„KI wird nicht nur das Fahrzeug betreffen, sondern das ganze Unternehmen“, stellt Jan Wehinger, Partner bei der IT-Beratung MHP heraus. Ein großer Teil der Transformation umfasse jedoch nicht nur technologische Neuerungen, sondern vor allem das Business Mindset. Die zentrale Frage beim Einsatz neuer Technologien wie der künstlichen Intelligenz müsse immer auf deren sinnvollen Einsatz im Business abzielen.
Vor allem chinesische Kunden möchten KI nutzen
Wie dies konkret aussehen kann und unter welchen Rahmenbedingungen Autohersteller, Zulieferer oder Mobility-Player KI sinnvoll einsetzen können, hat MHP etwa im Rahmen einer eigenen Studie untersucht. Die Ergebnisse: Kunden in China seien deutlich offener für KI-Lösungen als in den USA oder Europa. Entsprechend höher sei auch die Zahlungsbereitschaft – allerdings auf niedrigem Niveau: Während sich einige Kunden auf einmalige Zahlungen beim Fahrzeugkauf einlassen würden, möchte die große Mehrheit entsprechende Systeme gratis nutzen können. Um die Bereitschaft zur Nutzung oder Bezahlung von KI-Helfern zu erhöhen, beziehungsweise die vorhandenen Potenziale voll auszuschöpfen, müsse die Branche genau wissen, welche Systeme sich ihre Kunden wünschen, so Wehinger. Beliebt seien in diesem Zusammenhang vor allem Funktionen, die eine bessere User Experience ermöglichen: etwa Predictive Maintenance oder optimierte Routenplanungssysteme. Bei der Frage nach dem Nutzen sei die Komplexität der Lösungen eher zweitrangig, so Wehinger, vielmehr gelte es, Kunden den Alltag zu erleichtern oder Zeit zu sparen. Dementsprechend müsse man Technologien wie KI immer von dieser Seite her denken: Die Technologie dürfe nicht um ihrer selbst Willen eingesetzt werden, sondern müsse eine Lösung bieten für vorab identifizierte Pain Points oder Wünsche der Kunden.
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Die gute Nachricht für die Autohersteller: „Am Ende wird es um Vertrauen gehen – gerade bei AI“, so Wehinger. Gerade in dieser Dimension würden die OEMs seitens der Kunden besser bewertet als viele andere Unternehmen oder Branchen.
So setzt ZF KI-Lösungen ein
Wie weit in die Tiefe Autobauer, beziehungsweise ihre Zulieferer, inzwischen mit dem Einsatz von KI gehen, demonstriert Tobias Ehlgen, Head of AI for Systems and Control bei ZF Friedrichshafen. Unter anderem setzt der Zulieferer bei Themen wie der Qualitätssicherung in der Produktion, dem autonomen Fahren, Predictive Maintenance oder dem Natural Language Processing auf künstliche Intelligenz.
Als konkretes Beispiel bringt der ZF-Experte unter anderem einen Use Case aus der Trajektorienregelung mit zum automotiveIT car.summit. Mit Hilfe der Software cubiX.AD für autonome Fahrfunktionen berechnet der Zulieferer die Trajektorie des Fahrzeugs, auf deren Basis die entsprechenden Aktuatoren gesteuert werden. In diesem Zusammenhang hat der Zulieferer gemeinsam mit der RWTH Aachen den Algorithmus Safe BO entwickelt, der Vorteile für das Abfahren bestimmter Parameter und die damit einhergehende Optimierung der PI-Regler im Fahrzeug bietet. Durch Reinforcement Learning könne man auf diesem Gebiet sogar so weit kommen, dass die eingesetzten neuronalen Netzwerke die PI-Regler im Fahrzeug überflüssig machen und die Steuerung selbst übernehmen.
Ein zweiter Use Case bestehe in der Implementierung des vorausschauenden Abstandsassistenten Eco Control 4 ACC, der unter anderem durch Map und Sensor Data sowie Verkehrszeichenerkennung einen etwa 500 Meter weiten Horizont abbilden kann, auf dessen Basis energieeffizientere Fahrmanöver geplant werden können. Durch den Einsatz von KI sei es ZF gelungen, die entsprechenden Systeme im Fahrzeug deutlich zu optimieren und so die notwendigen Ressourcen zu reduzieren. Diese Möglichkeit, auch Systeme, die nicht inhärent auf KI basieren, zu optimieren und eine schnellere Embedded Runtime zu erreichen, sei nur einer der Vorteile der KI-Technologie in der Autobranche. Weitere Pluspunkte seien etwa die schnellere Entwicklung, bessere Performance und sogar Vorteile bei der Sicherheit, sofern entsprechende Safety Constraints Bestandteil der Systeme würden.