Zwei schwarze selbstfahrende VW-Elektrofahrzeuge mit Uber-Logo fahren auf einer von Palmen gesäumten Straße in einem Wohngebiet

So sehen die autonomen ID.Buzz auf den Straßen Kaliforniens aus. (Bild: Volkswagen)

Volkswagen geht beim autonomen Fahren neue, pragmatische Wege – und positioniert sich gemeinsam mit Moia und Uber strategisch neu. Während die großen Leuchtturmprojekte wie Trinity ins Stocken geraten sind und die Software-Tochter Cariad wiederholt unter Druck geriet, setzt der Autobauer zunehmend auf Partnerschaften mit ausgewählten Technologieführern. Der jüngste Coup: eine langfristige Kooperation mit Uber, um ab 2026 autonome ID. Buzz AD in den USA auf die Straße zu bringen – beginnend in Los Angeles.

Bereits ab Ende 2025 startet die Testphase, bei der noch Sicherheitsfahrer an Bord sind. Volkswagen liefert die Fahrzeuge, Mobileye die autonome Fahrsoftware, Moia steuert das Mobility-Ökosystem bei – und Uber bringt mit seiner Plattform Zugang zu Millionen Nutzern. Der Plan: eine Flotte von mehreren tausend selbstfahrenden Elektrobussen, die über Uber gebucht werden können.

Moia als Systemlieferant für autonomes Ridehailing

Die Rolle von Moia innerhalb des Konzerns hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Aus der Hamburger Ridepooling-Tochter ist ein Technologieanbieter für skalierbare autonome Mobilität geworden. Mit dem ID. Buzz AD stellt Moia nicht nur ein fahrerloses Shuttle-Konzept bereit, sondern gleich ein ganzes System: Von Flottensteuerung und operativem Backend über Endnutzer-Apps bis hin zum Kundenservice. In Hamburg wurde dieses System bereits erprobt – integriert in das ÖPNV-Angebot der Stadt.

Dass nun Uber auf genau dieses Knowhow setzt, spricht für die Reife des Moia-Stacks. Für Volkswagen wiederum ist es eine Bestätigung des strategischen Schwenks unter CEO Oliver Blume, der frühere Selbstüberschätzungen in Sachen Autonomie durch realistische Kooperationen ersetzt hat. "Wir haben gelernt, dass es möglich ist, von Level 2 auf Level 3 und Level 4 weiterzuentwickeln", sagt Carsten Intra, CEO von VWN. Aus heutiger Sicht sei die Zusammenarbeit mit Argo.AI ein Fehler gewesen. Der Ansatz, direkt Level 4 erreichen zu wollen, habe nicht funktioniert.

Mobileye statt Argo AI: Der Technologie-Turnaround

Die technische Basis für das autonome Fahren in den ID. Buzz AD bildet seit dem Bruch mit Argo AI nun Mobileye. Deren Plattform Chauffeur soll perspektivisch Level-4-Funktionen ermöglichen – ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zu den fragmentierten Eigenentwicklungen bei Cariad. In Europa wie den USA soll das System ab 2026 kommerziell eingesetzt werden, wobei im texanischen Austin ein paralleler Rollout geplant ist.

Uber: Vom Sorgenkind zum strategischen Plattformpartner

Auch für Uber ist die Kooperation ein bedeutender Schritt. Nachdem das Unternehmen in der Vergangenheit seine eigene autonome Fahrzeugsparte ATG verkauft hatte, setzt man nun auf Kooperationen. Der Schulterschluss mit Waymo in Phoenix war der erste große Meilenstein – die Partnerschaft mit Volkswagen und Moia ist nun die nächste Stufe.

Uber hat das Tal der roten Zahlen durchschritten. 2023 erwirtschaftete das US-Unternehmen erstmals ein positives Nettoergebnis von 1,9 Milliarden US-Dollar. Der Bereich Mobility rückte dabei wieder stärker in den Fokus – und somit das originäre Kerngeschäft. Dabei setzt Uber auf drei Säulen der Wertschöpfung: steigende Nutzerzahlen, höhere Umsätze pro User und die Verknüpfung der eigenen Dienste über Plattformangebote wie Uber One.

Die Kooperation mit Moia fügt sich perfekt in diese Strategie: Eine skalierbare, marktreife Lösung für autonomes Fahren – eingebettet in die gewohnte Nutzeroberfläche von Uber.

Gegen Waymo, Tesla & Co: Wettlauf um die urbane Vorherrschaft

Doch der Wettbewerb schläft nicht. Waymo, die Google-Schwester, fährt mit über 250.000 Robotaxi-Fahrten pro Woche weit voraus – vor allem in Phoenix und Kalifornien. Auch Tesla kündigt für Juni 2025 einen eigenen Robotaxi-Dienst mit dem Model Y an, obgleich Fachkreise das rein kamera-basierte System von Elon Musk nach wie vor skeptisch sehen.

Volkswagen geht einen Mittelweg: Hochpräzise Sensorik, Mobileye-Software und ein robuster Hardware-Stack treffen auf ein sorgfältig skaliertes Rollout-Modell. Mit Moia als orchestrierendem Systemanbieter und Uber als Distributionsplattform könnten sich ganz neue Nutzererlebnisse im urbanen Raum ergeben – etwa autonome Fahrten zur Arbeit, nahtlos eingebunden in ÖPNV und Last-Mile-Konzepte.

Kooperation statt Gigantismus

Was sich mit dem Aus von Argo AI und der Verschiebung von Trinity abzeichnete, wird nun zur Realität: Volkswagen verabschiedet sich von technologischem Gigantismus und setzt auf Zusammenarbeit. Die Partnerschaft zwischen Moia und Uber ist ein Sinnbild dieses Strategiewechsels. Sie bringt das autonome Fahren auf die Straße – nicht als Vision, sondern als marktnahes Produkt.

Ob sich das Modell auch international durchsetzen lässt, bleibt abzuwarten. Gegen Mobilitätsriesen wie Lyft oder neue Allianzen à la BYD/Uber in Asien wird Moia als Marke wohl kaum bestehen können. Doch als Katalysator für den Technologietransfer innerhalb des VW-Konzerns ist die Ridepooling-Tochter heute wichtiger denn je.

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