IT-Mitarbeiter mit Laptop vor Server / Autobranche: IT-Abteilungen müssen den Gürtel enger schnallen

In der IT der Autobranche stehen 2023 vor allem Effizienz und Kostendisziplin auf der Agenda. (Bild: Adobe Stock / Noman_Soul)

Die Autoindustrie plant, die eigenen Expansionspläne im Jahr 2023 deutlicher zurückzufahren als die Gesamtwirtschaft. Dies liegt nicht nur an der Energiekrise, sondern auch an den Lieferproblemen des vergangenen Jahres, wegen denen die Produktion immer wieder gedrosselt werden musste. Mit einer grundlegenden Wende in diesem Jahr rechnet in der Branche kaum jemand. Zu diesem Ergebnis kommt eine Sonderauswertung der Capgemini IT-Trends-Studie 2023, die automotiveIT exklusiv vorliegt. Trotz der schwierigen Lage, sei die Autobranche 2022 jedoch insgesamt wirtschaftlich erfolgreich gewesen, erklärt Ralf Blessmann, Executive Vice President und Leiter des Automotive Sektors bei Capgemini in Deutschland. Dies sei vor allem auf ihre hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zurückzuführen.

Effizienz steht im Fokus der IT-Agenda

An die IT stellen Automobilkonzerne in diesem Jahr vor allem Anforderungen hinsichtlich einer höheren Effizienz und geringerer Kosten. Vergleichsweise in den Hintergrund treten auf der Prioritätenliste hingegen die Kundenansprache und die Verkürzung von Entwicklungszeiten.

Die höhere Kostendisziplin schlägt sich auch in den IT-Budgets der Unternehmen nieder: In diesem Jahr werden die IT-Ausgaben nur noch bei knapp 43 Prozent der Studienteilnehmer steigen, im Vorjahr rechneten noch 76 Prozent mit Erhöhungen. Damit schränkt die Automobilbranche die Budget-Erhöhungen deutlicher ein als die Gesamtwirtschaft, in der 2022 knapp 74 Prozent und in diesem Jahr noch 52 Prozent der CIOs mehr Geld als im Vorjahr erhalten oder erhalten haben.

Autobranche ist Vorreiter bei KI-Einsatz

Um die Effizienz in der Datenauswertung zu erhöhen, setzt die Autoindustrie derweil deutlich stärker auf KI als viele andere Branchen. Während sich in der Wirtschaft insgesamt 40,5 Prozent der Teilnehmenden intensiv oder sehr intensiv mit intelligenten Technologien auseinandersetzen, sind es in der Automobilindustrie 50,1 Prozent der Befragten.

Da die Datenverfügbarkeit bei Automobilkonzernen hoch ist, sind die Voraussetzungen für KI-Nutzung gut. Während in Unternehmen im Durchschnitt nur knapp 59 Prozent aller Daten uneingeschränkt genutzt werden können, sind es in der Automobilbranche 66 Prozent. Dennoch gibt es – wie in vielen anderen Unternehmen – Probleme mit Datensilos. Eingesetzt werden intelligente Technologien in der Automobilbranche vor allem für Simulationen und Vorhersagen, beispielsweise über die Entwicklung des Marktes oder die Veränderung von Kundenverhalten.

Stabile Lieferketten und Nachhaltigkeit rücken in den IT-Fokus

Hohe Priorität beim Einsatz smarter Daten-Tools genießt auch die Optimierung von Lieferketten. Traditionell sei die Autobranche in diesem Bereich stark aufgestellt, in den kommenden Jahren könnte sich dieser Vorsprung sogar ausbauen, so das Fazit der Studienautoren. Möglich sei dies durch die konsequente Modernisierung der IT in den vergangenen Jahren.

Im Bereich Klimaschutz hat die Automobilindustrie ähnliche Pläne wie die übrige Wirtschaft: Die Emissionen sollen in den kommenden fünf Jahren um knapp 42 Prozent gesenkt werden, der Durchschnitt aller Unternehmen liegt marginal darüber. Allerdings ist die Automobilbranche deutlich zuversichtlicher, diese Ziele auch zu erreichen: Der Durchschnittswert liegt auf einer Skala von 1 bis 5 („sehr wahrscheinlich“ bis „unrealistisch“) bei 1,85, der Durchschnitt der Wirtschaft liegt lediglich bei 2,12.

Auch in Sachen Nachhaltigkeit soll die IT der Autohersteller eine wichtige Rolle spielen: Fast die Hälfte der Einsparungen von Treibhausgasemissionen soll mit Hilfe digitaler Lösungen erreicht werden. Dabei steht die Fahrzeug- und Service-Entwicklung naturgemäß im Vordergrund, denn die Fahrzeugarchitektur entscheidet maßgeblich über die Klimabilanz eines Fahrzeuges. Allerdings soll die It auch dazu beitragen, den Energieverbrauch von Maschinen, Geräten und Anlagen zu reduzieren und - in etwas geringerem Umfang - auch Müll und Ausschuss zu reduzieren sowie Routen zu optimieren.

Autobranche leidet wenig unter Fachkräftemangel

Bei der Umsetzung der eigenen IT-Strategien profitiert die Autobranche von einem vergleichsweise geringeren Mangel an Experten und einer besseren demografischen Struktur in der eigenen Belegschaft. Die Autobranche bleibe offenbar sowohl für Berufseinsteiger als auch für erfahrene Fach- und Führungskräfte sehr attraktiv, kommentiert Capgemini-Experte Ralf Blessmann. „So kann sie die negativen Folgen des demografischen Wandels wahrscheinlich besser abfedern als viele andere Branchen.“

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