Auf der CES 2025 in Las Vegas gibt BMW Einblicke in das Innenraum-Design der Neuen Klasse.

Auf der CES 2025 in Las Vegas gibt BMW Einblicke in das Innenraum-Design der Neuen Klasse. (Bild: BMW)

Solange die Zündung aus ist, geht der Blick noch ins Leere, doch sobald die Neue Klasse erwacht, gehen dem BMW-Fahrer von Morgen die Augen über: Mit dem Start der neuen Modellfamilie, die Ende 2025 und Anfang 2026 mit einem iX3 und einem i3 ihren Einstand geben wird, ist das konventionelle Cockpit endgültig Geschichte. Ein schmales Band unter der Frontscheibe wird auf der vollen Breite zum zentralen Anzeigeinstrument und eröffnet allen Insassen völlig neue Perspektiven. „Panoramic iDrive“ nennt Entwicklungschef Frank Weber das System und stuft es als ähnlich große Revolution ein wie vor 25 Jahren den ersten iDrive für den Siebener, in dem man sich plötzlich mit einem Drehknopf auf dem Mitteltunnel durch immer länger werdende Listen toggeln und seine Auswahl mit einem Druck bestätigen konnte.

Wie das Auto einmal aussehen wird, in dem es diese neuen Ein- und Ausblicke geben soll, das hat BMW zwar noch immer nicht verraten und spart sich diesen Aha-Effekt für das Heimspiel auf der IAA im September auf. Doch auf der CES in Las Vegas haben die Bayern jetzt mit einer überdimensionalen Installation immerhin alle Details zum iDrive der Zukunft gezeigt.

Bindung zwischen Auto und Fahrer soll enger werden

Zum Blickfang wird dabei das Band unter der Frontscheibe, das in Inseln mit weitgehend individuell konfigurierbaren Inhalten gegliedert ist. Mit einem Fingerstrich lassen sich die so genannten Widgets dafür auswählen, platzieren oder verschieben. Und wer will, kann nun sogar erstmals persönliche Hintergrundfotos verwenden. Dazu gibt es wie bisher ein Zentraldisplay mit Matrix-Beleuchtung vor der Mittelkonsole, das allerdings für weniger Ablenkung näher an den Fahrer rückt, sowie ein ebenfalls neues Lenkrad. Dort sollen strukturierte Sensorflächen mit situationsgerechter Belegung all jene Eingaben ermöglichen, die der Fahrer nicht per Sprache im Dialog mit einem ebenfalls neuen Avatar erledigen will.

Und nur, weil jetzt alle was auf der Frontscheibe sehen können, ist das Head-Up-Display für den Fahrer nicht passé. Im Gegenteil: Auch das wird überarbeitet, wird größer, zeigt neue 3D-Grafiken und lässt die Anzeigen für Navigation und Assistenz enger mit der Wirklichkeit vor dem Wagen verschmelzen.

Im Endergebnis soll das Bediensystem so nicht nur zu einem noch tiefer integrierten Bestandteil des Autos werden, sagt Weber, der bei den ersten Testfahrten vor ein paar Jahren selbst überrascht war, um wie viel enger die Bindung zwischen Fahrer und Fahrzeug damit erlebt wird. Sondern es soll zudem der Sicherheit und natürlich auch dem Fahrspaß diesen. „Eyes on the Road, hands on the Wheel“, wiederholen sie in München wie ein Mantra. Und dass, obwohl sie mit der Neuen Klasse doch auch die nächsten Schritte beim autonomen Fahren machen und Level 2 weiter ausreizen wollen denn je.

OS X soll die Langlebigkeit aller BMWs erhöhen

Das Panoramic iDrive ist aber nur die eine Hälfte der UX-Revolution, die andere verbirgt sich unsichtbar auf dem Zentralrechner, der den ganzen digitalen Budenzauber steuert. Auf dem läuft erstmals das Betriebssystem OS X, das auf einem Android Open Source Project Stack basiert und die Neue Klasse möglichst lange möglichst neu halten soll. Denn damit lassen sich nicht nur dutzende, womöglich hunderte Apps von Drittanbietern problemlos integrieren, sondern so bleibt die Neue Klasse auch Update- und Upgrade-fähig.

„Ein Vierteljahrhundert, nachdem wir mit dem iDrive die Bedienung im Auto neu erfunden haben, machen wir damit jetzt den nächsten Schritt“, sagt Weber und verspricht: Das kommt künftig in alle Modelle. Nachdem es seinen Einstand in iX3 und i3 gegeben hat, wird es deshalb schnell auch in den konventionell konstruierten Fünfern und Siebenern nachgerüstet.

„So werden unsere Fahrzeuge nicht nur intelligenter und einfach zu bedienen“, ergänzt Designchef Adrian van Hooydonk und schreibt den digitalen Erlebnissen und dem Sound eine steig wachsende Bedeutung zu. „Sondern es ermöglicht auch eine viel stärkere Personalisierung, die jeden neuen BMW zu deinem ganz eigenen macht.“

So viel Neues der Panoramic iDrive auch bietet, bleibt dabei einiges altes auf der Strecke. Nicht nur die bisherigen Instrumente hinter dem Lenkrad werden ausgemustert, sondern die Revolution frisst ihre Kinder und vor 25 Jahren so wegweisende Dreh-Drücksteller als zentrale Innovation des ersten iDrive und seitdem Dreh- und Angelpunkt im Bediensystem jeden BMWs ist dann Geschichte. Ach ja, und die Gestensteuerung hat sich damit auch als Irrweg erwiesen und wird abgeschafft.

BMW sieht sich in Liga 1 der Digitalisierung

Zwar führt BMW noch immer den Begriff „Motor“ im Namen, sodass es auf den ersten Blick ein wenig verwundern mag, dass die Bayern das „Jahr der Neuen Klasse“ mit Bits und Bytes beginnen statt mit Kilowatt und Newtonmetern, doch Weber ist diese Reihenfolge „ganz recht.“ Denn erstens gehört das digitale Erlebnis für ihn mittlerweile untrennbar zur sprichwörtlichen Freude am Fahren. „Das eine ist ohne das andere heute nicht mehr darstellbar.“ Und zweitens liefert die CES den Bayern die richtige Bühne, ihre Position in der neuen Autowelt neu zu definieren. „Dass unsere Autos ganz gut fahren, das nimmt man uns mittlerweile ab“, stapelt Weber tief. „Aber hier können wir beweisen, dass wir auch bei der Digitalisierung in der ersten Liga spielen.“ Und weil die alten Autogrößen angesichts der neuen Herausforderer und der oft hausgemachten Probleme gerade in dieser Disziplin viel Glaubwürdigkeit verloren hätten, ist ihm das ein wichtiges Anliegen.

Und alle, die trotzdem Angst haben, dass Weber und seinem Team bei der Entwicklung der Neuen Klasse die schnelle Bedienung wichtiger als die rasante Beschleunigung ist und Blickachsen mehr Aufmerksamkeit bekommen haben als die ideale Line, die bittet er nur noch um ein paar Wochen Geduld. Dann präsentieren die Bayern als zweiten von nur noch vier zentralen Rechnern ihrer neuen Architektur das Superbrain für Längs- und Querdynamik. „Und das nennen wir nicht umsonst das Heart of Joy.“

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