Straub Hofmann Panel automotiveIT Kongress 2022

Die beiden Ex-CIOs Martin Hofmann und Klaus Straub verfügen jeweils über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung in der Automobilindustrie. (Bild: facesbyfrank)

Die ehemaligen CIOs Martin Hofmann und Klaus Straub hinterließen auf dem automotiveIT Kongress im letzten Jahr einen besonders bleibenden Eindruck. Unterstrichen von ihrer langjährigen Erfahrung bei den Branchengrößen Volkswagen und BMW, forderten die beiden Experten von der Automobilindustrie mehr Speed und kritisierten eine zu geringe Eigenleistung. Nachdem die beiden Referenten seitens der Moderation über den Tag verteilt mehrmals als großes Kongress-Highlight angesagt wurden, tritt Martin Hofmann schließlich auf die Bühne. „Ich habe gesehen, wie wir im letzten Jahr dort saßen und aussahen wie die Greise aus der Muppet Show, die alles besser wissen“, scherzt der Experte. „Wir wissen aber eindeutig nicht immer alles besser, deswegen ist es wichtig, dass wir auch diejenigen reden lassen, die mehr Ahnung von bestimmten Themen haben als wir“, erklärt er. Damit schlägt Hofmann zudem einen exzellenten Bogen zum ersten Tag des Kongresses, an dem bewusst die Young Talents der Branche - die nächste Generation der Führungskräfte – zu Wort gekommen waren.

Auf die Frage, was sich seit dem eindrucksvollen Panel im vergangenen Jahr innerhalb der Branche verändert habe, antwortet Straub jedoch, dass schnellere Entscheidungen und höhere Kerneigenleistungsquoten noch immer auf der Tagesordnung in den strategischen Bereichen stünden. Besonders in den differenzierenden Bereichen der IT handele es sich bei diesen Punkten nach wie vor um wichtige Hebel. Hofmann stimmt zu und ergänzt, dass die Führungskräfte noch immer mehr Vertrauen in ihre Mitarbeiter und deren Kompetenzen setzen müssten. Er halte eine „Low Code/No Code“-Entwicklungsumgebung, die es auch Laien ohne Programmiererfahrung ermöglicht, Anwendungen zu erstellen, für äußerst sinnvoll. „Ich finde es spannend, die Leute einfach mal machen zu lassen. Besonders diejenigen, die wirklich motiviert sind eine Transformation voranzutreiben. Wenn der Bus auf jeden wartet, kommt er schließlich nie an“, betont der Salesforce-Advisor. Dieses Gedankenspiel führte der Ex-CIO bereits im automotiveIT Podcast „hofmann.nagel“ aus, der aktuell sein Debüt feiert.

Andre Wehner, CIO bei MAN, komplettiert gemeinsam mit Cornelia Schaurecker, der Big Data- und AI- Verantwortlichen von Vodafone das Diskussionspanel zum Thema „Supercharging Digital Transformation". Wehner springt direkt auf den Gedankenzug in Richtung höhere Geschwindigkeit auf und erklärt: „Für uns galten natürlich dieselben Herausforderungen der letzten Jahre wie für alle anderen. Da ist einfach eine IT gefragt, die agil und schnell auf mögliche Produktionseinschränkungen reagieren kann.“ Um ein solch angestrebtes Tempo erreichen zu können, müsse zunächst, so der IT-Manager, der Schulterschluss zwischen Business und IT gefunden werden. Erst wenn die IT genug von der Unternehmensstrategie versteht und die Businessabteilungen nachvollziehen können was die IT tut, wäre ein ausgeglichenes gegenseitiges Verständnis geschaffen, aus dem heraus sich agil agieren lasse. Mehr Augenhöhe wünscht sich auch Hofmann und fordert: „Hört auf, die Leute mit Zahlen und Budgetzielen zu quälen. Lasst sie lieber zeigen, was sie geschafft haben und was sie erreichen können. Wir haben in der Vergangenheit genug Zeit mit Berichten verschwendet.“

automotiveIT Kongress 2022 Straub Hofmann
Andre Wehner, Cornelia Schaurecker, Martin Hofmann und Klaus Straub (v.l.n.r.) schlossen den diesjährigen Kongress mit einem Austausch über motivierende Führung in der IT und die Stellhebel der digitalen Transformation. (Bild: facesbyfrank)

Schaurecker weist an diesem Punkt darauf hin, dass der Vorstand der Vodafone Group erst kürzlich um eine weitere, technikaffine Führungskraft ergänz worden sei. Straub lobt diese strategische Entscheidung: „Bei zwei Tech-Verantwortlichen kann sich untereinander abgestimmt und die beste Lösung für das Unternehmen herausgearbeitet werden. Je mehr technische Kompetenz im Vorstand, desto besser.“ IT-Verantwortliche wie Hauke Stars, die mit einer anregenden und verantwortungsbewussten Keynote den Kongresstag eröffnet hatte, müssten auf Augenhöhe mit dem Vorstand kommunizieren können, um wichtige Themen wirklich vorantreiben zu können, führt der xelerate-CEO weiter aus. Wehner äußert sich liberaler. Ob der CIO in den Vorstand gehöre oder nicht, müsse jedes Unternehmen für sich selbst entscheiden. Eine konkrete Abstimmung mit dem CIO darüber, wie digitaler Wandel vorangetrieben werden soll, sei hingegen unverzichtbar, erläutert er nachdrücklich.

Das Bedürfnis nach klarer Kommunikation über Transformationshebel und -Ziele lasse sich auch auf die gesamte Belegschaft erweitern, erklärt Ex-CIO Hofmann und verdeutlicht: „Nach drei bis neun Monaten haben alle das Ziel vor Augen verloren. Daher ist das Setzten von Zwischenzielen für sogenannte 90-Tage Chunks essenziell. Was dann noch fehlt, kann ich in einem neuen, konkreten Ziel festhalten.“ Die IT-Expertin von Vodafone praktiziere diesen Ansatz selbst, indem sie aus zahlreichen, möglichen Use-Case anfangs einige wenige auswählt, die dann im weiteren Verlauf hockskaliert werden, wie Schaurecker erklärt. Straub empfiehlt in deutlich bildlicheren Worten „den Elefanten in kleine Stücke zu zerlegen“. Mit kleineren, realistischeren Herausforderungen hätten Führungskräfte eine deutlich bessere Chance, eine intrinsische Motivation bei der Belegschaft zu entfachen. „Das ist wie beim Fußball: Ein Team kann die besten Einzelspieler haben, aber ohne einen gemeinsamen Teamapproach kriegt es trotzdem nichts hin. Ich muss die Mannschaft erst zum Brennen bringen", so der Ex-BMW-Mann.

Aktivierende Motivationstools zu finden, da sind sich die Branchenkenner einig, stehe auf der To-Do-Liste aller aktuellen Führungskräfte. Schaurecker erläutert, der durch den Fachkräftemangel entfachte „War for Talents“ beschäftige sie in ihrem Arbeitsalltag enorm. Vodafone setze neben einer verstärkten Purpose-Kommunikation auch auf den Faktor Weiterbildung durch entsprechende Karriereprogramme sowie auf zeitgemäßes Recruiting, notfalls auch im Metaverse. IT-Experte Hofmann kommentiert, dass die Autoindustrie im Kampf um die nächste Generation an Softwarefachkräften durchaus mit einer Poleposition starte. „Schaut man sich die Teams bei den großen OEMs an, sieht man, dass die einen enormen Stolz haben, in dem was sie tun. Andere Branchen haben es da beim Gewinn von jungen IT-Talenten spürbar schwerer.

Am Ende der Paneldiskussion können sich alle Talk-Gäste darauf einigen, dass mehr Kerneigeneleistung und Geschwindigkeit, der War for Talents, die Kommunikation klarer Ziele und Mehrwerte sowie eine erhöhte Eigenverantwortung für die Mitarbeiter, die entscheidenden Stellhebel des digitalen Wandels sind.

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