Digitale Illustration einer modernen Mercedes-Benz Produktionshalle mit einem zentral platzierten Fahrzeug im Vordergrund. Links ein IT-Spezialist mit Tablet, rechts ein Roboterarm im Einsatz. Im Hintergrund ein leuchtendes KI-Symbol – visualisiert die Verbindung von IT, KI und Produktion.

Um den größten strategischen Nutzen aus künstlicher Intelligenz ziehen zu können, gehen IT und Produktion bei Mercedes „Hand in Hand". (Bild: OpenAI/DALL·E)

automotiveIT Kongress 2025

IT Team Award automotiveIT

Der automotiveIT Kongress 2024 zeigte vor allem eines: IT ist Business und Business ist IT. CIOs wie Katrin Lehmann und Alexander Buresch sowie IT-Experten und Branchenkenner gaben spannende Einblicke in die Digitalisierung der Automobilindustrie und diskutierten die wichtigsten Tech-Trends.
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Wenn ein etablierter Automobilhersteller eine neue C-Level-Schlüsselrolle für künstliche Intelligenz schafft, ist das mehr als nur eine Personalie – es ist ein klares Bekenntnis. Daniel Eitler, der bei den Schwaben bislang global für Cybersecurity und davor bei BMW für Advanced Analytics und Data Products verantwortlich war, übernimmt nun als Chief Data & AI Officer bei Mercedes die Leitung aller KI-Initiativen. Seine Mission: Den Stern nicht nur auf der Straße, sondern auch im digitalen Raum leuchten zu lassen.   

Er selbst erklärt gegenüber der automotiveIT seine Aufgabe bestehe darin, die Steuerzentrale optimal aufzustellen – mit zentralen Tools, Methoden, Prozessen und Trainings, die eine einfache, schnelle und sichere Umsetzung von KI im Einklang mit den unternehmensinternen Prinzipien ermöglichen sollen. Durch die Bündelung dieser Aufgaben in einer Funktion lasse sich die Wirksamkeit im Konzern steigern. Die Entscheidung, Eitler in die neue Leadership-Funktion zu bringen, kam von CIO Katrin Lehmann. Für Sie sind Daten und KI nach eigenen Aussagen „untrennbar miteinander verbunden“. 

Zusammenspiel aus Business und IT als KI-Basis

Einige Monate nach Antritt ihrer Stelle als neue IT-Chefin im April 2024 schilderte Lehmann im Interview mit der automotiveIT bereits, dass sie ihre persönliche IT-Strategie für den Automobilbauer über fünf zentrale Säulen definiere. Eine davon: Technologieführerschaft. Diese verstehe sie nicht als Selbstzweck, sondern als entscheidenden Enabler für die Unternehmensziele von Mercedes-Benz. Um als Vorreiter im Bereich KI genau diese Ziele voranzutreiben, hat der Automobilhersteller mit dem Produktions-Ökosystem MO360 bereits eine solide, digitale Infrastruktur geschaffen. Das System demokratisiert Daten über Werke, Abteilungen und Standorte hinweg – ein entscheidender Schritt, um KI skalierbar zu verankern.  

Lehmann sei überzeugt davon, dass KI einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet, wenn sie strategisch eingesetzt und pragmatisch umgesetzt wird. „Das funktioniert jedoch nur, wenn das Business und die IT Hand in Hand arbeiten. Und die Kollegen müssen direkt den Mehrwert der KI erkennen, damit diese sukzessiv Tätigkeiten wie Dokumentation übernehmen kann, sodass sich die Mitarbeitenden selbst wieder mehr auf kreative und innovative Themen konzentrieren können“, erklärt die IT-Chefin das angestrebte Zusammenspiel auf einem Event am Digital Factory Campus im Berliner Werk. Mercedes' Produktionsvorstand Jörg Burzer erläutert ergänzend gegenüber der automotiveIT, dass auch Stephen Travers, verantwortlich für Produktionsdigitalisierung und IT-Operations, ab sofort in engem Austausch mit Daniel Eitler stehen werde, um unter anderem mit Hilfe von KI den täglichen Betrieb in Zukunft noch effizienter zu gestalten.

Digital Factory Campus in Berlin: Mercedes-Benz beschleunigt die Transformation seines Produktionsnetzwerks durch den Einsatz von KI und humanoiden RoboternMercedes-Benz accelerates the transformation of its production network through the use of AI and h
CIO Katrin Lehmann (r.) und Produktionsvorstand Jörg Burzer (l.) setzen auf eine enge Zusammenarbeit zwischen IT und Produktion, um den größtmöglichen Mehrwert aus der KI-Nutzung ziehen zu können. (Bild: Mercedes-Benz)

KI als neue Lieblingskollegin bei Mercedes

Künstliche Intelligenz wird also gezielt als Assistenztechnologie gedacht: Sie soll Mitarbeitende – gerade neue Kolleginnen und Kollegen – befähigen, schneller auf Informationen zu Maschinen, Wartung oder Problemen zuzugreifen, sei es über klassische Prompts oder künftig auch per Spracheingabe. Anstatt sich durch Dokumentation zu kämpfen, können Beschäftigte per KI auf Best Practices zugreifen, standortübergreifend Wissen teilen oder monotone Tätigkeiten abgeben – und sich stärker auf kreative und wertschöpfende Aufgaben konzentrieren. Für Lehmann ist das kein abstraktes Zukunftsbild, sondern ein klarer Bestandteil ihrer Strategie: KI als produktiver Kollege im Shopfloor, der nicht ersetzt, sondern befähigt. „Für uns ist KI nicht nur ein Hype, sondern wesentlicher Bestandteil unseres täglichen Geschäfts. Kurz gesagt: KI sollte zu unserer aller Lieblingskollegin werden – und in vielen Bereichen ist sie das auch schon”, betont sie.

Mit Agentic AI zeichnet sich nun eine nächste Entwicklungsstufe ab, die über die reine Assistenzfunktion hinausgeht. Für Lehmann zählt diese Form der KI, die auf großen Sprachmodellen basiert, zu den wegweisenden IT-Trends des Jahres 2025. Dabei gehe es nicht mehr nur um Systeme, die auf Eingaben reagieren, sondern um Anwendungen, die selbstständig handeln: Sie könnten eigenständig Tickets erstellen, automatisch Rückmeldungen formulieren oder Änderungen in Datenbanken vornehmen. Der Schritt von reaktiver Unterstützung hin zu initiativem Handeln markiere einen grundlegenden Wandel – und erweitere das Potenzial von KI in produktiven Umgebungen erheblich.

Zitat

Für uns ist KI nicht nur ein Hype, sondern wesentlicher Bestandteil unseres täglichen Geschäfts.

Katrin Lehmann, Mercedes-Benz

AI ist fester Bestandteil der Fahrzeugproduktion

Auf dem Event am Digital Factory Campus im März 2025 präsentierte Mercedes unter anderem, wie künstliche Intelligenz von einer Vision zum festen Bestandteil der Fahrzeugproduktion werden soll. Das digitale Ökosystem MO360 dient dabei als Rückgrat und wird kontinuierlich um KI-basierte Tools wie die MO360LLM Suite und ein Chatbot-Ökosystem erweitert. Mitarbeitende greifen per Sprachbefehl auf Produktionswissen zu, während virtuelle Multi-Agenten komplexe Daten in Echtzeit analysieren und beispielsweise dabei helfen, die Ursachen plötzlicher Qualitätsabweichungen in der Produktion schnell zu identifizieren. Anstelle einer aufwändigen, manuellen Ursachenanalyse verlassen sich die Ingenieure auf KI-Agenten eines virtuellen Data-Science-Teams.

Produktionsvorstand Jörg Burzer betont im Interview mit der Automobil Produktion, dass die Nutzung von Large-Language-Modellen in der Produktion sehr gut funktioniere, da diese Modelle auf einer internen Datenplattform betrieben würden – im Unterschied zu Anwendungen wie ChatGPT, die sich öffentliche Daten aus dem Netz holen. Entscheidend sei der Zugriff auf große, spezifische Datenmengen, besonders im präventiven Qualitätsmanagement oder der Instandhaltung, wobei es besonders darauf ankomme, diese Informationen für alle Mitarbeitenden reibungslos zugänglich zu machen.   

Zudem sei man im Thema KI in engem Austausch mit dem Betriebsrat und stoße dort auf viel Offenheit und Zustimmung, wie Marco Zwick, Werkleiter am Standort in Rastatt kommentiert. „Das liegt daran, dass unsere Betriebsingenieure in der Montage, die wir hinsichtlich KI qualifiziert haben, jeden Tag die Erleichterung in den Prozessen durch solche Tools spüren und den ganz klaren Mehrwert sehen. Da braucht es eigentlich kaum noch Überzeugungsarbeit“, berichtet Zwick. Auch in seine Halle hat die Technologie längst Einzug gehalten: Im September 2023 kam erstmalig eine KI-gesteuerte Verfahrenstechnik in den Decklackkabinen im Werk Rastatt zum Einsatz. Dies habe zu einer Energieeinsparung von 20 Prozent geführt und zudem die Zeit zum Hochfahren des Prozesses deutlich reduziert.  

Marco Zwick und Jörg Burzer von Mercedes-Benz im Interview
Mercedes-Produktionsvorstand Jörg Burzer (r.) und Rastatt-Werkleiter Marco Zwick (l.) waren sich bereits im Interview mit der Automobil Produktion im April 2024 einig, dass es bei KI kaum noch Überzeugungsarbeit braucht. (Bild: Claus Dick)

Das sind Mercedes‘ KI-Leitlinien

Die Ansprüche der Stuttgarter sind jedenfalls bereits klar in Form von vier Prinzipien kommuniziert. Mercedes-Benz will künstliche Intelligenz mit der nötigen Verantwortung einsetzen – nur dort, wo sie echten Mehrwert schafft und stets im Einklang mit den eigenen Unternehmenswerten. Transparenz und Erklärbarkeit sollen dabei ebenso zentral wie der Schutz der Privatsphäre durch datensparsame Technologien sein. Höchste Standards bei Sicherheit und Zuverlässigkeit sind als die Grundlage aller Aktivitäten vorgesehen – besonders in sicherheitskritischen Bereichen wie dem autonomen Fahren.   

„In der Vergangenheit gerieten lernende Systeme immer wieder in die Kritik. Chatbots etwa, die beleidigende Sprache nutzten oder diskriminierende Gesichtserkennungsalgorithmen“, schreibt Renata Jungo Brüngger, die seit 2016 im Vorstand der Mercedes-Benz Group das Ressort für Integrität, Governance und Nachhaltigkeit verantwortet. „Diese Beispiele zeigen, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz klare Leitlinien erfordert “, so Jungo Brüngger im Bezug auf die eigens festgelegten Spielregeln im Umgang mit AI.   

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