Volkswagen vernetzt

Volkswagen ist wie im Vorjahr erneut innovationsstärkster Autobauer - sowohl bei fahrzeugtechnischen Neuheiten als auch bei vernetzten Dienstleistungen. (Bild: Volkswagen)

Kaum ein Thema umtreibt die globale Automobilindustrie so sehr wie das Software-defined Car. Ganz neue Geschäftsmodelle und digitale Ökosysteme werden die Mobilität von morgen bestimmen, doch der Weg zur datengetriebenen und softwarebasierten Wertschöpfung ist ein steiniger. „Für das Software-defined Car braucht es auch das ‚Software-defined Thinking‘“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM). „Dazu gehört für mich die zentrale Erkenntnis, dass Time-to-Market in naher Zukunft viel wichtiger sein wird als früher. Für viele Player in der Autobranche reift gerade die Erkenntnis, dass für dieses Rennen Partner aus der Big-Data- und Tech-Welt unerlässlich sind, sonst verpasst man den Anschluss.“

Den Wettlauf um das vernetzte und automatisierte Fahrzeug beschreibt das CAM jedes Jahr in der Connected-Car-Innovation-Studie, die gemeinsam mit automotiveIT und Partner Cisco veröffentlicht wird. In der Studie wird die Innovationsfähigkeit der 28 global relevanten Automobilhersteller in den Bereichen autonomes Fahren, Connectivity und Interfaces über einen relationalen Index abgebildet. Um die neue daten- und softwaregetriebene Wertschöpfung stärker mit einzubeziehen, fließen in der achten Ausgabe der CCI-Studie auch vernetzte Dienstleistungen aus Bereichen wie E-Commerce oder Charging direkt in die Innovationsstärke der Autobauer mit ein.

Volkswagen bleibt Innovations-Champion

In den zurückliegenden zehn Jahren haben sich laut CAM die Innovationen in den verschiedenen Technologiefeldern mehr als verdreifacht. Das unterstreicht die Zeitenwende in der Branche, meint auch Autoexperte Bratzel: „Egal ob Vernetzung, autonomes Fahren oder digitale User Experience – diese Zukunftsthemen sind bei den Automobilherstellern in den vergangenen Jahren auf der Agenda ganz weit nach vorne gerückt.“

Dazu gehört vor allem Volkswagen. Die Wolfsburger haben im Ranking des Connected-Car-Innovation-Index mit nur wenigen Ausnahmen immer die Spitzenposition erreichen können. So auch für den Erhebungszeitraum 2021. Der Volkswagen-Konzern verzeichnet leichte Zugewinne und kommt auf einen Indexwert über 90. Mit deutlichem Abstand folgen die Mercedes-Benz Group (65 Indexpunkte) und Tesla (55) – der E-Auto-Hersteller kann sich gegenüber dem Vorjahr um ganze sechs Plätze verbessern.

Autobauer aus Asien und den USA holen auf

Ebenfalls im Ranking nach oben klettern die beiden US-Schwergewichte Ford (45) und General Motors (41), die zusammen mit Tesla das nationale Ergebnis der USA im CCI-Index 2022 deutlich verbessern. Im Bereich der Medium Performer befinden sich zahlreiche Hersteller aus Asien, darunter Toyota, das zum Vorjahr einen gewaltigen Satz von Platz 15 auf Platz sieben macht. Ebenso hinzugewinnen können die chinesischen Player um SAIC, Geely und BAIC – Vorjahresvierter Great Wall kann sein gutes Abschneiden indes nicht bestätigen.

Bemerkenswert ist der Absturz eines Herstellers, der in der Geschichte des CCI-Index eigentlich zu den Innovationsmotoren gehört: So fällt BMW mit knapp über 27 Indexpunkten von Platz drei im Vorjahr auf Rang elf zurück – das schlechteste Ergebnis seit der ersten Erhebung im Jahr 2015. Der bayerische Premium-OEM konnte 2021 nur eine geringe Zahl  an Weltneuheiten auf den Markt bringen und reiht sich daher nur im Verfolgerfeld ein.

Für CAM-Experte und Studienleiter Bratzel ist dies lediglich eine Momentaufnahme und doch stellt er eine kleine Trendwende der internationalen Kräfteverhältnisse fest: „Es sei klar betont: die deutschen OEMs sind immer noch stark beim Connected Car. Doch relativ gesehen holt Konkurrenz aus anderen Teilen der Welt spürbar auf. Chinas Hersteller bringen schon seit einigen Jahren stetig mehr Innovationen hervor, aber auch die USA holt nach einer Schwächeperiode wieder auf.“

Connected Services rücken in den Fokus

Neben den fahrzeugtechnischen Innovationen aus den Bereichen autonomes Fahren, Connectivity und Interfaces gesellen sich zur Wertung des CCI-Index 2022 auch die vernetzten Dienstleistungen. Dazu gehören fahrzeugnahe Services aus den Bereichen E-Commerce/E-Maintenance, Finanzen, Infotainment, autonomes Fahren und Charging. Auf diesem relativ neuen Spielfeld sind bis dato der Volkswagen-Konzern und Tesla die absoluten Innovatoren. Die Wolfsburger sind vor allem in den Bereichen E-Commerce/E-Maintenance (Digital-Twin-Fahrwerk beim Porsche Taycan) und Charging (Bidirektionales Laden beim VW ID.3) innovativ unterwegs. Elektroautobauer Tesla ist dank seines Supercharger-Netzwerks ebenfalls beim Charging stark, hinzu kommen neuartige Infotainmentdienste im Bereich Gaming (Arcade-Spiele im Fahrzeug).

Als Fast Follower bei den Connected Services können die etablierten Hersteller um Mercedes-Benz, BMW und Ford, aber auch der chinesische Newcomer Xiaopeng bezeichnet werden. Über bislang nur sehr wenige oder niedrig bewertete vernetzte Dienste verfügen einige japanische und chinesische Hersteller, darunter Toyota und Geely.

Für Stefan Bratzel sind es jedoch in erster Linie diese neuartigen Dienstleistungen, die für den OEM in Zukunft wirtschaftlichen Erfolg bedeuten können: „Das Zukunftsversprechen dieser daten- und softwaregetriebenen Dienste ist eine besonders gute Rendite. Um diese einzufahren, braucht es auf der einen Seite neue Fahrzeugarchitekturen und auf der anderen Seite entsprechende digitale Ökosysteme.“ Und obwohl einige Hersteller sich hier bereits ein beachtenswertes Portfolio aufgebaut haben, gibt es für die Autobranche noch viel zu tun. „Das ist erst der Beginn einer datengetriebenen Wertschöpfung, die in den nächsten Jahren zur vollen Entfaltung kommen wird“, prognostiziert der Autoexperte.

Zur Studie:

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Alle weiteren Rankings, Fakten und Hintergründe sowie das Gesamtergebnis der CCI-Studie lesen Sie in der exklusiven Summary oder der Langfassung, die hier zum kostenlosen Download zur Verfügung stehen. Basis der Studie ist die Innovationsdatenbank des Center of Automotive Management (CAM). Die Diskussion zur Studie sowie eine Prämierung des innovativsten Autobauers erfolgt auf dem Connected Car Innovation Summit 2022 in Hannover.

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