtige auszuwählen", berichtet Daniele Sirigatti, AI Lead Designer bei Audi im Gespräch mit automotiveIT.
GANs sind eine spezielle Form selbstlernender Computerprogramme, bei denen zwei Algorithmen, der Generator und der Diskriminator, im Wettstreit miteinander immer besser werden. Der Generator fertigt künstliche Bilder von Fahrzeugfelgen an, während der Diskriminator entscheidet, ob es sich um echte Fotos oder um Werke des Generators handelt. Durch diesen iterativen Prozess werden die generierten Bilder so realistisch, dass sie kaum noch von echten Fotos zu unterscheiden sind.
Algorithmen definieren Wert der Design-Entwürfe
Die Benutzeroberfläche von Felgan basiert auf der Streamlit-Technologie und ermöglicht kurze Entwicklungszyklen sowie schnelles Feedback zwischen dem Design- und IT-Team. Dabei werden leistungsintensive Komponenten der KI-Anwendung in der Cloud ausgeführt, sodass die Designer nicht auf leistungsstarke lokale Hardware angewiesen sind. Grundsätzlich ordnet Felgan jedem Design einen mathematischen Wert, die sogenannte „DNA“, zu. Diese kann anschließend jederzeit verwendet werden, um Designs zu reproduzieren. Designer können zudem eigene Entwürfe und Fotos in das Programm einspeisen und diese zu einem Teil der virtuellen Experimentierfläche machen. Die Basis hierfür bilden spezielle Algorithmen, die passende DNA-Werte zu den eingelesenen Bildern bestimmen.
Generell können die Designer in dem Tool einfach und in Echtzeit mit Form, Farbe, Oberflächenstruktur und anderen Parametern experimentieren. Häufig verfeinern sie jedoch nur bestimmte Elemente der Felgan -Kreationen zu einem harmonischen Gesamtentwurf. Anschließend wird ein Prototyp des Rades mittels Hightech-Fräse entweder aus Kunststoff oder Aluminium hergestellt.
Auf Felgan soll MeshGPT folgen
Felgan wurde vollständig intern entwickelt und umgesetzt. „Im heutigen Zeitalter bringen Daten einen enormen Mehrwert für Unternehmen und ihre Mitarbeitenden. Audi hat sich das Ziel gesetzt, eine Data Driven Company zu werden. Dazu setzen wir KI in vielen Bereichen ein. Unser Data-Team ist immer auf der Spur nach neuen Technologien“, sagt Thomas Knispel, Leiter Machine Learning & Data Science bei Audi. Zukünftig soll die AI Aided Design Platform ausgebaut werden, umauch anderen Designbereichen bei Audi als Inspirationsquelle dienen zu können.. Zudem arbeitet Audi an einem KI-Bewertungssystem, das die CO2-Bilanz jeder von Felgan generierten Felge einschätzt.
Auf dem Design4Production Kongress 2024 in München gab Sirigatti gemeinsam mit Jan Pflüger, Creative Technologist bei Audi Einblick in das, was noch kommen soll. MeshGPT soll das Designen in 3D ermöglichen. "Das neue Tool, befindet sich noch in einer Proof-of-Concept-Phase", so Sirigatti. Es gebe nur wenige ausgewählte Designer, die es nutzen und testen. „In diesem Fall ist das Interesse jedoch so hoch, dass die Einstiegshürden niedriger sind als üblich“, sagt Jan Pflüger. Jeder sei daran interessiert, es auszuprobieren, und es biete definitiv einen Wettbewerbsvorteil, weil die Ideenphase stark verkürzt werde. Pflüger vermutet deshalb, dass die Implementierungsgeschwindigkeit schneller sein wird als üblich.