Der Carsharing-Markt ist in Deutschland im Umbruch. Anbieter wie Car2Go oder Flinkster stehen in starkem Wettbewerb.

Carsharing könnte für Gelegenheitsfahrer eine preiswerte Alternative zum eigenen Auto sein. (Bild: Bundesverband CarSharing e.V.)

Im Jahr 2022 waren laut Bundesumweltamt 48,5 Millionen Pkw in Deutschland gemeldet. Seit 2008 nahm der Bestand um mehr als 20 Prozent zu – Tendenz weiter steigend. Viel Platz- und Ressourcenverbrauch für einen vergleichsweise mäßigen Effekt. Denn im Schnitt nutzen nur 1,5 Personen pro Fahrt ein Auto. Individuelle Fahrten sollten nicht grundsätzlich verteufelt werden, aber muss dafür ein Auto angeschafft werden, das 23 Stunden am Tag rumsteht?

Es schlägt die Stunde des Carsharings. Ein geteiltes Fahrzeug könne bis zu 20 private Pkw ersetzen, argumentieren Apologeten dieser Mobilitätsform. Ein Wert, über den sich sicher diskutieren lässt. Fest steht aber: Wer ein Auto mit anderen teilt, wird eher geneigt sein, auf ein eigenes zu verzichten. Außerdem steigen Sharing-Nutzer laut Analysen eher in den ÖPNV und leihen sich nur dann ein Auto, wenn alles andere zu umständlich wäre.

Tatsächlich scheint das Modell nach Jahrzehnten wieder in Schwung zu kommen - gerade 2023 sind die Carsharing-Flotten deutlich gewachsen. Nach Daten des Branchenverbands CarSharing (bcs) waren zum Stichtag am 1. Januar 2024 in Deutschland rund 5,51 Millionen Fahrberechtigte bei den verschiedenen Anbietern registriert – gut eine Million oder 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der verfügbaren Autos wuchs um 27 Prozent auf 43.110. Insgesamt waren Angebote zum Auto-Teilen in 1.285 Gemeinden verfügbar, was einem Plus von 203 Kommunen entspricht.

Auch auf Anbieterseite gab es einen Zuwachs. Bei den stationsbasierten Diensten betrug das Plus gegenüber dem Vorjahr 44, so dass die Gesamtzahl nun bei 293 Unternehmen liegt. Stärkste Anbieter sind Stadtmobil, Cambio, TeilAuto und Book-n-Drive. Im Free Floating traten zwei neue Wettbewerber in den Markt ein, der nun sechs Teilnehmer zählt. Die größten sind Miles und ShareNow.

Wie funktioniert Carsharing?

Beim Carsharing teilen sich mehrere Personen ein Auto. Halter der Fahrzeuge sind meist kommerzielle Anbieter, mit denen ein Rahmenvertrag abgeschlossen wird. Die Abrechnung erfolgt entsprechend der tatsächlichen Nutzung nach Zeit oder Kilometern. Alle sonstigen Kosten – wie Strom, Sprit oder Versicherung – sind im Fahrpreis inbegriffen. Gebucht wird über das Internet, eine App oder die Telefonzentrale des Anbieters. Danach kann das Fahrzeug mit einer Chipkarte oder dem Smartphone geöffnet werden. Der Autoschlüssel befindet sich im Innenraum oder Schlüsseltresoren am Parkplatz.

Wann lohnt sich Carsharing?

Wer sein Auto teilt, tut nicht nur etwas für die Umwelt, sondern in der Regel auch für die eigene Haushaltskasse. Die Faustregel lautet: Wer im Jahr weniger als 10.000 Kilometer mit dem Auto unterwegs ist, kommt mit Carsharing günstiger weg als mit einem Neuwagen. Preislich interessant ist Carsharing also vor allem für Wenig- und Gelegenheitsfahrer. Wobei man nicht unbedingt täglich und für längere Strecken unterwegs sein sollte, denn das macht die Sache unter Umständen aufwendig und schlecht planbar.

Stationsbasiertes Carsharings vs. Free-Floating

Wie praktikabel Carsharing ist, hängt unter anderem von der verfügbaren Variante ab. Etabliert haben sich zwei Formen: stationsbasiertes Carsharing und Free-Floating. Bei der ersten Variante muss das Auto von einer Station beziehungsweise einem Parkplatz abgeholt und auch wieder dort abgestellt werden. Der Vorteil an diesem Modell ist. dass man Wochen vorher den Wagen reservieren und sich sicher sein kann, dass den eigenen Plänen nichts im Wege steht. Die Kleinwagenpreise liegen hierbei bei vier bis acht Euro pro Stunde.

Beim Free-Floating kann das Fahrzeug einfach innerhalb des Nutzungsgebiets am Zielort abgestellt werden. Ein freies Auto wird via Smartphone-App geortet und gebucht. Diese Flexibilität hat seinen Preis: Pro Stunde werden rund 17 bis 20 Euro veranschlagt. Zudem ist es nicht möglich, im Voraus zu reservieren und das Angebot beschränkt sich auf größere Städte.

Mitunter finden sich auch kombinierte Carsharing-Angebote, bei denen ein Anbieter sowohl stationsbasierte und free-floatende Fahrzeuge zur Verfügung stellt. Aktuell wird dieser Mix unter anderem in Bremen (cambio), Frankfurt am Main (book-n-drive), Hannover (stadtmobil), Heidelberg (stadtmobil), Kiel (Stattauto), Mannheim (stadtmobil) und Osnabrück (stadtteilauto) angeboten. Große Preisunterschiede zwischen den beiden Formen gibt es hier nicht.

Gerade Free-Floating-Carsharing erfreute sich zuletzt stark steigender Beliebtheit: Insgesamt waren in diesem Segment 4,5 Millionen Kunden registriert, 26 Prozent mehr als zuvor. Die Zahl der Fahrzeuge hat um 42 Prozent auf 26.350 zugelegt gegenüber einem Wachstum von 10 Prozent im stationsbasierten Modell, hier wuchs die Flotte auf 16.760 Fahrzeuge.

Die größten Carsharing-Anbieter nach Flottengröße

Die größen Carsharing-Anbieter in Deutschland
Das sind die größen Carsharing-Anbieter nach Flottengröße. (Bild: Bundesverband Carsharing)

In welchen Städten hat sich Carsharing etabliert?

Nach langer Flaute auf dem flachen Land, nimmt das Angebot in kleineren Städten und Gemeinden im ländlichen Raum mittlerweile deutlich zu: Laut dem bcs gibt es in Deutschland (Stand 01.01.2023) 1.082 Städte mit Carsharing-Option, davon 925 mit weniger als 50.000 Einwohnern. Das große Geschäft spielt sich dennoch nach wie vor in den Städten ab. Zu diesem Ergebnis kam das Carsharing-Städteranking 2022 des bcs. Hierfür wurden 163 Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern herangezogen. Hauptkriterium der Rangliste ist, wie viele Fahrzeuge für jeweils 1.000 Einwohner zur Verfügung stehen.

Karlsruhe steht mit 4,34 Fahrzeugen pro 1.000 Einwohner an der Spitze beim Carsharing. Auf den weiteren Plätzen folgen München (2,02), Berlin (1,98) und Hamburg (1,89). Dass eine dichte Versorgung nicht nur in Metropolen zu finden ist, beweist unter anderem Freiburg: Die Studentenstadt liegt mit 1,79 Sharing-Autos pro 1.000 Einwohner knapp hinter Hamburg auf Platz 5. „Insgesamt befinden sich unter den 20 Besten des aktuellen Städterankings acht Städte mit weniger als 250.000 Einwohnern“, bemerken die Autoren des Rankings. Dominierend seien stationsgebundene Sharing-Angebote. Ausnahme bilden die Millionenstädte München, Berlin, Hamburg, Köln und Düsseldorf, wo mehrheitlich Free-Floating angeboten wird. Zugenommen habe die Zahl der Städte mit kombinierten Angeboten.

Warum ist Carsharing umweltfreundlich?

Wenn sich mehrere Menschen ein Auto teilen, senkt dies nicht nur die Emissionen in der Produktion. Die deutschen Carsharing-Anbieter sind nämlich Vorreiter bei der Umstellung auf emissionsfreie Antriebe. Laut bcs lag der Anteil elektrifizierter Modelle zum 1. Januar 2023 bei 20,5 Prozent. Allerdings: Im vergangenen Jahr lag der E-Anteil im CarSharing noch bei 23,3 Prozent. Der prozentuale Rückgang zeigt an, dass der E-Anteil nicht mehr mit der CarSharing-Flotte mitwächst. Hinzu kommt jedoch, dass die umwelttechnisch fragwürdigen Hybride im Sharing-Geschäft praktisch keine Rolle spielen. Es werden fast ausschließlich batterieelektrische Fahrzeuge eingesetzt. Allein bei Volkswagen, die ihre WeShare-Flotte mittlerweile an den Mitbewerber Miles Mobility verkauft haben, konnten 2021 rund 6.500 Tonnen CO2 durch vollelektrische Flottenfahrzeuge eingespart werden.

Ist Carsharing ein profitables Geschäftsmodell?

Das Angebot auf dem Carsharing-Markt reicht von großen gewerblichen Anbietern wie cambio, stadtmobil, Miles oder teilAuto bis hin zu Vereinen, die Carsharing im ländlichen Raum meist ehrenamtlich organisieren. Da ist viel Idealismus im Spiel. Was man auch bei BMW, Mercedes-Benz und VW gemerkt hat, denen es nicht gelang, mit ihren Flotten ein tragfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln. Die Pandemie tat ihr Übriges, sodass sich die Konzerne aus dem Geschäft zurückzogen. BMW und Mercedes haben ihre Carsharing-Tochter ShareNow an den Stellantis-Konzern verkauft. Dessen Tochterunternehmen Free2Move ist dadurch zum größten Mobilitätsanbieter Europas avanciert. Ob daraus ein dauerhaft profitables Geschäft wird, muss sich noch zeigen.

Möglich scheint dies mit Blick auf den Berliner Player und Profiteur der Marktbereinigung Miles Mobility, der WeShare von VW übernommen hat. Das 2016 gegründete Startup wächst und arbeitet nach eigenen Angaben profitabel. Zusammen mit den rund 2.000 Fahrzeugen in Berlin und Hamburg bringt es die Flotte von Miles in Deutschland und Belgien auf mehr als 11.000 Fahrzeuge. Am Markt tummelt sich ebenfalls Sixt share. Die Autovermietung aus Pullach kann auf diese Weise Fahrzeuge aus dem Mietwagengeschäft besser auslasten. Natürlich spielen Lieferprobleme und steigende Spritpreise den Anbietern nicht gerade in die Hände. Aber notwendige Preiserhöhungen wurden offensichtlich von den Kunden akzeptiert, sodass die verbliebenen Player erstaunlich robust durch krisenhafte Zeiten gekommen sind.

Welche Rahmenbedingungen benötigt Carsharing?

Geschützt vor weiteren Rücksetzern ist der Markt jedoch nicht. Für den Verband bcs liegt es nun auch an der Politik, um Carsharing für breitere Bevölkerungsschichten attraktiv zu machen, sodass Sharing „den privaten Autobesitz als Leitprodukt der Pkw-Mobilität ablösen kann“. Um dieses Ziel zu erreichen, fordert der Verband unter anderem, dass regulative Hindernisse für die Carsharing-Förderung beseitigt, bessere Rahmenbedingungen für E-Carsharing geschaffen sowie der ÖPNV und andere Sharing-Angebote digital vernetzt werden. Außerdem müsse die Infrastruktur flächendeckend ausgebaut und Sharing zum neuen Leitbild für den motorisierten Individualverkehr erklärt werden.

Soll Carsharing schnell attraktiver werden, könnte es auch lohnen, dass die Anbieter ihr Abrechnungsmodell überdenken. Meist wird nach Nutzungsdauer und nicht nach gefahrenen Kilometern (wie bei Miles) abgerechnet, was im staugeplagten Stadtverkehr rasch teuer werden kann. Außerdem: Wer minutengenau abgerechnet wird, drückt eher auf die Tube, um wertvolle Zeit zu schinden. Das ist stressig und wenig ökologisch.

Die Alternativen zum Carsharing

Neben Carsharing existieren noch weitere alternative Formen der neuen, geteilten Mobilität. Am günstigsten ist das Ridesharing. Hierbei werden Fahrwege im Stil einer Mitfahrzentrale geteilt, sofern sie die gleiche Richtung oder dasselbe Ziel angesteuert wird. Auf häufig genutzten Strecken und zu Stoßzeiten kann dies helfen, um vor allem Privatautos besser auszulasten.

Beim Ridehailing werden Fahrzeuge, etwa von Uber, wie ein Taxi herbeigerufen. Der Nutzer wird also direkt zum Ziel gebracht, während er beim Ridesharing mitunter Umwege in Kauf nehmen muss.

Beim Ridepooling hingegen werden mehrere Fahrten durch meist kommerzielle Fahrdienste gebündelt, die gemeinsam die gesamte oder nur Teilstrecken fahren, kleinere Umwege inklusive. Carsharing ist also die komfortabelste Variante, gut für den Wocheneinkauf oder ein Trip ins Möbelhaus.

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