Konzern bestätigt Medienbericht
Stellantis stoppt Marktstart für autonomes Fahren auf Level 3
Ein milliardenschweres Zukunftsprojekt auf Eis: Stellantis stoppt die Markteinführung seines Level-3-Systems, weil die Nachfrage fehlt.
(Bild: Stellantis)
Stellantis hat die Einführung seines ersten Level-3-Systems AutoDrive gestoppt. Der Konzern verschiebt damit zentrale Teile seiner Softwarestrategie, obwohl die Technologie nach internen Angaben serienreif ist. Die Gründe liegen woanders.
Stellantis hat laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters sein erstes Level-3-Assistenzsystem vorerst auf Eis gelegt. Mittlerweile hat das Unternehmen den Stopp der Markteinführung bestätigt. Damit verabschiedet sich der Automobilhersteller zumindest kurzfristig von einem der ambitioniertesten Technologieprojekte der vergangenen Jahre. Der Schritt zeigt, wie schwierig es für traditionelle Hersteller ist, im Rennen um autonomes Fahren mit Tesla und den chinesischen Wettbewerbern mitzuhalten.
Was Stellantis geplant hatte und was es zum Stopp sagt
Das im Februar 2025 vorgestellte und inhouse entwickelte STLA AutoDrive-1.0-System sollte Fahrern erlauben, unter bestimmten Bedingungen die Hände vom Lenkrad zu nehmen und den Blick von der Straße abzuwenden – also E-Mails lesen, Filme schauen oder ein Buch aufschlagen. Nach Unternehmensangaben sei die Technik vollständig entwickelt und einsatzbereit. Doch eine Markteinführung findet nicht statt, da die Nachfrage derzeit zu gering sei.
Reuters berichtet unter Berufung auf drei mit der Sache vertraute Personen, dass das Projekt de facto eingefroren ist und eine Markteinführung nicht erwartet wird. Stellantis selbst vermeidet zwar das Wort „Abbruch“, verweist aber darauf, dass die Arbeit am AutoDrive-Programm künftige Generationen unterstützen werde. Auf Nachfrage von automotiveIT hat sich ein Unternehmenssprecher geäußert: „Zur Klarstellung: Es ist nicht richtig, von einem Entwicklungsstopp zu sprechen. Die interne Entwicklung von Level 3 für STLA AutoDrive 1.0 ist abgeschlossen: Die Technologie ist heute verfügbar und einsatzbereit. Der Markt für autonomes Fahren der Stufe 3 ist jedoch derzeit sehr begrenzt. Wir haben die strategische Entscheidung getroffen, die Technologie zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf den Markt zu bringen. Sobald sich der Markt öffnet und aufnahmefähiger wird, werden wir mit der Einführung dieser fortschrittlichen Technologie fortfahren.“
Milliardeninvestitionen mit unklarem Return
Der Konzern hatte AutoDrive 2021 als einen der drei Grundpfeiler seiner Softwarestrategie angekündigt. Ziel war, Autos softwarezentriert (Software-Defined Vehicled) zu gestalten und ähnlich wie bei Smartphones regelmäßig Updates auszurollen. Damit sollte ein Milliardenmarkt für Software-Features und Abo-Modelle entstehen. Stellantis hatte sich bis 2030 Einnahmen von 20 Milliarden Euro aus diesem Segment erhofft.
Doch wie Reuters berichtet, sind die Kosten für Level-3-Programme hoch, während das Risiko des Scheiterns direkt beim Hersteller liegt. Branchenexperten sprechen von einem „High Investment for High Risk“. Viele Wettbewerber kämpfen mit denselben Problemen: steigenden Kosten, Fachkräftemangel und der Schwerfälligkeit jahrzehntealter Strukturen.
Kurswechsel: Kooperation statt Eigenentwicklung
Ein deutliches Signal ist auch, dass Stellantis die Partnerschaft mit Amazon beim SmartCockpit beendet hat und künftig auf Android setzt. Statt alles selbst zu entwickeln, will der Konzern enger mit spezialisierten Zulieferern zusammenarbeiten. Die ungarische KI-Firma aiMotive, die 2022 übernommen wurde, soll nun die nächste Generation von AutoDrive vorantreiben. Ob dabei jemals wieder ein Level-3-System auf die Agenda kommt, bleibt offen.
Kontext: Turbulente Zeiten für Stellantis
Die Entscheidung, seine Marktpläne für Level-3 zu stoppen, fällt in eine Phase, in der das Unternehmen unter Druck steht. Nach dem Rücktritt von Langzeitchef Carlos Tavares im Vorjahr hat der neue CEO Antonio Filosa die Aufgabe, den Konzern neu auszurichten. Fahrerassistenzsysteme wie AutoDrive bleiben für die Branche aber ein Schlüssel: Einerseits, um Zusatzumsätze durch Funktionen im Abo zu generieren, andererseits als Vorstufe für vollständig autonome Fahrzeuge. Für Stellantis ist der Rückzug vom Level-3-Pfad also kein endgültiges Ende, sondern eher eine strategische Pause.