China traffic scene

Immer mehr Chinesen bewegen sich autonom durch den Verkehr. (Bild: Adobe Stock / victor217)

Als der Linienbus plötzlich auf der rechten Spur anfährt, gerät der Autopilot kurz ins Trudeln - auf freier Fahrbahn bremst das Robotaxi abrupt ab. Ein Laster dahinter zieht deshalb links vorbei - der Autopilot muss schnell gegenlenken. Wer im von Fabriken und hohen Bürotürmen geprägten Stadtteil Yizhuang in Chinas Hauptstadt Peking von A nach B will, kann sich mittlerweile ein autonom fahrendes Taxi ohne Fahrer bestellen.

Preislich lohnt es sich allemal: Die rund 8,4 Kilometer lange Fahrt gibt es für etwas mehr als elf Yuan, also umgerechnet rund 1,40 Euro. Robotaxi-Anbieter unterbieten die Preise im ohnehin günstigen Fahrdienst-Geschäft und wollen so die Nase vorn haben.

Etwas gewöhnungsbedürftig ist das sich wie von Geisterhand drehende Lenkrad in dem Elektroauto allerdings schon. Der Wagen hält sich - anders als die übrigen Verkehrsteilnehmer - stoisch an die vorgegebenen 50 Kilometern je Stunde. Bei geringster Gefahr bremst der Computer im wahrsten Sinne des Wortes unmenschlich schnell ab.

Mehr als 30 Städte in China haben Test-Lizenzen für autonomes Fahren verteilt. Die Robotaxis sind eher in den Megacities unterwegs. In Peking sitzt jedoch noch ein Mensch auf dem Fahrersitz, der im Notfall zum Lenkrad greifen kann. Wuhan in Zentralchina ist da schon weiter: Dort fahren die etwa 100 Taxis von Apollo Go bereits ohne Hilfe. Hinter dem Anbieter steckt der Techriese Baidu, Chinas Pendant zu Google. Per Handy-App ruft man das Taxi. Um die Hintertür zu öffnen, scannt der Fahrgast einen Code. Innen gibt man auf einem Bildschirm eine zuvor per SMS erhaltenen Pin ein - und dann geht es los.

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Robotaxis nicht bei allen beliebt

In Peking mit seinen sechs Autobahnringen und oft verstopften Straßen dürfen Robotaxis bislang nur in bestimmten Bereichen fernab des Zentrums fahren. Doch Taxifahrer sind bereits genervt: Wenn einer der Lieferfahrer mit dem Roller nicht auf der normalen Spur fahre, könne das Robotaxi nicht damit umgehen, sagt Herr Li, der für einen der vielen chinesischen Fahrdienste ähnlich wie Uber arbeitet. "Die Straßenverhältnisse sind einfach sehr komplex." Die Robotaxis fahren deshalb oft langsamer oder bremsen aus Vorsicht ab.

Unweit des Testgebiets lädt Taxifahrer Hao gerade sein Elektroauto. Großen Wettbewerb sieht er durch die autonom fahrende Konkurrenz nicht. "Peking ist voll von Menschen, die in Eile sind", sagt er. Die Robotaxis seien nicht so flexibel wie echte Fahrer, die die Route für ihre Passagiere, die schnell zum Bahnhof oder zur Arbeit wollten, anpassen, sagt er während er das Ladekabel aus dem typisch orange-blauen Taxi zieht. Sorgen um die Zukunft macht er sich deshalb nicht. "Wenn das hier kein Geld mehr einbringt, kann ich auf einen anderen Job wechseln", sagt er.

Deutschland hinkt massiv hinterher

In Deutschland sind chinesische Verhältnisse in der Taxibranche noch Zukunftsmusik. Die rechtlichen Rahmenbedingungen in der Bundesrepublik seien strenger und erforderten eine hohe Sicherheit und Haftbarkeit der Systeme, sagt Philipp Kupferschmidt von Unternehmensberatung Accenture. Zum anderen herrsche größere Skepsis in der Bevölkerung.

Dabei war Deutschland laut Peter Fintl, Branchenkenner und Vizepräsident für Technologie und Innovation bei Capgemini Engineering, bereits in den 1980er Jahren maßgeblich an der Entwicklung des autonomen Fahrens beteiligt. Doch die Entwicklungspfade spalteten sich auf. In China und den USA hätten die Hersteller eher darauf abgezielt, den vollautomatisierten Betrieb zu erreichen. In Deutschland hätten sich die Hersteller für den "evolutionären Ansatz" entschieden, sagt Fintl - also bestehende Fahrassistenzsysteme weiterzuentwickeln.

"Teilautomatisierung wie etwa der Autobahnpilot haben den Sprung in die Serie geschafft", führt der Experte aus. Die Einführung solcher Systeme in der Mittelklasse stehe bevor. Bei der Frage nach Robotaxis auf deutschen Straßen ist Konkurrenz - ihm zufolge - jedoch eine Länge voraus: Auch wenn die Technologie noch weiter reifen müsse und die Kostenvorteile im Vergleich zum menschlichen Fahrer noch zu beweisen habe, seien die großen Versuchsflotten in den jeweiligen Ländern doch ein signifikanter Vorteil, sagt er.

Philipp Kupferschmidt rechnet mit einer schrittweisen Einführung und Erweiterung des Einsatzgebiets von autonomen Fahrzeugen und Robotaxis. Die Autos würden noch überwiegend von einem Menschen oder einer Fernsteuerung überwacht und begleitet. Unklar sei allerdings, ob die Technologie jemals auf Level 5 operieren werde. "Mit Blick auf die aktuell aufgabenbasierten KIs bezweifle ich das", sagt der Accenture-Experte.

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dpa