
Patrick Zimmermann ist Battery Production Data Scientist bei BMW. (Bild: BMW)
Mit der Neuen Klasse startet die BMW Group demnächst in eine neue Ära reinelektrischen Fahrens. Eine entscheidende Komponente im Elektrofahrzeug ist die Hochvoltbatterie. Für die Fertigung jener der sechsten Generation baut das Unternehmen fünf Montage-Standorte auf drei Kontinenten auf: Irlbach-Straßkirchen (Niederbayern), Debrecen (Ungarn), Shenyang (China), San Luis Potosí (Mexiko) und Woodruff (USA).
Bevor jedoch die Serienproduktion im großen Stil startet, werden die Produktionsprozesse entwickelt und Vorserien-Batterien auf Herz und Nieren getestet. Dies geschieht in den BMW-Pilotwerken für Hochvoltbatterien in Parsdorf, Hallbergmoos und im Münchner Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ). Patrick Zimmermann ist als IT-Projektleiter verantwortlich für die Umsetzung des Industrial Internet of Things (IIoT) und Data Analytics in der Hochvoltbatterie-Produktion. Bei ihm laufen die Fäden zusammen.
Was macht ein Battery Production Data Scientist?
„Ich koordiniere ein interdisziplinäres Team, das die gesamte Datenverarbeitungskette betrachtet: von der Datensammlung in den Produktionsanlagen über Edge-Applikationen bis hin zum Transfer der Daten zur Cloud und zu Analytics-Anwendungen“, erklärt Zimmermann. „Das Jobprofil erfordert zunächst ein gutes technisches Verständnis der Produktionstechnik unserer neuen Hochvoltbatterien.“ Zumal BMW bei der Herstellung ihrer neuen Hochvoltbatterien auf innovative teilweise gänzlich neue Fertigungsverfahren setzt.
„Natürlich sind IT-Kenntnisse erforderlich – mit Fokus auf Softwarearchitekturen zur Umsetzung von Data Analytics und künstlicher Intelligenz“, sagt der 35-Jährige, „Da in der Rolle als Projektleiter vor allem die Koordination verschiedener Teams im Vordergrund steht, ist das Verständnis der einzelnen Software-Bausteine sowie der Schnittstellen besonders wichtig.“
Die Themen Data Analytics und KI in der Produktion legten aktuell ein enormes Entwicklungstempo hin. Deshalb sei es wichtig, neue Ansätze im Blick zu behalten und zu beurteilen, ob sie für BMW geeignet sind; oder auch ob sie bisherige Lösungen (zum Beispiel wegen geringerer Kosten oder besserer Features) ersetzen können. „Eine der wichtigsten Aufgaben in meinem Job ist es, aus der Vielfalt der Technologien und Anwendungsfälle die richtige Option für unsere Produktion auszuwählen“, betont der Experte, „Nicht jede Analyse- oder KI-Lösung, die in einer bestimmten Branche oder einem Anwendungsfall hervorragende Ergebnisse erzielen konnte, lässt sich direkt auf die Batterieproduktion übertragen.“ Was taugt für die Produktion, was nicht? „Ich muss mit meinem Team eine Strategie erarbeiten, wie die notwendigen IT-Architekturen in einem Konzern wie der BMW Group ausgerollt werden können“, berichtet Zimmermann.
Analyse-Architektur für Batterien der Neuen Klasse
Sein bisher größtes Projekt war, die neue Analytics-Architektur in der Produktion von Hochvoltbatterien der sechsten Generation umgesetzt zu haben. „Das Besondere an diesem Projekt ist die durchgängige Verantwortung von der Datenbereitstellung, dem Datentransfer in die Cloud bis hin zu punktuellen oder sogar dauerhaften Analysen“, erklärt Zimmermann. „Dabei werden sowohl numerische Daten aus den Anlagen als auch Aufnahmen der in der Produktion verbauten Kameras betrachtet.“
Bei der Anlagenanbindung setzt BMW auf die Schnittstellentechnologie OPC UA. „Hierdurch können wir standardisierte digitale Zwillinge direkt in unseren Anlagen modellieren und vermeiden eine zusätzliche Datenaufbereitung“, betont der BMW-Mann. Die Daten werden in die Cloud des Konzerns transferiert und folgen in allen Produktionsstandorten der gleichen Datenstruktur. „Somit können wir weltweit standardisierte Analysedashboards ausrollen und beispielsweise Prozessoptimierungen noch schneller durchführen“, sagt Zimmermann.
In seinem Berufsalltag agiert er im Wesentlichen als Bindeglied zwischen Management und dem Projektteam. Dabei gilt es, die mit dem Management diskutierten Vorgaben für die Umsetzung zu schärfen und entsprechende Aufgaben und Ziele für das Team abzuleiten. „Ich persönlich finde es besonders spannend, IIoT & Data Analytics in so einem Umfang von Beginn an mitgestalten und realisieren zu dürfen“, sagt der Daten-Spezialist. In seinen früheren Positionen war dabei insbesondere die Integration der Datenbereitstellung in bereits bestehende Produktionssysteme eine der größten Herausforderungen. Dadurch, dass für die Hochvoltbatterie der Gen6 mehrere Werke auf der „grünen Wiese“ gebaut wurden, bot sich für Zimmermann ein völlig neuer Gestaltungsfreiraum: „Hier sind in der IT viel größere Sprünge möglich, als es bei einer Integration in bestehende Werke der Fall wäre.“
Diese Qualifikationen sollte man mitbringen
Doch welche Skills sollte man für diesen Job haben? Solide Kenntnisse im Bereich der Produktionstechnik sowie ein Verständnis für IT-Architekturen sind von Vorteil. In der Rolle als Projektleiter sei zudem Berufserfahrung wichtig, unterstreicht Zimmermann: „Man kann noch so viele Projektmanagement-Schulungen besuchen, aber letztlich gibt es hier kein allgemeines Erfolgsrezept.“ Soft Skills seien dabei oft wichtiger als die tatsächliche fachliche Expertise. Ohne die es natürlich auch nicht geht. Was Zimmermanns Werdegang zeigt: Nach seinem Studium der Fahrzeugtechnik hat er sich auf die Digitalisierung, insbesondere auf das Konzept der Industrie 4.0 in der Automatisierungstechnik fokussiert. Anschließend hat er im Bereich Data Analytics und Künstliche Intelligenz geforscht, wobei sein Schwerpunkt auf Datenmodellen und der Befähigung zur Anlagenanbindung in der Produktion lag, insbesondere bei seiner Arbeit am Fraunhofer-Institut. Schließlich hat er bei der BMW Group als IT-Projektleiter für das Industrial Internet of Things und Data Analytics begonnen.
Ein Job mit Zukunft?
Fest steht: Data Analytics und KI in der Produktion werden in den kommenden Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen. Historisch gesehen sind die Erneuerungszyklen von Maschinen und Anlagen in der Produktion eher lang, wodurch sich ein Vorsprung der Möglichkeiten der IT im Vergleich zur Operational Technology (OT), also dem Shopfloor eingestellt hat. Mit jedem neu eingeführten System, jeder neuen Produktionsanlage, können die Voraussetzungen zur Anwendung von Data Analytics um ein Vielfaches gesteigert werden, sagt Zimmermann: „Das volle Potenzial wird wohl erst in den kommenden Jahrzehnten ausgeschöpft werden können.“ Und das wird ohne Menschen wie ihn nicht gelingen.
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