Hartmut Müller  Vice President IT Technology & Cross Functions, Mercedes-Benz Group AG

Produkte entlang der gesamten Kette begleiten: Hartmut Müller, Vice President IT Technology & Cross Functions, Mercedes-Benz Group. (Bild: FacesByFrank)

Welche Ansprüche Kunden der Gegenwart und Zukunft an Fahrzeuge stellen, treibt die automotive IT-Branche um. Ein Lösungsweg könnte in der Offenheit wie auch in einem frühen Einsatz neuer Technologien liegen. Bei Mercedes-Benz hat man dazu ein leistungsfähiges, technologisches Fundament für die Umsetzung der Unternehmensstrategie aufgesetzt, sagt Hartmut Müller, Vice President IT Technology & Cross Functions, Mercedes-Benz Group AG. #OnePlatform gehe mit seinem holistischen Ansatz über reine Technologie hinaus und biete auch Antworten zur Haltung in der operativen Umsetzung, erläutert Müller. Beim schwäbischen OEM stehe man für Kultur und Integrität, was bedeute, die Produkte in der gesamten Kette bis hinein in den Aftersales zu begleiten. Dazu müsse man nicht zwingend First Mover, man könne auch Early Adapter sein. Dies insbesondere dann, wenn es die Felder Technologie und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen gelte.

Nachhaltigkeit mit Digitalem Zwilling

Die Kunst liegt dem Mercedes-Experten zufolge in der Adaption der Geschäftsprozesse und Produkte. Helfen können dabei, Technologie nicht um ihrer selbst Willen zu denken, sagt Müller in Berlin. Im Einzelnen wolle man mit Digitalen Zwillingen deutlich nachhaltiger arbeiten. Eine Schlüsselrolle komme der Digitalisierung in den Geschäftsprozessen zu. Im Unternehmen müsse man sich klarmachen, wo man sich vor dem Kunde differenziere, wo weniger oder womöglich auch nicht. Dafür setze man auf den Einsatz dezentraler Technologien, um den Zugriff auf die relevanten Daten zu ermöglichen.

Dass sich in der Branche neben etablierten zahlreiche neue interessante Technologien am Horizont auftun, zeigen der Einsatz von Künstlicher Intelligenz wie auch die Möglichkeiten etwa durch Blockchain oder Quantencomputing. In der Expertenrunde im Rahmen des Formats Next Generation Technolgy des automotiveIT-Kongresses diskutieren dazu Fabiane Völter, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institutsteil Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT; Christoph Röger, Director of Global IT Infrastructure Transition & Transformation, Mercedes-Benz Group; Osman Dumbuya, CEO von Incari sowie Giuseppe Serio, Vice President Market Development, Upstream Security.

Live-Talk zum Thema Technology auf dem automotiveIT Kongress 2022
Expertenrunde im Rahmen des Formats Next Generation Technolgy des automotiveIT-Kongresses. (Bild: FacesBYFrank)

Größter Mehrwert durch KI?

Fraunhofer-Expertin Völker sieht aus einer Blockchain-Perspektive, dass sich Automotive in der Vergangenheit progressiv gezeigt habe. Osman Dumbuya schätzt die Automobilindustrie eher als getrieben denn als Taktgeber ein. Viele Konzepte würden das Automobil heute in Frage stellen, konstatiert der Incari-CEO. Fahrzeuge würden künftig auf die eigentliche Anwendung reduziert, was die Branche eher auf dem linken Fuß treffe. Giuseppe Serio von Upstream Security beobachtet aus der Perspektive des IT-affinen Landes Israels die Entwicklungen in Deutschland und konstatiert hier zumindest eine dynamische, wenn auch noch ausbaufähige Entwicklung. Laut einer Live-Abstimmung im Publikum erwartet dieses durch Künstliche Intelligenz und Machine Learning den größten Mehrwert für die Branche in technologischer Hinsicht. Dumbuya sieht beim Thema KI hierzulande jedoch eher noch eine Art Plug-and-Play-Mentalität, die etwas an der Realität vorbeigehe. Bevor man sich mit KI auseinandersetze, gelte es erst einmal zu definieren, was man mit ihr erreichen wolle. Christoph Röger mahnt indes das Fördern einer Datenkultur ein. Daten aufzubereiten und sie zu pflegen, sei ein relevanter Wert, betont der Mercedes-Experte.

Wie groß ist der Einfluss des Themas Blockchain in der Autoindustrie? Fraunhofer-Expertin Völter sieht Anwendungsfälle im Bereich digitaler Identitäten sowie beim CO2-Tracking. Die Industrie müsse bei diesem Thema mehr ausprobieren, sagt Christoph Röger. Osman Dumbuya hält es für wünschenswert, dass sich große Konzerne früh mit den Potenzialen neuer Technologien auseinandersetzen und Anwendungsfälle definieren. Er hält Blockchain für ein kräftiges, aber unterschätztes Tool.

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