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Im europäisches Nissan Technical Centre hat der japanische Hersteller acht Ladestationen mit Vehicle-to-Grid-Technologie errichtet. (Bild: Nissan)

Man muss nur ein paar Jahre zurückblättern, in die Zeit kurz nach Fukushima, als hierzulande die Energiewende eingeleitet wurde: Für die meisten Fachleute galt ausgemacht, dass die Batterien einer rasch wachsenden Flotte E-Autos zur Versorgungssicherheit regenerativ betriebener Stromnetze beitragen würden. Dumm nur: Deutschland ist längst nicht mehr Vorreiter bei den Erneuerbaren und E-Fahrzeuge tun sich hierzulande unerwartet schwer.

Und damit auch das Konzept des Vehicle-to-Grid (V2G), bei dem E-Autos über die Ladestation mit dem Stromnetz verbunden werden, sie nicht nur betankt werden, sondern auch überzähligen Strom zwischenspeichern, wenn bei Sturm und Sonne mehr als nötig in das Netz flutet, und ihn bei Flauten abgeben. Doch in Sachen V2G mehren sich neuerdings die Lebenszeichen: Next Energy und Tennet erproben die Technologie in Holland, ähnliches geschieht ab nächstem Jahr mit 700 Stromern in England und sogar in Deutschland rührt sich etwas. Der Münchner Energiedienstleister The Mobility House (TMH) meldet, dass kürzlich erstmals ein V2G-Auto offiziell wie ein Kraftwerk für den deutschen Energiemarkt zugelassen worden ist. Dabei handelt es sich um einen Nissan Leaf, der gemeinsam mit TMH und dem Energieversorger Enervie nun über seine 40-Kilowattstunden-Batterie Primärregelleistung bereitstellen darf und damit zur Netzstabilisierung beiträgt. Das Kraftwerk auf vier Rädern kann durch seinen CHAdeMO-Ladeanschluss Strom aus dem Netz ziehen und in der Batterie speichern sowie bei Bedarf auch wieder zurückspeisen.

Schön, dass in Deutschland überhaupt etwas in dieser Richtung geschieht. Schlecht, dass die Industrie auch bei der bidirektionalen Ladetechnik ihr eigenes Süppchen kocht. Deutsche OEMs halten dem japanischen CHAdeMO-Standard ihren eigenen namens CCS entgegen. Unfassbar, dass dieser bisher noch nicht einmal die Rückspeisung beherrscht. Das soll erst im nächsten Jahr der Fall sein. Bis die deutsche Lösung soweit ist, könnten die Japaner längst Fakten geschaffen haben. Oder, schlimmer, V2G weiter vor sich hin dümpeln lassen. Dabei führt an der Sektorkopplung kein Weg vorbei, wenn die Energiewende vorankommen soll, meint unter anderem Kurt Rohrig vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik: „Daher muss auch das individuelle und übergreifende Lademanagement an E-Säulen smarter werden.“ Nicht nur deutschland-, sondern europaweit. Rohrig: „Die Welt der Mobilität muss mit der Welt der Stromversorgung vernetzt werden.“ Ein Flickenteppich der Standards schadet da nur.

Unterdessen treibt Nissan die Entwicklung nach einem seit Sommer in Dänemark laufenden V2G-Projekt nun auch in Großbritannien voran, wo Stromer das Nissan Technical Centre Europe in Cranfield demnächst mit Energie versorgen. Nebeneffekt: „Strom wird dadurch für jeden günstiger“, frohlockt Francisco Carranza, Director of Energy Services bei Nissan Europe.

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