
Michael Conrad studierte Wirtschaftsinformatik. (Bild: BMW)
Wie implementiert man künstliche Intelligenz im Unternehmen am besten? Einfach machen. Genauer gesagt: Mitarbeitende dazu befähigen. Und das in großem Stil. Dafür sorgt Michael Conrad. Er ist Head of Artificial Intelligence, Process Intelligence, Process Automation bei der BMW Group in München und hat eine Mission: „Wir bringen Künstliche Intelligenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette zum Einsatz: vom Einkauf über die Produktion bis zum Vertrieb“, sagt er. Sozusagen KI everywhere for everyone. Hunderte Anwendungen werden bei dem Autobauer bereits genutzt. Tendenz: stark steigend.
Das gelingt mithilfe der hauseigenen Data- und KI-Plattform, die, so Conrad, eine schnelle Skalierbarkeit von Use Cases im gesamten Unternehmen ermögliche. Einerseits durch die „Self-Service-Plattform“, auf der Mitarbeitende aller Fachbereiche und IT-Stellen in die Lage versetzt werden, eigene KI-Agenten für ihre Belange zu bauen und mit anderen zu teilen. Andererseits durch meist selbst entwickelte und maßgeschneiderte Applikationen für Experten des Autobauers, etwa Data Scientists. Beides verantwortet Conrad gewissermaßen als oberster KI-Creator im Haus.
KI zwischen Innovation und strategischer Weichenstellung
Sein spezialisiertes Plattformteam in der Münchner Zentrale zählt rund 60 Mitarbeitende. Hinzu kommen fast weitere 150 Entwickelnde, die auf mehrere Joint Venture DevOps-Hubs weltweit verteilt sind. „Wesentlich ist, dass wir eng mit den Fachabteilungen zusammenarbeiten, damit wir gemeinsam die richtigen Anwendungen entwickeln, um das Potenzial künstlicher Intelligenz für uns zu nutzen“, betont Conrad.
Etwa in der Produktion, Logistik oder im Kundenkontakt. So können BMW und Mini-Kunden 24/7 über einen Chatbot Fragen rund ums Auto stellen, von der Bedienung bis zur Wartung. In der Produktion hilft eine App namens AIQX (AI for Quality Inspection) bei der Qualitätssicherung und im Marketing unterstützt KI beim Texten von Kampagnen. Nur ein paar Beispiele. „Der Job ist unglaublich abwechslungsreich, spannend und bietet einen hohen Gestaltungsspielraum“, sagt Conrad.
Die hohe Dynamik der Technologie spiegelt sich in seinem nicht minder dynamisch verlaufenden Arbeitsalltag: Er muss schnell auf Innovationen reagieren, diese bewerten, abschätzen, ob und wie sie für BMW nützlich sein können - und gegebenenfalls die Strategie anpassen. Analysieren, evaluieren, gegebenenfalls pilotieren und implementieren – das zählt zu den Aufgaben der KI-Enabler. Wobei sich früher oder später die Frage „Make or Buy“ stellt – mit einem klaren Hang zu ersterem: „Wir achten darauf, KI-Kernkompetenz selbst im Unternehmen aufzubauen und nicht nur einzukaufen. Außerdem bewerten wir jeden Use-Case klar nach dem möglichen Return on Investment“, erklärt Conrad.
Was sind die Schlüsselkompetenzen eines KI-Enablers?
Um die richtigen Schlüsse zu ziehen, sei es in seinem Job wesentlich, im Unternehmen und der Branche gut vernetzt zu sein. „Zentrale Funktionen, Technologien, Algorithmen und KI-Prinzipien zu beherrschen ist wichtig, aber nicht alles. Man muss auch Geschäftsprozesse verstehen und fachlich einen Überblick haben, denn im Mittelpunkt steht immer der Nutzen für die Mitarbeitenden und das Unternehmen“, erklärt Conrad. Eine schnelle Auffassungsgabe, ein analytischer Blick und geistige Flexibilität kämen hinzu.
Ausbildungsseitig kann ein Studium der Wirtschaftsinformatik nicht schaden. Bei Conrad lief es so: Er studierte an der TU Dresden Wirtschaftsinformatik mit den Schwerpunkten Data Mining, Data Warehousing, Business Intelligence, Controlling und Statistik. „Ein Verständnis für Mathematik, Software und das Business sollten vorhanden sein“, sagt der 43-Jährige. Führungsqualitäten verstehen sich von selbst. Ebenso selbstredend: Kommunikationsstärke. Denn der Arbeitsalltag ist geprägt von Diskussionen, Abstimmungsrunden und Bedarfsanalysen mit einer Vielzahl von Stakeholdern. Nichts für reine Zahlenmenschen.
Wie BMW seine Datenstrategie skaliert
Und das, obwohl Conrads Position direkt aus dem Datenkosmos entstanden ist. Im Jahr 2019 gründete BMW ein Data Transformation Office, um nutzengetriebene Use Cases auf einer eigenen Datenplattform umzusetzen. Anschließend wurde dann die KI-Plattform immer weiter ausgebaut und standardisiert, um diese schneller skalieren zu können: Es war die Geburtsstunde für den zentralen Bereich Artificial Intelligence, Process Intelligence, Process Automation, den Conrad seit 2024 leitet.
Angesichts der raschen Fortschritte bei unternehmensweit agierenden KI-Agenten stellt sich die Frage, ob möglicherweise auch Conrads Job obsolet wird, weil sich die KI selbst weiterentwickelt? „Das sehe ich nicht, denn es wird immer Menschen benötigen, die KI weiterentwickeln und implementieren. KI befindet sich erst am Anfang“, ist sich Conrad sicher. Generell sieht er die Technologie nicht als Bedrohung, sondern als Unterstützer und Befähiger. Eine Botschaft, die er und sein Team ins Unternehmen tragen, um Mitarbeitenden etwaige Vorbehalte zu nehmen. Kurzum: KI ist die Zukunft und damit kann sich Conrad über einen krisenfesten Job freuen.