Connected-Car-Innovation-Index 2025

China setzt deutsche Autobauer unter Innovationsdruck

Autohersteller aus China geben bei Connected-Car-Innovationen mittlerweile das Tempo vor, doch noch halten die deutschen OEMs viele Trümpfe in der Hand. Entscheidend wird sein, wie schnell sie diese ausspielen.

Xiaopeng ist immer noch ein Newcomer in der weltweiten Autobranche, macht es aber vielen in Sachen Software und Connected-Car-Innovationen vor.

automotiveIT car.summit 2025

Beim automotiveIT car.summit am 11. und 12. November 2025 in München gehen die Experten-Talks zu den Herausforderungen um das Software-Defined Vehicle, autonomes Fahren und Connectivity in die nächste Runde. Gemeinsam mit Vorreitern von OEMs, Zulieferern und Tech-Playern schlagen wir die Brücke zwischen klassischer Fahrzeugentwicklung und Software/IT. Im Rahmen des automotiveIT car.summit präsentiert CAM-Direktor Prof. Stefan Bratzel die zentralen Ergebnisse der neuen Connected-Car-Innovation-Index 2025.  Alle Infos zur Veranstaltung!

Als vor zehn Jahren die erste Ausgabe der Connected-Car-Innovation-Studie vom Center of Automotive Management (CAM) zusammen mit automotiveIT und Cisco Systems veröffentlicht wurde, war die Autowelt vor allem mit Blick auf die Fahrzeugvernetzung noch ein klein wenig anders beschaffen.

„Die deutschen Autobauer verfügen über eine starke Präsenz und wetteifern in vielen Feldern untereinander um die Technologieführerschaft“, sagte damals Studienleiter und Automobilexperte Prof. Stefan Bratzel im Interview. Die Digitalisierung und Automatisierung nahmen zu der Zeit Fahrt auf, der beginnende Wandel wurde geprägt von Unternehmen wie Volkswagen, Daimler, BMW oder vom einstigen Newcomer Tesla.

Chinas Autoindustrie gibt den Ton an

Heute ist die Gemengelage eine andere. Während 2015 mit der Volvo-Mutter Geely lediglich ein einziger chinesischer Hersteller im CCI-Index-Ranking auftauchte, sind es heute zehn – und damit die Hälfte der gesamten Top-20-Liste. „China ist heute die neue Automobilmacht bei den Connected-Car-Innovationen“, unterstreicht Bratzel heute. „Unsere Innovationsdatenbank zeigt, dass die chinesischen OEMs gerade im Premium-Segment zuletzt auf breiter Front angegriffen haben – ein Bereich, in dem die Innovationsmusik am lautesten spielt.“

Volkswagen und Mercedes-Benz sind die Top-Innovatoren, dahinter folgen gleich drei chinesische OEMs mit BYD, SAIC und Geely. Insgesamt sind zehn Hersteller aus dem Reich der Mitte unter den Top 20 der innovativsten Connected-Car-Playern.

Momentan entstehe ein völlig neues Automobil-Ökosystem, mit ganz neuen, eigentlich branchenfremden Akteuren wie zum Beispiel Xiaomi – ein Handyhersteller, der plötzlich Autos baut und bereits nennenswerte Absätze verzeichnet. Dazu kommt: „Die chinesischen Autobauer bringen ihre Innovationen mit enormer Geschwindigkeit in Serie und schaffen es, diese zu sehr niedrigen Kosten umzusetzen“, erklärt der Autoexperte.

VW und Mercedes-Benz ganz oben, danach: China

Die neuen Hierarchien und Innovationsdynamiken bestätigen sich in den aktuellen Rankings des Connected-Car-Innovation-Index, in den fast 1.800 Neuheiten aus den vergangenen vier Jahren einflossen. Zwar stehen die deutschen Autokonzerne um Volkswagen und Mercedes-Benz immer noch an der Spitze des CCI-Rankings, zugleich streben zahlreiche OEMs aus Fernost mit Nachdruck nach oben.

So steht erstmals BYD auf dem Treppchen, gefolgt von SAIC, Geely, Hyundai, Xiaopeng und Nio. Das Mittelfeld bilden Größen wie GM, BMW, Toyota und Ford. Platz zwölf belegt Tesla – ein eher schwaches Abschneiden für Elon Musks E-Auto-Pionier, der es der Branche vor allem in Sachen Software-Defined Vehicle lange Zeit vorgemacht hat. Im hinteren Teil des Rankings finden sich neben den beiden europäischen Volumenherstellern Stellantis und Renault weitere aufstrebende chinesische OEMs wie Avatr oder Li Auto.

Die relative Innovationsstärke unterstreicht die Innovationsdynamik bei den chinesischen Herstellern.

Die Wucht und Geschwindigkeit, mit der die Chinesen bei Innovationen rund um das vernetzte Fahrzeug die Industrie aufmischen, wird noch einmal deutlicher, wenn man auf das Verhältnis von Innovationsstärke zu verkauften Fahrzeugen blickt. Dieser erstmals in die CCI-Studie integrierte relationale Index der Innovationsstärke zeigt, wie stark Newcomer wie Xiaopeng oder Nio sind, die beim Thema Software-Defined Vehicle für viele zur Avantgarde gehören. Bemerkenswert ist hier der dritte Platz von Mercedes-Benz: Die Stuttgarter verkaufen rund zehnmal so viele Fahrzeuge wie die beiden topplatzierten OEMs und erreichen dennoch eine vergleichbare Innovationsleistung pro Einheit.

Experte Stefan Bratzel rät der alten Autowelt, jetzt schnellstens von den chinesischen OEMs zu lernen. „Es ist wichtig zu verstehen, wie sie es schaffen, Entwicklungen so schnell voranzutreiben. Und man sieht ja, dass die Kooperationen, die auch von deutschen Herstellern eingegangen wurden, ein Teil der Antwort darauf sind.“

„Das vernetzte Auto muss ein deutscher Exporterfolg bleiben“, sagt Levar Ussery, Automobil-Experte bei Cisco in Deutschland. „Die deutschen Automobilhersteller haben mit ihren Level 3-Fähigkeiten eindrucksvoll gezeigt, dass autonomes Fahren made in Germany möglich ist. Fahrzeuge müssen dafür aber in Echtzeit mit Cloud-Edge-Infrastrukturen kommunizieren und enorme Datenmengen verarbeiten. All das funktioniert nur, wenn IT-Netze, Datenplattformen und Cybersecurity zuverlässig bereitstehen. IT-Infrastrukturen und KI-unterstützte digitale Netzwerke sind der Schlüssel, damit deutsche Hersteller ihre Innovationsstärke halten können“, so der Cisco-Experte.

Wer liegt vorne bei ADAS, Interface und Co.?

Blickt man auf die einzelnen Technologiefelder, die in den diesjährigen CCI-Index einfließen, ergibt sich ein deutlich differenzierteres Bild. Erstmals mit dabei ist das Feld „Electric Vehicle Ecosystem“, das mit dem Hochlauf der E-Mobilität weiter an Bedeutung gewinnen wird. Die wichtigste Innovation bietet hier Renault mit dem R5 E-Tech: Dieser speist Strom aus der Fahrzeugbatterie zurück ins Netz, was neue Möglichkeiten in Sachen Energieversorgung und Nachhaltigkeit bietet. Im sehr dynamischen Technologiefeld „Interface“ führt der VW-Konzern deutlich vor Mercedes-Benz. Zum Ergebnis trägt zu sehr großen Teilen Audi bei, etwa mit dem lernenden Bedienkonzept Audi Assistant. Ebenfalls ganz vorne steht Volkswagen bei „Connectivity & Infotainment“ – ein Viertel der Serien-Innovationen des Jahres 2024 kommt von den Konzernmarken Audi, Porsche und VW. In diesem Ranking ebenfalls ganz weit oben sind Mercedes und BMW, was die anhaltende deutsche Dominanz bei der klassischen Fahrzeugvernetzung unterstreicht.

Trotz vier aufstrebender Player im Bereich ADAS & autonomes Fahren kann sich über einen längeren Betrachtungszeitraum Volkswagen an der Spitze behaupten.

Schwerpunkt der CCI-Studie 2025 ist der Bereich ADAS & und autonomes Fahren, der aufgrund seiner höheren technologischen Relevanz folglich im Index höher gewichtet wurde. Bei den OEMs hat im Jahr 2024 BYD die meisten und spannendsten Neuheiten hervorgebracht. Im Bereich Level 2+ wird „Navigate-on-Autopilot“ vom Stadtverkehr bis zur Autobahn angeboten, etwa in den Modellen Han und Seal in China. 

Für Studienleiter Stefan Bratzel wird autonomes Fahren die größten Veränderungen im gesamten Mobilitätssystem mit sich bringen: „Zwar lässt der ganz große Durchbruch weiterhin auf sich warten, dennoch glaube ich, dass wir uns mittlerweile auf dem Pfad der Produktivität befinden – also in einer Phase, in der das automatisierte Fahren zunehmend einen echten Kundennutzen entfaltet und in die Breite getragen wird.“

„Autonomes Fahren ist in jeder Hinsicht eine Zukunftstechnologie – für die Nutzer und den Automobilstandort Deutschland“, ergänzt Cisco-Experte Ussery. „In den letzten Jahren haben ausländische Hersteller starke Innovationen gezeigt, jetzt ist die deutsche Automobilindustrie im Zusammenspiel mit Politikern am Zug. Wir sehen gerade zahlreiche Aktivitäten, um die Rahmenbedingungen für autonomes Fahren in Deutschland deutlich zu verbessern. Anspruchsvolle vernetzte Teststrecken sind nun verfügbar, Spitzentechnologie wird gefördert. Deutsche Hersteller können beim autonomen Fahren weltweit führend sein.“

Der Connected-Car-Innovation Index 2025

Der Connected-Car-Innovation-Index (CCI) ist eine jährlich durchgeführte Branchenstudie, die Innovationstrends und Innovationsleistungen von 30 weltweiten Automobilherstellern in den Bereichen Interfaces, Connectivity & Infotainment, Electric Vehicle Ecosystem und ADAS & autonomes Fahren anhand verschiedener Indikatoren empirisch erhebt und vergleichend darstellt. Basis der Studie ist die Innovationsdatenbank des Center of Automotive Management (CAM). Alles zur Methodik, weitere Rankings, Analysen und Hintergründe zum CCI-Index 2025 sowie die Möglichkeit zum Download der Executive Summary und der gesamten CCI-Studie finden Sie hier.