Autonomer ÖPNV hat großes Einsparpotenzial
Autonome Busse sowie Robotaxis könnten im ÖPNV Milliarden sparen: Laut einer Studie sinken staatliche Zuschüsse im Nahverkehr in den nächsten 20 Jahren deutlich, wenn der Anteil der Flotte, der fahrerlos unterwegs ist, signifikant zunimmt.
In Hamburg rollt seit kurzem das autonome Shuttle Holon urban zu Testzwecken.
Hamburger Hochbahn
Mit einer in großem Umfang autonom fahrenden Fahrzeugflotte
im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) in Deutschland könnten Bund und Länder einer
Untersuchung zufolge viel Geld sparen. Das geht aus einer Analyse der
Unternehmensberatung PwC und der Universität St. Gallen hervor, die der Deutschen
Presse-Agentur vorliegt.
Darin berechneten die Autoren unter anderem die
Investitionskosten und Einsparpotenziale für ein Szenario, in dem bis 2047 rund
75 Prozent des ÖPNV mit autonom fahrenden Bussen betrieben wird.
85.300 autonome Busse und Robotaxis bis 2047
Dafür müssten bis dahin knapp 85.300 fahrerlose Busse
unterwegs sein: große Linienbusse für bis zu 60 Fahrgäste, die das Rückgrat der
gesamten Flotte bilden würden; kleinere Busse für bis zu 16 Passagiere sowie Robotaxis,
wie es sie etwa in den USA und China schon länger gibt. Nicht berücksichtigt
sind in dieser Zahl Fahrzeuge, die alte oder kaputte Busse ersetzen. Die Kosten
dieses Hochlaufs belaufen sich in diesem Szenario auf rund 5,7 Milliarden Euro
bis 2047.
Aktuell gibt es zahlreiche Pilotprojekte, in denen der
Einsatz von autonom fahrenden Bussen meist mit kleineren Flotten in begrenzten
Gebieten getestet wird. Auch hat die Bundesregierung einen Rechtsrahmen für
vollautonomes Fahren in Deutschland geschaffen, der von Branchenfachleuten
überwiegend positiv bewertet wird.
Eine serienmäßige Zulassung für voll autonom fahrende Busse
fehlt aber noch. Für den Fahrzeughersteller Holon gab es jüngst immerhin eine
Genehmigung des Kraftfahrt-Bundesamts für den bundesweiten Testbetrieb seines
Elektro-Shuttles „Holon urban“.
Bis zu 80 Prozent weniger staatliche Zuschüsse pro Kilometer
Den Investitionen stehen laut PwC erhebliche
Einsparpotenziale für den Staat gegenüber. Schon 2035 könnte demnach ein
optimierter Robobus pro Kilometer im besten Fall bis zu 80 Prozent an
öffentlichen Zuschüssen einsparen im Vergleich zu einem herkömmlichen
Linienbus, mindestens aber 40 Prozent – je nach verglichenem Fahrzeugtyp.
Hauptgrund: Die Kosten für den Fahrer oder die Fahrerin
fallen komplett weg. Auch bei der Produktion insbesondere von Robotaxis und
kleineren Bussen könne eingespart werden: Es brauche keine Spiegel, Lenkräder
oder Pedale mehr.
Die Finanzierung des ÖPNV aktuell
Für die Organisation des ÖPNV in Deutschland sind die
Bundesländer verantwortlich. Zur Finanzierung erhalten sie vom Bund unter
anderem sogenannte Regionalisierungsmittel. Diese belaufen sich im aktuellen
Jahr auf rund 11,56 Milliarden Euro. Aus Sicht der Verkehrsunternehmen reicht
diese Summe nicht aus, um allein das aktuelle Angebot bereitzustellen,
geschweige denn, es auszubauen.
Bis zur Corona-Pandemie waren die Verkehrsunternehmen laut
ihrem Branchenverband (VDV) dazu in der Lage, rund drei Viertel ihrer
Betriebskosten selbst zu finanzieren, etwa über die Ticketverkäufe. Die
verbleibenden 25 Prozent kamen demnach vom Staat.
Pandemie und Deutschlandticket belasten die öffentlichen
Kassen
Mit der Pandemie und der Einführung des Deutschlandtickets -
einem bundesweit gültigen Monatsabo für den ÖPNV - habe sich das Verhältnis
nahezu umgekehrt: Inzwischen könnten nur noch 30 Prozent der Betriebskosten
über die Ticketeinnahmen gedeckt werden, 70 Prozent kämen aus öffentlichen
Mitteln.
Darin enthalten sei etwa der staatlich finanzierte Ausgleich
für die Umsatzeinbußen, die den Unternehmen durch das Deutschlandticket
entstehen. Das kostet Bund und Länder gemeinsam jedes Jahr zusätzlich drei
Milliarden Euro.
Mit einer weitgehend autonom fahrenden Busflotte könnten die
öffentlichen Mittel laut PwC zumindest wieder auf unter 60 Prozent der
ÖPNV-Betriebskosten gedrückt werden.