Seit Jahrzehnten träumen die Autohersteller davon, dass die Fahrzeuge auf der Straße miteinander kommunizieren könnten. Es geht um die sogenannte Car-to-car- oder Car-to-x-Kommunikation. So könnte ein vorausfahrendes Auto den nachfolgenden Verkehr über einen Unfall oder eine Gefahrenstelle aufklären, noch bevor diese für die anderen Autofahrer erkennbar wäre. Das Problem mit dem zähen Erstellen einer Rettungsgasse wäre ebenfalls deutlich minimiert. Polizei- und Rettungsfahrzeuge hätten einen Sender an Bord, der die anderen Fahrzeuge vorab warnt und somit auffordert, zur Seite zu fahren. 5G basiert auf 4G/UMTS, bietet mit bis zu 10 Gbit pro Sekunde jedoch eine deutlich höhere Datenrate. 5G ist rund 100 mal schneller als 4G und ermöglichst somit Kommunikation in nahezu Echtzeit.

Ende vergangenen Jahres stimmte die zuständige Federal Communications Comission (FCC) für die Neuzuweisung von 75 MHz des Spektrums, das zuvor für Dedicated Short-Range Communications (DSRC)-Dienste zugewiesen war. Jahrelang wurde DSRC als Schlüssel zur Erschließung von Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Anwendungsfällen und zur Erhöhung der Sicherheitsfunktionen angesehen. Die FCC-Entscheidung bedeutet jedoch, dass DSRC gebremst wird und stattdessen Cellular V2X (C-V2X) aufs Gas steigt. In vielerlei Hinsicht spiegelt die FCC-Entscheidung die wachsende Bedeutung von Konnektivität in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens wider. Von IoT-Anwendungen über das Versprechen von intelligenten Städten sowie intelligenten Fahrzeugen bis hin zur einfachen Möglichkeit, Unterhaltungen zu streamen, wann immer wir wollen und wo immer wir sind. Konnektivität wird zu einem Teil der täglichen Infrastruktur, der genauso wichtig ist wie gute Straßen und Autobahnen. Die ersten Fahrzeuge mit der neuen 5G-Technik kommen jetzt auf die Straßen. Im Jahre 2023 sollen es nach Berechnungen der Analysten von IHS mehr als 70 Automarken weltweit sein. Mittelfristig wird kein Auto mehr ohne 5G-Funktechnik auf den Markt kommen.

"Für die Autohersteller bringt diese zunehmende Abhängigkeit von der Konnektivität sowohl Vorteile als auch potenzielle Risiken mit sich", erläutert IHS-Experte Patrick Linder, "der schnelle Datenturbo 5G verspricht eine höhere Kapazität, stark verbesserte Geschwindigkeiten und durch eine deutlich geringere Verzögerung nahezu Kommunikation in Echtzeit. Im Kontext von C-V2X-Anwendungen bedeutet dies erweiterte Infotainment-Optionen, die Fähigkeit, mehr und mehr Autos gleichzeitig miteinander zu verbinden, und deutlich verbesserte Sicherheitsfunktionen." In der Tat machen diese Vorteile 5G zu einem wichtigen Eckpfeiler für eine Zukunft, in der alle Autos ständig miteinander, mit Fußgängern, Radfahrern sowie stationären Einrichtungen der Stadt- und Straßeninfrastruktur in Verbindung stehen.

Frequenzen werden aufgeteilt

Andererseits wird mit der wachsenden Abhängigkeit von der Konnektivität jede Unterbrechung des Dienstes problematisch. Fahrer und Auto sind so abhängig von einer entsprechend schnellen Datenverbindung wie von den Reifen, auf denen das Auto rollt. Sollte die Konnektivität einmal ausfallen, fehlen wichtige Fahrzeugfunktionen - anzunehmen, dass für einen Ausfall eher dem Auto als dem Mobilfunknetz die Schuld gegeben wird. Aus dieser Perspektive könnten Hersteller, die die robustesten und widerstandsfähigsten C-V2X-Konnektivitätssysteme entwickeln, in der Außenwirkung einen wichtigen Vorteil für die Zukunft haben, den sie auch in Erträge ummünzen können. Die FCC-Entscheidung teilt die 75 MHz des DSRC-Spektrums (5,850 - 5,925 GHz) in zwei Teile auf: Die oberen 30 MHz werden ausschließlich für C-V2X reserviert, während die unteren 45 MHz für die unlizenzierte Nutzung übrig bleiben.

"Bei dem IHS-Ableger RootMetrics testen wir ständig nicht nur 5G, sondern auch, wie sich die verschiedenen Frequenzbänder verhalten", so Patrick Linder, "die gute Nachricht ist, dass dieses 5,9-GHz-Band sowohl hohe Geschwindigkeiten als auch eine gute Abdeckung bieten sollte. Wir sind jedoch daran interessiert, zu erfahren, ob es ausreicht, nur 30 MHz für C-V2X zu reservieren, vor allem, wenn unser Bedarf an Konnektivität weiter wächst."

Nächster Schritt: 6G

Doch die 5G-Technik spielt in der Automobilbranche nicht nur eine wichtige Rolle an Bord von Fahrzeugen, sondern auch bei der Vernetzung der unterschiedlichen Logistiklösungen. BMW testet die 5G-Funknetztechnologie beispielsweise im Werk Dingolfing als Versuchsnetz. Mit dem neuen Mobilfunkstandard lassen sich große Datenmengen in kürzester Zeit übertragen. 5G ermöglicht so die Echtzeit-Vernetzung von Maschinen und Anlagen. In der Fertigung in China hat das Joint Venture BMW Brilliance Automotive bereits alle drei Werke flächendeckend mit dem 5G-Mobilfunknetz ausgestattet. Langfristiges Ziel ist es, an allen weltweiten Werksstandorten der BMW Group ein 5G-Netz aufzubauen. In verschiedenen Teilprojekten wird der Einsatz von Logistikrobotern, mobilen Geräten und digitalen Displays im Logistikprozess erforscht und die Vernetzung der verschiedenen Systeme erprobt. Peter Kiermaier, Leiter Logistikplanung im BMW Group Werk Dingolfing: "Mithilfe der neuen Technologien wollen wir außerdem die Transparenz in konventionellen Prozessen erhöhen und die reibungslose Kopplung von manuellen und autonomen Technologien ermöglichen."

Doch bei 5G - gerade in den ersten Mobiltelefonen im Alltag zu nutzen - wird es nicht bleiben. Noch komplexer wird es mit der nächsten Generation 6G, an der bereits eifrig experimentiert wird. Beispiele für Leistungsanforderungen in Verbindung mit 6G sind eine Spitzendatenrate von 1.000 Gigabit pro Sekunde und eine Luftlatenzzeit von weniger als 100 Mikrosekunden, was der 50-fachen Spitzendatenrate und einem Zehntel der Latenzzeit von 5G entspricht. "Die Verbreitung von 5G befindet sich zwar noch im Anfangsstadium, allerdings kann man nicht früh genug mit den Vorbereitungen für 6G beginnen. Normalerweise vergehen etwa zehn Jahre zwischen dem Beginn der Forschung und der Kommerzialisierung eines neuen Mobilfunkstandards", erklärt Sunghyun Choi, Entwicklungsleiter bei Samsung, "indem wir auf den Erkenntnissen aufbauen, die wir unter anderem während der Entwicklung der 5G-Technologie erlangen konnten, haben wir indirekt die Entwicklung von 6G in Gang gesetzt."

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