Autonome Fahrzeuge auf einem Highway vor einer Skyline.

Das autonome Fahren zählt zu den bedeutsamsten Zukunftstechnologien der Autobranche. (Bild: AdobeStock /JYPIX)

Das autonome Fahren galt lange Zeit als eines der Zukunftsthemen schlechthin, bis Coronakrise und Elektromobilität das Engagement der Autohersteller und Zulieferer zwangsweise schmälerten. Mittlerweile rückt das Thema wieder vermehrt in den Fokus, wie etwa die Innovationen der IAA sowie CES verdeutlichen, und die Akteure der Automobilindustrie tasten sich über neue Fahrerassistenzsysteme an die höheren SAE-Level heran. In unserem großen Überblick beleuchten wir, welche Hersteller dabei die größten Fortschritte verbuchen, wie sie sich mit Tech-Unternehmen arrangieren, wo die Technologie zuerst eingesetzt wird und welche Herausforderungen noch zu meistern sind. Denn eines ist klar: Autonomes Fahren stellt hohe Ansprüche an Technik, Infrastruktur und Recht.

Die Level des autonomen Fahrens:

Um den Grad der Automatisierung von Fahrzeugen zu beschreiben, wird seit 2014 die Norm J3016 der SAE International herangezogen. Sie klassifiziert die Systeme automatisierten Fahrens in sechs Stufen.

 

Level 0 – keine Automatisierung: Dem Fahrer obliegt die Fahraufgabe. Er wird lediglich durch Warnhinweise (Bsp.: Totwinkelassistent) oder situationsbezogene Assistenzsysteme (Notbremsassistent) unterstützt.

 

Level 1 – Fahrerassistenz: Der Fahrer übernimmt federführend die Fahraufgabe, wird aber fahrmodusabhängig durch jeweils einen Assistenten (Bsp.: Spurhalteassistent, Adaptive Cruise Control) entweder beim Lenken, Bremsen oder Beschleunigen unterstützt.

 

Level 2 – Teilautomatisierung: Mehrere Assistenzsysteme (Bsp.: Überhol- oder Einparkassistent) helfen dem Fahrer gleichzeitig beim Lenken, Bremsen oder Beschleunigen. Die Kontrolle und Umgebungsüberwachung liegt jedoch weiterhin beim Menschen.

 

Level 3 – Bedingte Automatisierung: Assistenzsysteme übernehmen große Teile der Fahraufgabe. Der Fahrer kann seine Aufmerksamkeit vorübergehend vom Straßenverkehr abwenden, muss allerdings übernahmebereit bleiben – etwa beim Stauassistenten auf der Autobahn.

 

Level 4 – Hochautomatisierung: Die Fahrzeugführung kann für bestimmte Fahrmodi (Bsp.: Autobahn oder Parkhaus) komplett an die Systeme abgegeben werden. Auch in Notsituationen ist kein Eingriff erforderlich. Falls noch Pedale und Lenkrad verbaut sind, ist weiterhin ein menschliches Eingreifen möglich.

 

Level 5 – Vollautomatisierung: Das Fahrzeug ist in allen Verkehrssituationen und bei allen Fahrbahn- und Umgebungsbedingungen vollends selbstständig. Der Fahrer muss (und kann) nicht mehr eingreifen.

Wer ist führend beim autonomen Fahren?

Neben der Elektromobilität ist das autonome Fahren bei den Automobilbauern in den letzten zehn Jahren zum wichtigsten Geschäftsfeld der Zukunft avanciert. Nach einem anfänglichen Hype, unter anderem befeuert durch das Vorpreschen Teslas, trat das Thema zuletzt in den Hintergrund. Mit der veränderten Rechtslage hierzulande greifen vor allem Premium-OEMs wie Daimler oder BMW mit eigener Entwicklungs-Power und Daten-Knowhow die nächsten Stufen des automatisierten Fahrens an. Denn der Wettlauf mit chinesischen Playern hat längst begonnen.

Bei der Vision selbstfahrender Autos suchen Volumen- und Premiumhersteller gleichermaßen den Schulterschluss mit Partnern. Mit ihnen wollen sie das autonome Fahren in die Breite bringen. Mittlerweile hoffen diverse Tech-Player wie Waymo oder Mobileye allerdings nicht nur auf Umsatzerfolge mit Robotaxi-Diensten, sie werden auch zur treibenden Kraft sowie Systemlieferanten. Die Testumfänge ihrer Selbstfahr-Plattformen werden weltweit ausgebaut und damit das Entwicklungstempo sowie der Druck auf die Autoindustrie erhöht.

Wie funktioniert ein autonomes Auto?

Je mehr Fahrzeuge künftig in die Rolle des Fahrers schlüpfen, umso mehr müssen sie ihre Sinne schärfen. Was Menschen nicht ohne Verrenkung gelingt, sollen Automobile mit Hilfe eines cleveren Sensorclusters beherrschen: den 360-Grad-Blick. Zur Sensierung des Umfelds bringen Autohersteller und Zulieferer derzeit Ultraschall-, Radar-, Lidar- und Kamerasysteme auf den neuesten Stand und vernetzen diese zu einem intelligenten Verbund. Damit werden zum einen Fahrerassistenzsysteme aufgewertet und zum anderen automatisierte Fahrfunktionen erst möglich.

Ist die Infrastruktur für autonomes Fahren gewappnet?

Leistungsstarke Sensorik allein wird indes nicht ausreichen, um die Vision einer vollautonomen Mobilität zu erfüllen. Für eine sichere Fortbewegung müssen selbstlenkende Automobile zum aktiv kommunizierenden Teil einer vernetzten Infrastruktur werden. Der Echtzeit-Austausch von Informationen zwischen Fahrzeugen (Car-to-Car) und der Infrastruktur (Car-to-X) kann autonomen Fahrzeugen beispielsweise in Situationen helfen, in denen die Bordsensoren versagen. Doch noch gibt es Probleme: Zum einen konnte sich die Industrie bislang auf keinen einheitlichen Kommunikationsstandard einigen, zum anderen ist weiterhin offen, ob zum Beispiel der Mobilfunkstandard 5G überhaupt für hochentwickelte Roboautos ausreicht.

Ist autonomes Fahren in Deutschland erlaubt?

Mit der im Juli 2021 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle will Deutschland eine Vorreiterrolle beim autonomen Fahren einnehmen. Fortan ist der Einsatz von Kraftfahrzeugen auf SAE-Level 4 in einem festgelegten Betriebsbereich möglich. Damit adressiert der Gesetzgeber jedoch vornehmlich Personen- und Gütertransportanbieter, weshalb sich bislang auch die Halterhaftung durchgesetzt hat. Diese würde Autohersteller und Zulieferer bei autonomen Privat-Pkw zu sehr aus der Verantwortung nehmen, so die Kritiker. Auch verfassungsrechtliche und ethische Fragen sind längst nicht abschließend geklärt.

Wo werden autonome Fahrzeuge zuerst eingesetzt?

Nicht nur der Individualverkehr der Zukunft wird von Automatisierungstechnologien profitieren. Schon seit einigen Jahren probieren sich vor allem regionale Verkehrsverbünde im Schulterschluss mit Forschungseinrichtungen und der Industrie an autonomen Mobilitätskonzepten als Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr. Sogenannte People Mover, kleine elektrische und selbststeuernde Shuttlebusse, könnten künftig eine ertragreiche Alternative für die letzten Meile der Mobilität werden. Doch noch sind die Shuttle-Projekte ihren Kinderschuhen nicht entwachsen. Gleiches gilt für den Schwerlastverkehr: Zwar könnte die Logistik schneller von der Automatisierung profitieren als der Pkw-Verkehr, doch der entscheidende Push lässt auch hier auf sich warten.

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