Cariad Messestand

Cariad wird künftig deutlich kleiner. Für den Betriebsrat könnte ein Stellenabbau Projektziele gefährden. (Bild: Cariad)

Wenig hörte man in der jüngeren Vergangenheit von Volkswagens Softwaretochter Cariad, die Schlagzeilen rund um das Software-Defined Vehicle bei den Wolfsburgern bestimmte zuletzt die neue, milliardenschwere Partnerschaft mit dem US-Hersteller Rivian. In dem Zusammenhang stellte sich auch die Frage, welche Rolle Cariad in Zukunft spielen würde. Nun wurde bekannt, dass das Unternehmen 30 Prozent seiner Belegschaft bis zum Jahresende abbauen wird. Von 5.900 Mitarbeitern wären das rund 1.600 Stellen. Das Handelsblatt berichtete zuerst darüber.

Wie ein Sprecher auf Anfrage bestätigte, erfolgt der Stellenabbau im Rahmen des bereits 2023 verabschiedeten Transformationsplans, der eine Reduzierung der Mitarbeiter in den technischen Bereichen um die genannten 30 Prozent vorsehe. Diese solle im Rahmen eines Freiwilligenprogramms sowie sozial verträglich, beispielsweise über Altersteilzeit und ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen. Cariad hatte dies den Mitarbeitern auf Betriebsversammlungen in Wolfsburg, Berlin und Ingolstadt mitgeteilt.

„Bereits im vergangenen Jahr haben wir die Organisation als interner Software-Solutions-Entwickler mit höherer Eigenleistung effizienter aufgestellt und passen nun auch die Beschäftigtenzahl entsprechend an“, sagte der Sprecher gegenüber automotiveIT. In enger Zusammenarbeit mit den Marken habe man die Qualität in der Software verbessert und die Lieferfähigkeit erhöht. „Die Erfolge sind sichtbar“, so der Sprecher.

Betriebsrat nennt Abbau-Zahl „frei erfunden“

Die von Cariad verkündete Maßnahme stößt derweil auf Widerspruch beim Beitriebsrat. Die vom Unternehmen genannte Zahl von 1.600 Stellen, die bis Jahresende wegfallen sollen, sei „frei erfunden“, heißt es in einer Mitteilung der Arbeitnehmervertretung. Es gebe keinerlei Vereinbarungen zu konkreten Abbauzahlen. Und auch auf den Betriebsversammlungen am Dienstag sei eine solche Zahl nicht genannt worden.

Laut Betriebsrat wurde bisher nur vereinbart, Verhandlungen zu einem sogenannten Freiwilligenprogramm abzuschließen. Es seien aber keinerlei Abbauzahlen festgeschrieben worden. Ferner sei vereinbart worden, in weitere Verhandlungen mit dem Ziel zusätzlicher Arbeitsplatz- und Beschäftigungssicherung zu gehen.

„Unser Standpunkt war, ist und bleibt: Die Lieferfähigkeit von Cariad ist oberstes Gebot“, heißt es in einem Schreiben des Betriebsrats. „Ein pauschaler Stellenabbau gefährdet dabei das Erreichen von harten Projektzielen, die für Fahrzeuganläufe der Marken Volkswagen, Audi und Porsche entscheidend sind.“ Zunächst müsse das Unternehmen Effizienzen heben, „bevor wir über einen Wegfall von Stellen sprechen können“.

Auf einer erneute Anfrage von automotiveIT gibt sich die Cariad-Kommunikation zu den Aussagen des Betriebsrats diplomatisch: „Wir setzen auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat und möchten Stände und Resultate unserer Zusammenarbeit nicht weiter kommentieren.“

Volkswagen setzt beim SDV auf externe Partner

Trotz des neuerlichen Strategieschwenks von Konzernchef Oliver Blume, beim Thema Software verstärkt auf Partnerschaften unter anderem mit Mitbewerbern wie Rivian in den USA oder Xpeng in China zu setzen, soll Cariad weiterhin eine zentrale Softwareeinheit bleiben. Im Konzern würden Querschnittsfunktionen wie autonomes Fahren, Infotainment sowie Datenmanagement, Cloud-Services und Backend weiterhin zum Aufgabenfeld der 2019 gegründeten Software-Tochter gehören, heißt es dazu. Auch in der neuen Kooperation mit Rivian soll Cariad Expertise einbringen, man habe einen Teil der Entwickler für das SDV-Projekt abgestellt, so der Sprecher.

Cariad wurde vor sechs Jahren ins Leben gerufen, da der damalige VW-Konzernchef Herbert Diess die Eigenleistungsquote bei der Fahrzeugsoftware deutlich nach oben schrauben wollte. In der Folge kam es immer wieder zu Verzögerungen bei Fahrzeuganläufen, weil entsprechender Softwarecode nicht rechtzeitig fertig wurde, unter anderem beim Audi Q6 e-tron oder dem Porsche Macan.

 

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