
Mohsen Sefati managt bei VWs Softwareeinheit KI sowohl technisch als auch strategisch: „Ich kann mir keine spannendere Aufgabe vorstellen." (Bild: Volkswagen)
Der Job ist herausfordernd, verantwortungsvoll und zukunftssicher: KI-Manager. Seit zweieinhalb Jahren agiert Mohsen Sefati bei Cariad, der Softwareeinheit von Volkswagen, als solcher. Auf seiner Visitenkarte steht: Head of AI Architecture and AI Capabilities. Klingt so kompliziert wie der Job an sich ist. „Automatisiert fahrende Autos zählen zu den komplexesten Systemen, die jemals entwickelt wurden“, sagt der KI-Manger, „Ich kann mir keine spannendere Aufgabe mit größerem Impact von KI vorstellen. Es gibt so viel Potenzial für Innovationen, und es ist ein sehr dynamisches Feld.“
Was steckt hinter dem Job eines KI-Managers?
Sefati hat in seiner Rolle als Führungskraft für künstliche Intelligenz bereits zwei Abteilungen dabei begleitet, neue KI-Technologien aufzubauen. Derzeit leitet er die Abteilung „Situation Interpretation and AI“. „Unsere Arbeit ist Teil der funktionalen Kette unseres Software-Stacks für automatisiertes Fahren“, erklärt Sefati, „Der Fokus meiner Abteilung liegt darauf, ein umfassendes kognitives Verständnis einer Fahrszene basierend auf den Interpretationen aus Wahrnehmung und digitaler Karte zu liefern.“ Dabei erstellt das Team Straßenmodelle, denen Verkehrsteilnehmende zugeordnet werden, und versuchen deren zukünftiges Verhalten vorherzusagen. „Diese Aufgabe ist im urbanen Raum besonders komplex, was durch den Einsatz von KI deutlich verbessert werden kann“, betont der Experte.
In seiner Führungsrolle vereint Sefati technisches Management und Leadership. KI-Ingenieure, die hochqualifiziert und leidenschaftlich an modernsten Technologien arbeiten und gute Ideen haben, seien der Schlüssel zu einem erfolgreichen Produkt, sagt Sefati: „Meine Aufgabe als Leader sehe ich darin, die Expertise und Fähigkeiten meiner Teams so einzusetzen und ihnen die notwendigen Rahmenbedingungen zur Verfügung zu stellen, dass Entwicklungsprojekte optimal aufgesetzt und erfolgreich abgeschlossen werden können.“ Auf der einen Seite gebe er jedem Team technische Führung mit strategischer Zielsetzung, auf der anderen Seite räume er Hindernisse aus dem Weg, sodass KI-Experten effektiv arbeiten können. „Wo notwendig und wo das Team mich braucht, beteilige ich mich auch bei der Konzeptentwicklung“, ergänzt Sefati.
KI-Manager arbeiten konzernweit
Seine Rolle umfasst auch die strategische und evolutionäre Integration von KI - sowohl in die Kundenfahrzeuge als auch in die Entwicklungsprozesse des Konzerns. Sefati: „Wir arbeiten dafür intensiv mit unseren konzerninternen Innovations- und Forschungsteams zusammen und testen neueste Technologien.“ Auf dieser Basis führen die Teams Proof-of-Concepts durch und entscheiden, welche Technologien sie in ihrer Entwicklungsumgebung implementieren oder in die nächste Produktgeneration überführen.
Auf was es dabei unter anderem ankommt: „In unserem Job müssen wir den gesamten Lebenszyklus der Daten kennen: von der Erfassung über die Annotation und das Training bis hin zur Optimierung des Modells und der Bereitstellung auf der Hardware.“ Für all diese Schritte gebe es verschiedene Frameworks, Infrastrukturen und Werkzeuge, aus denen die KI-Ingenieure das für sie passende Entwickler-Ökosystem aufbauen. Dafür arbeiten sie mit vielen Abteilungen bei Cariad zusammen.
„Für KI-Anwendungen wird die Zeit von der Forschung bis zur Produktanwendung immer kürzer“, erklärt Sefati, „Daher ist der enge Austausch mit der KI-Community und insbesondere der Forschung für mich enorm wichtig.“ Sein Team und er nehmen regelmäßig an technischen Konferenzen teil, lesen die neuesten Veröffentlichungen und organisieren eine interne Reading-Gruppe, um am Ball zu bleiben.
Welche Skills sollte ein KI-Manager mitbringen?
KI-Engineering ist das eine. Aber wie wächst man in den Job eines KI-Leaders hinein? „Wie in allen Führungspositionen sollte man zunächst Freude daran haben, mit Menschen zusammenzuarbeiten, und die Bereitschaft mitbringen, sich und sein Team kontinuierlich weiterzuentwickeln“, betont Sefati, „Zudem bin ich überzeugt, dass fundierte technische Kenntnisse im Bereich KI essenziell sind, um KI-Entwicklungsteams zielgerichtet zu führen.“ Künstliche Intelligenz umfasse viele verschiedene Bereiche und ein breites Themenspektrum, das sich rapide verändere und exponentiell wachse. „Zentraler Bestandteil meiner Arbeit ist es daher, mein spezifisches Wissen über KI-Technologien und ihre unternehmerischen Potenziale kontinuierlich zu erweitern und die richtigen Top-Talente in mein Team zu holen“, sagt der KI-Manager.
Natürlich fliegt einem eine derart spezialisierte Führungsrolle nicht von ungefähr zu. Anhand Sefatis Werdegang lässt sich gut nachvollziehen, wie ein solcher Weg beschritten werden kann: Bereits im Alter von 16 Jahren hat er mit dem Programmieren auf einem Commodore 64 angefangen. „Das war der erste Computer bei uns zu Hause, auf dem ich Q-Basic gelernt habe“, erinnert er sich. Später hat er dann Maschinenbau mit Fokus auf Regelungstechnik studiert und an der RWTH Aachen in Robotik promoviert. Zu Beginn beschäftigte er sich mit probabilistischer Robotik und klassischen Klassifikations- und Regressionsalgorithmen, die im Laufe der Zeit durch tiefe neuronale Netzwerke ersetzt wurden. Mittlerweile arbeitet er seit zehn Jahren im Bereich des automatisierten Fahrens. „Einer Kerndisziplin für KI in der Automobilbranche“, wie Sefati meint.
Jedes kognitive System muss drei Hauptaufgaben beherrschen, erklärt er: Sehen, Verstehen und Aktion. „Mich hat es von Beginn an gereizt, die gesamte Wirkkette zu verstehen.“ Also begann er mit der Entwicklung von Algorithmen für die Bildverarbeitung, also dem „Sehen“, und arbeitete sich vor bis zu Entscheidungsfindungs- und Planungsalgorithmen für Roboter, also der „Aktion“. Nach verschiedenen Positionen in der KI-Entwicklung liegt sein derzeitiger Fokus auf dem Aspekt des „Verstehens“ bei kognitiven Systemen. Das hilft ihm auch bei seinen heutigen Aufgaben in der „Situation Interpretation“. Nach Jahren in Forschung und Entwicklung hat er sich zunächst im Projektmanagement und dann in die disziplinarische Führung eingearbeitet. „Aus beiden Fähigkeiten – technische und persönliche Führung – hat sich mein aktueller Job ergeben.“