Der Innenraum eines futuristischen Mercedes-Benz.

Im Vergleich zum Vorjahr hat Daimler erheblich an CC-Stärke eingebüßt. (Bild: Daimler)

Das Logo der CCI-Studie 2020.

Die diesjährige CCI-Studie wird am 27. Oktober 2020 im Rahmen des automotiveIT + carIT Kongress vorgestellt. Sie können die Studie hier vorab bestellen.

Die virulenten Sparzwänge in der Branche, katalytisch verstärkt durch die anhaltende Corona-Pandemie, hängen wie ein Damoklesschwert über der Innovationsfähigkeit der Autohersteller. In dem von carIT und dem Center of Automotive Management (CAM) jährlich veröffentlichten Connected-Car-Innovation-Index (CCI) schneiden vor allem die deutschen OEMs regelmäßig sehr gut ab, doch dies könnte sich langfristig ändern.

In der aktuellen Studie zeigen sich die Autobauer bei Technologien aus den Bereichen Connectivity, Fahrerassistenzsysteme sowie Infotainment und Bedienung weiterhin innovationsfreudig – trotz einiger Abstriche. Der Anteil der CC-Innovationen an den Neuheiten aller anderen Technologiefelder ist von 53 Prozent im Jahr 2018 auf 46 Prozent im Erhebungszeitraum 2019 gefallen. Absolut ging die Zahl von rund 650 in den Vorjahren auf 576 Innovationen zurück.

Volkswagen ist Innovationssieger

„Viele OEMs fokussieren sich mittlerweile auf die Elektrifizierung ihres Modellportfolios“, erklärt Studienleiter und CAM-Direktor Stefan Bratzel. „Innovationen im Connected-Car-Bereich haben eine Art Plateau erreicht, auf dem sie erst einmal zu einer gewissen technologischen Reife geführt werden müssen.“ Nachdem im Vorjahr Daimler bei den fahrzeugtechnischen Innovationen ein herausragendes Ergebnis erzielt hatte, ist in diesem Jahr der Volkswagen-Konzern zurück auf dem Innovationsthron.

Die CC-Gesamtstärke der Autobauer in der Statistik der CCI-Studie.
Daimler musste sich in der Gesamtwertung dem VW-Konzern geschlagen geben.

Die Wolfsburger profitieren wie schon in den Vorjahren von einer beispiellosen Marken-, Segment- und Modellvielfalt, in deren Rahmen 2019 zahlreiche Weltneuheiten auf den Markt gebracht wurden. Interessanterweise stellt Audi nicht mehr den Innovationsmotor in der Konzernfamilie: Die Ingolstädter steuern nur noch ein wenig mehr als ein Drittel der CC-Innovationsstärke bei, während die Marke VW dank Neuheiten in Golf VIII und Passat (Facelift) mittlerweile fast die Hälfte ausmacht.

„Audi konnte im Bewertungszeitraum keine nennenswerten Fahrzeugvorstellungen präsentieren und leidet momentan zudem unter der Unruhe in der Unternehmensführung“, konstatiert CAM-Leiter Bratzel. Deutlich schwächer schneidet diesmal auch Daimler ab: Die Schwaben büßen mehr als die Hälfte ihrer letztjährigen Innovationsstärke ein und pendeln sich noch vor BMW auf Normalniveau ein. Das unbenommen gute Abschneiden verdankt der Stuttgarter Premium-OEM einigen innovativen Assistenzsystemen im Mercedes-SUV GLC.

Nach dem drittplatzierten Autobauer BMW, der sein Vorjahresergebnis in etwa halten kann, folgen im Bereich der High Performer Ford, Tesla und Hyundai. Schwach das Abschneiden der absatzstarken Volumenhersteller Fiat Chrysler, Honda und Toyota, die lediglich als Low Performer bei CC-Innovationen zu bezeichnen sind.

Tesla setzt auf autonome Fahrzeuge

Spannend ist auch der Blick auf die einzelnen Technologiefelder, aus denen sich der CCI-Index zusammensetzt. „In der aktuellen Studie konnten wir zwar insgesamt einen leichten Rückgang der CC-Innovationen feststellen – eine Entwicklung, die jedoch nicht auf den Bereich Fahrerassistenz zutrifft“, betont Bratzel. Dessen Anteil hat sich gegenüber 2018 von 23 auf 27 Prozent erhöht. „Das verwundert mich wenig, denn die Hersteller pumpen viel Geld in die Weiterentwicklung des automatisierten Fahrens, der Cashcow der Zukunft“, so der Autoexperte.

Besonders ein Hersteller scheint es mit dem autonomen Fahren ernst zu meinen: Während die Konkurrenz fast ausnahmslos ihre Innovationsbemühungen gleichmäßig über die Tech-Felder ADAS, Connectivity und Interface verteilen, setzt E-Autopionier Tesla fast ausschließlich auf neue Technologien im Bereich teil- und hochautomatisiertes Fahren bis Level 2+.

Prominentes Beispiel: Das System Navigate on Autopilot, mit dem Tesla-Fahrer auf dem Highway ohne Zutun automatisch die Spur wechseln können, ist im zweiten Jahr in Folge die am höchsten bewertete Serieninnovation im CCI-Index. „Gemessen an der geringen Zahl der Baureihen, dem weiterhin marginalen Absatz und Umsatz, ist die Performance der Kalifornier immer wieder beeindruckend“, betont Bratzel. Tesla verfolge dabei die Strategie, nicht in jedem Technologiesektor mitmischen zu wollen, sondern wie im Falle des automatisierten Fahrens durch dezidierte Schwerpunktsetzung die Branche vor sich herzutreiben.

Eine Statistik der CC-Stärke der Autobauer aufgeteilt nach Technologiefeldern.
Während Volkswagen vornehmlich bei der Konnektivität punktet, setzt Tesla auf das autonome Fahren.

Unterschiede im Ländervergleich

Auf dem hochdynamischen Feld der Mobilitätsdienstleistungen hat sich – betrachtet man nur die Autobauer – mittlerweile ein Oligopol von wenigen High Performern manifestiert. Absolut dominierend sind Daimler und BMW, die ihre Dienste im Jahr 2019 im Joint Venture Your Now gebündelt haben.

Im mittleren Bereich bis Platz 15 bewegen sich Follower wie Toyota, Hyundai oder Tesla, danach folgen ausschließlich schwache Akteure (Detaillierte Ergebnisse sind in der MSR-Studie zu finden). Im Ländervergleich in Sachen Connected-Car-Innovation hat sich gegenüber dem Vorjahr wenig getan. China kann seinen Vorsprung vor Deutschland und den USA weiter ausbauen. Mit deutlichem Abstand folgt ein leicht verbessertes Japan, danach Südkorea.

Nationen wie Frankreich, Indien oder Italien spielen bei der CC-Stärke eigentlich kaum noch eine Rolle. Deutschland indes weist ein heikles Missverhältnis auf: „Angesichts der rapide voranschreitenden Digitalisierung nur auf die Innovationsstärke des Produkts Auto zu setzen, ist eine gefährliche Wette“, erklärt Studienleiter Stefan Bratzel. „Deutschland könnte damit seine Zukunftsfähigkeit aufs Spiel setzen.“

Die CC-Innovationsstärke nach Ländern aus der CCI-Studie 2019.
Die deutschen OEMs gleichen die defizitären Verhältnisse in Deutschland aus.

Sie möchten gerne weiterlesen?