Testfahrten im Winter haben so ihre Eigenarten. Insbesondere, wenn es sich um Elektroautos handelt. Denn auch wenn unser Fokus primär auf dem ADAS- und UX-Erlebnis liegt, so spielt doch die Reichweite stets eine tragende Rolle in Bezug auf das Erlebnis. Noch immer tun sich viele Hersteller schwer, Modelle zu entwickeln, die die versprochene Leistung auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt aufrechterhalten. Damit sich die Elektromobilität aber durchsetzt, hängt eben sehr vieles genau an diesem Punkt – die vielbeschworene Alltagstauglichkeit. In diesem Kontext erscheint die jahrelange Verspätung der PPE-Modelle aus dem VW-Konzern etwas nachvollziehbarer. Denn das, was der Porsche Macan 4 in diesem Bereich abliefert, ist wahrlich hervorragend. Ganz egal, wie schnell oder langsam wir unterwegs waren – die angezeigte Restreichweite stimmte immer extrem genau. So fiel es leicht, den Fokus schnell auf jene Funktionen zu legen, die im Folgenden primär Gegenstand der Betrachtung sind.
Schon beim ersten Eindruck überzeugt das Cockpit des Macan mit einem aufgeräumten und intuitiven Design. Das Lenkrad ist funktional gestaltet und bietet sechs Knöpfe sowie einen Drive-Mode-Schalter, mit dem die Fahrmodi Normal, Sport und Sport Plus ausgewählt werden können. Der Tempomat ist über einen separaten Hebel auf der linken Seite erreichbar, was für Nutzer anderer VW-Konzernfahrzeuge angenehm vertraut daherkommt. Das Cockpit-Design verbindet Eleganz mit Sportlichkeit. Hochwertige Materialien und eine präzise Verarbeitung unterstreichen den Premium-Anspruch von Porsche. Auffällig ist auch die klassische Porsche-Uhr auf dem Armaturenbrett. Die Ambientebeleuchtung, die in verschiedenen Farben einstellbar ist, sorgt für eine moderne Atmosphäre.
Infotainment: Intuitive Bedienung und starke App
Das Infotainment-System des Macan 4 basiert auf Android Automotive OS. Das zentrale Display des Macan ist übersichtlich aufgebaut und ermöglicht einen schnellen Zugriff auf wesentliche Funktionen wie Navigation, Telefon, Fahrzeugeinstellungen und Musik.
Besonders gelungen ist den Entwicklern die Porsche App, welche es ermöglicht, Routen im Voraus zu planen und ans Fahrzeug zu senden. Zwar ist das keine Besonderheit mehr, doch gerade auf Langstrecken bietet diese Funktion einen echten Mehrwert, da Ladestopps und Ankunftszeiten wirklich zuverlässig berechnet werden. Auch die Integration von Apple Car Play funktioniert reibungslos. Nutzer können Siri von Apple oder den Porsche-Sprachassistenten verwenden. Während Siri vielseitig einsetzbar ist, beschränkt sich der Porsche-Assistent stärker auf fahrzeugspezifische Funktionen. Hier kann Porsche wie die Konkurrenz nicht unbedingt mit guter Performance punkten.
Das Head-Up-Display bietet eine klare und gut lesbare Darstellung von Geschwindigkeit, Akkustand und Navigationshinweisen. Allerdings könnten die Navigationspfeile kleiner gestaltet sein, um weniger abzulenken. Insgesamt erfüllt das System jedoch seinen Zweck und unterstützt den Fahrer effektiv. Eine Besonderheit ist das 10,9-Zoll-Display auf der Beifahrerseite. So kann auch der Kopilot Inhalte des Zentraldisplays abrufen, Einstellungen vornehmen oder Videos zu streamen, sogar während der Fahrt. Unterhaltungsmöglichkeiten wie YouTube, Live-TV in der ZDF-Mediathek oder Spiele wie eine Karaoke-App sind State of the Art.
Beim Laden kommt tatsächlich Freude auf
Egal wie viel Spaß Karaoke im Auto auch macht – wenn das Fahrzeug nicht vernünftig lädt und zuverlässige Angaben macht, ist jede gute UX schnell passé. Damit genau das nicht passiert, hat man sich bei der Entwicklung der PPE-Plattform sehr viel Zeit genommen. Und das hat sich gelohnt: Die Hochvoltbatterie hat einen 100 kWh Brutto-Energieinhalt, 800-Volt-Laden (DC) ist mit bis zu 270 kW möglich. Der Ladezustand können so in rund 21 Minuten von zehn auf 80 Prozent angehoben werden, verspricht Porsche. Und tatsächlich stimmt das auch. Der Verbrauch des Macan 4 lag im Test bei 23,6 kWh/100 km bei Außentemperaturen von 2,5 Grad Celsius. Die Routenplanung über den Porsche Charging Planner funktionierte ausnahmslos hervorragend. Dabei kann man jederzeit flexibel die gewünschte Stromladung am Ende der Route anpassen und sofort aktualisiert sich die Route – auch während des Ladevorgangs.
Porsche-Sound darf nicht fehlen
Um den Schmerz, den Porsche-Fans ob der nicht mehr vorhandenen Motorengeräusche verspüren, etwas zu lindern, haben sich die Stuttgarter etwas einfallen lassen. Das Fahrgefühl wird durch den speziell für das SUV entwickelten Porsche Electric Sport Sound ergänzt. Ein Steuerungsalgorithmus passt dabei den Klang an die Fahrsituation sowie die Drehmomente und Drehzahlen der E-Maschinen an. Der Sound des Macan wird dann sowohl über das Entertainment-Soundsystem als auch über zwei Außensound-Lautsprecher wiedergegeben.
Apropos Sound: Die Macan-Modelle bieten serienmäßig das Sound Package Plus mit zehn Lautsprechern und einer Gesamtleistung von 150 Watt. Für ein noch intensiveres Klangerlebnis stehen die optionalen Sound-Systeme von Bose und Burmester zur Verfügung. In unserem Testwagen war das Bose Surround Sound-System mit 14 Lautsprechern, einem separaten Subwoofer, 14 Verstärkerkanälen und einer Gesamtleistung von 710 Watt verbaut. Der Subwoofer ist unter dem Ladeboden integriert, wodurch das Kofferraumvolumen etwas leidet. Im Vergleich zu anderen Premium-Herstellern, die auf Bowers&Wilkins oder Harman/Kardon setzen, kann das Bose-System nicht ganz mithalten, wenngleich das Meckern auf sehr hohem Niveau ist.
Bis zu 30 Sekunden freihändig ohne Eingriff
Der Macan ist mit einer Vielzahl moderner Assistenzsysteme ausgestattet. Dazu zählen unter anderem ein Spurhalteassistent, ein Kollisionswarnsystem, ein Kreuzungsassistent und ein Abstandsregeltempomat. Die Assistenzsysteme sind individuell konfigurierbar und lassen sich bei Bedarf an- und ausschalten. Besonders hervorzuheben ist die visuelle Rückmeldung im Display: Ist das assistierte Fahren aktiviert, leuchtet das Lenkrad grün. Bei deaktivierter Assistenz leuchtet es nicht und der Fahrer übernimmt die vollständige Kontrolle. Während der Fahrt zeigt sich, dass das System zuverlässig arbeitet. Es vergehen bis zu 15 Sekunden, bevor ein orangenes Warnsymbol erscheint, wenn das Lenkrad nicht berührt wird. Nach weiteren 15 Sekunden blinkt das Symbol rot. Dies ermöglicht es dem Fahrer, für einen kurzen Zeitraum freihändig zu fahren, ohne dass die Systeme eingreifen. In den meisten Fällen funktioniert das sehr gut, insbesondere auf Autobahnen und gut markierten Straßen. Auf der Autobahn hält der Abstandsregeltempomat zuverlässig den Abstand zum Vordermann und beschleunigt sanft nach einem Bremsvorgang. Besonders auf langen Strecken sorgt dieses System für Entlastung.
Schwächen zeigt das System dagegen bei fehlenden Fahrbahnmarkierungen innerorts. Hier ist Vorsicht geboten, da die Spurführung gelegentlich inkonsistent agiert. Positiv dagegen die Performance in engen Straßen: Bei Tempo 30 funktioniert das System gut. Die ACC erkennt andere Fahrzeuge am Straßenrand und bremst richtig ab. In Sachen Umgebungswahrnehmung haben die Porsche-Entwickler gute Arbeit geleistet.
Auch das 12,6 Zoll große, volldigitale Curved Display, freistehend und direkt in der Blickachse des Fahrers positioniert, sowie ein ein zentraler Assistenz-Screen erleichtern die Bedienung der Fahrerassistenzsysteme und bieten eine gute, übersichtliche Visualisierung. Über die Lenkradtasten kann der Fahrer die Darstellung des Kombiinstruments sowie des optionalen Augmented-Reality-Head-up-Displays individuell anpassen. Das haben selbst Menschen, die noch kein Auto aus dem VW-Konzern gefahren sind, schnell verinnerlicht.
Fazit
Der elektrische Macan macht einfach nur Spaß. Wer sich so ein Auto leisten kann, macht damit sicher nichts falsch. Ebenso wie die herausragenden Fahreigenschaften überzeugen auch die Bedienbarkeit sowie die Assistenzfunktionen des "gebürtigen" Leipzigers. Besondere Highlights sind das Beifahrer-Display, die intuitiven Einstellungsmöglichkeiten, die Porsche-App sowie das Feintuning beim assistierten Fahren auf Autobahnen.