Ein Team arbeitet im Büro mit Klebezetteln an einer Scheibe. Wie werden Objectives and Key Results richtig angewandt?

Damit alle Mitarbeiter an einem Strang ziehen, braucht es spezielle Organisationsformen. Eine Lösung bietet der OKR-Ansatz. (Bild: Adobe Stock / Arnéll Koegelenberg / peopleimages.com)

Was sind Objectives and Key Results?

Objectives and Key Results (OKRs) ist ein Zielmanagementsystem, das Unternehmen dabei unterstützt, ihre Fortschritte bei der Erreichung ihrer lang- und kurzfristigen Ziele zu überwachen und zu überprüfen. Objectives bezieht sich auf die Ziele, die das Unternehmen erreichen möchte, während Key Results die konkreten Messgrößen sind, anhand derer das Unternehmen die Fortschritte bei der Erreichung dieser Ziele überwacht. OKRs sind quantitativ und zeitlich begrenzt und geben allen Mitarbeitern eine klare Orientierung, wie sie ihre Arbeit zur Erreichung der Unternehmensziele einbringen können.

Die Kluft zwischen einer Vision und deren Umsetzung ist in der Arbeitswelt oft riesig. Einerseits sind die Ziele nicht transparent genug, andererseits wissen Mitarbeiter oft nicht, welchen Beitrag ihre Arbeit zur Zielerreichung konkret leistet. Damit bleibt viel Potenzial ungenutzt. Unternehmen wie der Automobilzulieferer Hella setzen deshalb auf die Umsetzung der OKR-Methode – auch als Antwort auf einen verstärkten Wettbewerb durch Ressourcenengpässe. Eigenen Angaben zufolge konnten dadurch eine deutliche Verbesserung bei der Transparenz strategischer Prioritäten sowie der Verbindung von Strategie und operativem Geschäft erreicht werden.

„Gefühlt wird der Abstand zwischen dem Management mit seinen Zielvorgaben und den Mitarbeitenden mit New Work noch größer als früher“, konstatiert Patrick Lobacher, Geschäftsführer der Organisationsberatung die.agilen aus München. Das Management arbeite oft noch sehr tayloristisch geprägt: „Man macht sich viele Gedanken und entwickelt Kennzahlensysteme auf der oberen Ebene und hofft, dass die Umsetzung auf den unteren Ebenen besser klappt." Doch klassische, mehrjährige Strategiepläne funktionierten nicht mehr, das merkten vor allem die Mitarbeiter in der Umsetzung, so Lobacher.

Fürs Homeoffice ist die OKR-Methode besonders wichtig

„Die vermehrte Arbeit im Homeoffice ermöglicht eigenverantwortliches Arbeiten, sie setzt es sogar voraus", sagt Nicole Höllebrand, Employee-Experience-Expertin bei Microsoft. Umso wichtiger sei es, das große Zielbild vor Augen zu haben. Einmal, um den Sinn der täglichen Arbeit zu sehen, aber auch um aus Unternehmenssicht sicherzustellen, dass alle an einem Strang ziehen, erklärt Höllebrand die Kernidee von OKR. Dabei soll statt Output, also beispielsweise möglichst lange am Schreibtisch zu sitzen, das Ergebnis zählen. Die Arbeit eines Teams solle also am Beitrag ausgerichtet werden und nicht an der Summe an Aktivitäten, sagt Höllebrand. Microsoft hat kürzlich die OKR-Plattform Ally.io übernommen und zum Teil seiner Employee Experience Platform Viva gemacht. OKR ist so in MS Teams eingebunden, eine Verbindung mit anderen Systemen wie Azure DevOps soll möglich sein. Damit will der Softwareanbieter vor allem die Integration der Methode in die täglichen Arbeitsprozesse vereinfachen und Insellösungen vermeiden.

Doch die Gefahr, dass das Rahmenwerk falsch ausgelegt wird, sei hoch, meint Patrick Lobacher: OKR erfordere einerseits, dass die Teams in die Verantwortung kommen, während die Verantwortung des Managements darauf liege, kontinuierlich Vision, Purpose und Strategie vorzudenken. „Beide Seiten müssen Vertrauen auf- und Kontrolle abbauen. OKR hilft dabei, indem es den Spiegel vorhält: Zum Beispiel, dass es besser laufen würde, wenn sich der Teamleiter nicht einmischt oder der CTO zu klare Aufgaben vorgibt“, sagt Lobacher. Denn dann würden die Leute in den Teams das Denken abschalten. Ziel von OKR sei jedoch, das Wissen der gesamten Organisation zu aktivieren, statt nur einiger weniger Menschen, wie es im Taylorismus üblich war.

Im agilen Arbeiten mit OKR validieren die Mitarbeiter immer wieder die Ziele und ändern die Richtung, wenn etwas nicht funktioniert. Dieser fortlaufende Prozess der Validierung müsse auch auf der Management-Ebene passieren. Tesla senkt jetzt die Preise auf der Grundlage veränderter Marktgegebenheiten, nennt der Experte ein Beispiel. Auch mit Blick auf Klimagesetze müsse auf der Ebene der Strategie schnell reagiert werden können.

Fehler bei der Umsetzung der OKR-Methode

Aus Sicht von Nicole Höllebrand gehört zu den typischen Fehlern, OKRs nur als Messinstrument zu nutzen. „Wenn Firmen Ziele und Ergebnisse vorgeben, ohne sie mit Projekten und Initiativen zu verbinden, bleiben sie eine rein theoretische Messgröße ohne Verbindung zum Tagesgeschäft“. Dies könne dazu führen, dass die Arbeit mit OKRs nur als Mehraufwand ohne spürbaren Beitrag gesehen werde. Es sei deshalb essenziell, auch die Umsetzungsebene zu betrachten. Auch davon, OKRs nur für die oberste Führungsebene zu nutzen, rät die Microsoft-Expertin ab: „Was für einen ersten Einführungsschritt Sinn macht, kann langfristig hinderlich sein. Um ein gesamtes Unternehmen an strategischen Prioritäten auszurichten, ist es wichtig, dass jedes Team und jeder Mitarbeiter versteht, wie die eigene Arbeit einen wichtigen Beitrag leistet“.

„Es funktioniert nicht, OKR für das ganze Unternehmen einzuführen. Hingegen hat sich bewährt, mit bis zu 50 Menschen anzufangen, die daran Interesse haben, und den Ansatz von dort aus in die Organisation hinein wachsen zu lassen“, meint Lobacher. Gerade in der IT gebe es viele Fürsprecher, die bereits Erfahrung mit agilen Methoden wie Scrum mitbringen. Erfolgsentscheidend sei zudem, die Zeit für OKR nicht on top auf die Wochenarbeitszeit der Mitarbeitenden „draufzupacken. OKR braucht Denkraum, um auf gute Ideen zu kommen – und zwar innerhalb der Arbeitszeit, sonst funktioniert es nicht“, so Lobacher.

Das ist der richtige Zyklus der OKR-Methode

Und es gibt noch eine goldene Regel: Nicht in das Belohnungsfettnäpfchen treten. „Für OKR darf es keine Kopplung an das Gehalt oder Incentives geben“, rät Lobacher. Die alte Idee, Menschen mit der berühmten Karotte zu motivieren, gehe bei der Kreativität nach hinten los. Damit die benötigte intrinsische Motivation entsteht, dürfe es kein Performance Management bei der Zielerreichung geben. Unternehmen wie Bosch hätten das Instrument schon vor einigen Jahren abgeschafft, weil es hinderlich für die Zukunft sei.

Lobachers Rat lautet zudem: In jedem OKR-Zyklus immer die bewährte Zeit für die Events ansetzen: Vier Stunden für das Planning-Treffen, jede Woche ein Weekly, das nicht länger als 15 Minuten dauert. Am Ende des Zyklus steht eine Review von zwei Stunden an, in dem geprüft wird, ob man mit der inhaltlichen Zielerreichung zufrieden ist. Gerade die Retrospektive sei besonders wichtig. Hier gehe es darum, zu überprüfen, wie man als Menschen zusammengearbeitet hat.

Sie möchten gerne weiterlesen?