Auf dem neunten Expo Day der Startup Autobahn präsentierte Porsche kürzlich drei Projekte mit jungen Firmen, die Potenzial für die Serienreife bieten. Eine neue Augmented-Reality-Erfahrung ist dabei Ziel der gemeinschaftlichen Arbeit mit SevenD und Visometry, die das Kennenlernen sowie die Bedienung des Elektro-Sportwagens Taycan für die Nutzer in den Mittelpunkt stellen.

Neuer Schwung durch leistungsstärkere Hard- und Software

Über eine auf dem Betriebssystem iOS basierende App fürs Smartphone sollen Fahrzeugfunktionen wie Ladevorgang und Rekuperation erklärt werden. Farblich hervorgehobene Komponenten – E-Motoren oder Teile der Innenausstattung – sowie Animationen sollen Technik erlebbar machen. Porsche-Projektleiter Markus Knopp: „In den vergangenen Jahren gab es gewaltige Fortschritte in der AR-Technologie. Das eröffnet uns neue Wege, um unseren Kunden ihren Sportwagen näher zu bringen – vom großen Ganzen bis zum technischen Detail.“ So habe die Leistungsfähigkeit von Smartphones drastisch zugelegt, sowohl im Bereich der Prozessoren wie auch die Auflösung und Qualität der Kameras. Auch die Software habe sich verbessert. Dies im Bereich iOS und Android als auch zusätzlicher Libraries und Frameworks, wie der beim OEM verwendeten VisionLib. Die App basiert aktuell auf iOS, da es sich lediglich um ein Proof on Concept handele. Sollte das Feature künftig auch für Kunden realisiert werden, spreche aus technischer Sicht aber nichts gegen eine Umsetzung auf iOS und Android.

Mithilfe neuroadaptiver Technologien zum Stress-Abbau

Personalisierte Erlebnisse im Fahrzeug gewinnen an Bedeutung bei der Wahl eines Fahrzeugs. Mit Lösungen zum Stressabbau und einer Wellnessidee für die Fahrt fokussiert Porsche gemeinsam mit dem Londoner Startup Maaind diese potenziellen Kaufentscheidungen. Beim sogenannten Feel-Good-Coach, einer App, mit der Stimmung und Stresslevel eines Fahrers erfasst werden können, kommen neuroadaptive Technologien zum Einsatz. Neuroadaptive Systeme messen permanent die neuronalen, mentalen oder sonstigen relevanten physiologischen Zustände einer Person und adaptieren dann eine oder mehrere Anwendungen.

Maaind verwendet in erster Linie die Analyse der Sprachmuster einer Person, also wie sie klingt und zudem die Variabilität der Herzfrequenz, die sich über Wearables messen lässt. Eine Smartwatch etwa kann also quasi als Sensor fungieren. „Der Coach errechnet in Echtzeit einen Feel-Good-Score, gibt Feedback und macht Vorschläge zum Stress-Abbau. Dabei unterscheidet er beispielsweise, ob der Fahrer gerade mit seinem Auto unterwegs ist oder ob das Fahrzeug parkt“, schildert Lars Krämer, Porsche-Projektleiter für die Kooperation mit Maaind. Während der Fahrt werden Atem- und Meditationsübungen angeboten, beruhigende Klänge gespielt oder während des Parkens Augen- und Körperübungen angeboten.

Mood DJ heißt ein weiteres Projekt; eine App, die mit Hilfe von Algorithmen entwickelt wurde, für die der mentale Zustand des Fahrzeuglenkers die Basis bildet. Das System vergibt Punkte und fordert zu Entspannungsübungen wie Singen auf. Relevant sei dabei wie ruhig oder gar glücklich man währenddessen sei. Die Algorithmen basieren auf dem mentalen Zustand des Fahrers in Echtzeit und ermöglichen eine automatische Songauswahl, erklärt Kramer. Die Verarbeitung der Daten basiert auf Machine Learning. Maaind habe hunderte Stunden Audioinhalt verwendet, um die Algorithmen zu trainieren. Die Personalisierungs- respektive neuroadaptiven Algorithmen basieren teilweise auf Forschungen des Mitbegründers von Maaind, Martin Dinov. Die Forschungen wurden im Zuge seiner Doktorarbeit über personalisierte Gehirn-Computer-Schnittstellen sowie über neuroadaptive Systeme durchgeführt. Der Ansatz wurde in verschiedenen Situationen verwendet, um die Reaktionszeit, die Stimmung und andere Leistungsmessungen im Vergleich zu einem nicht adaptiven System um bis zu 80 Prozent zu verbessern.

Ansatz auch für komfortorientierte Anwendungen nutzbar

Datenverarbeitung und Auswertung der Algorithmen erfolgen auf den Servern von Maaind, um das Mobiltelefon nicht zu verlangsamen und die Akkulaufzeit nicht zu beeinflussen. Aus Datenschutzgründen wird zu keinem Zeitpunkt der eigentliche Audioinhalt gespeichert. Lediglich bestimmte Kennwerte der Stimme sowie verwendete Sprachmuster werden extrahiert und übermittelt.

Feel-Good-Coach und Mood DJ habe man bei Porsche intern sowie in Marktforschungsstudien in China und Deutschland getestet, heißt es. Auf Basis der positiven Resonanz untersuchen die Teams nun die Weiterentwicklung der bestehenden Konzepte und Apps bis zu einer möglichen Serienreife oder einem eigenständigen Produkt. Nach weiteren möglichen Anwendungsfeldern befragt, sagen die Porsche-Experten, dass man über den Kontext Well-being hinaus denselben Ansatz ebenso für komfortorientierte Anwendungen nutzen könne, etwa für die Sitzeinstellungen, die Steuerung des Ambientelichts bis hin zu Sicherheitsfunktionen.

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