Die 6. Automotive Software Strategies Conference brachte führende Vertreter der Software- und Automotivebranche nach München. Im Fokus intensiver Fachvorträge und Diskussionen standen SDVs, KI, Rust, Monetarisierungsmodelle sowie Software-Lieferketten. An der diesjährigen Konferenz in der bayerischen Landeshauptstadt nahmen rund 175 Personen teil. OEMs wie BMW, Jaguar Land Rover und Mercedes-Benz stellten gemeinsam mit Tier-1-Zulieferern, Softwareunternehmen und KI-Experten aktuelle Entwicklungen in SDV-Architekturen, Open-Source-Strategien, RISC-V-Integration und KI-getriebenen Entwicklungsprozessen vor. Während der zweitägigen Veranstaltung wurde klar: Automotive-Software ist längst nicht mehr optional – sie hat nicht weniger als eine neue Ära in der Mobilität eingeleitet.

Stefan Nürnberger von Veecle spricht über den zentralen Aspekt der ASSC 2025: Das Software-Defined Vehicle. (Bild: Anna McMaster)

An der diesjährigen Automotive Software Strategies Conference in der bayerischen Landeshauptstadt zeigten sich OEMs wie BMW, Jaguar Land Rover und Mercedes-Benz sowie Tier-1-Zulieferer, Softwareunternehmen und KI-Experten und diskutierten aktuelle Entwicklungen in SDV-Architekturen, Open-Source-Strategien, RISC-V-Integration und KI-getriebenen Entwicklungsprozessen . Während der zweitägigen Veranstaltung wurde klar: Software im Fahrzeug ist ein der zentralen Treiber der Mobilität der Zukunft.

Strategiewechsel und Strukturwandel

Karsten Hoffmeister, Chief Engineer Assisted & Automated Driving Software bei Jaguar Land Rover.
Karsten Hoffmeister, Chief Engineer Assisted & Automated Driving Software bei JLR, sprach über die Bedeutung von ADAS in der Transformation. (Bild: Anna McMaster)

Karsten Hoffmeister, Chief Engineer Assisted & Automated Driving Software bei Jaguar Land Rover erläuterte in diesem Zusammenhang den Wandel hin zu einer softwaregetriebenen Multidomain-Entwicklungsumgebung und betonte die strukturellen sowie kulturellen Veränderungen im Unternehmen. Die ADAS Software Factory fungiere dabei als strategischer Eckpfeiler zur beschleunigten, domänenübergreifenden Zusammenarbeit. Bei all den Transformationsprozessen innerhalb der Branche mahnte Hoffmeister: „Konsistenz ist ein Mantra.“

Anschließend präsentierte Augustin Friedel, Senior Manager Software-Defined Vehicles bei MHP, einen Überblick über die verschiedenen Herangehensweisen an das Thema in der Automobilindustrie. Darin stellte er aktuelle SDV-Projekte vor und verglich vertikale und horizontale Transformationsstrategien bei OEMs. Ein besonderes Augenmerk legte Friedel auf die Herausforderungen beim Übergang zu softwarezentrierten Fahrzeugarchitekturen.

SDV-Perspektiven in turbulenten Zeiten

Benjamin Steinmetz, Product Experience Director Europe bei NIO, zeigte auf, wie softwarebasierte Nutzerführung bei Nio das Fahrverhalten und die Markenbindung prägt. In diesem Zusammenhang wies er auf die Bedeutung nahtloser Prozessoptimierung hin. „Sie können die beste Technology haben, wenn Sie alles manuell erledigen müssen, hilft Ihnen das nicht weiter“, mahnte Steinmetz.

Benjamin Steinmetz, Product Experience Director Europe bei NIO.
Benjamin Steinmetz, Product Experience Director Europe bei NIO, sprach über den Zusammenhang von Automotive Software und dem Fahrerlebnis. (Bild: Anna McMaster)

Wie Entwicklungszyklen neu gedacht werden müssen, um Architektur, Umsetzung, Sicherheit und Regulatorik nahtlos zu verbinden, erklärte Robert ter Waarbeck, Principal Automotive Industry Manager bei Mathworks. „Es sind turbulente Zeiten. Lasst sie uns gemeinsam meistern!“, so sein Aufruf.

Arnaud Van Den Bossche, Director bei Green Hills Software, beleuchtete in seinem Vortrag, wie chinesische Hersteller mithilfe von Hypervisoren und SoC/MCU-Konsolidierung Systemarchitekturen neu denken – und damit westliche OEMs unter Zugzwang setzen.

Software-Deployment neu denken

Stefan Poledna, CEO & CTO bei TTTech Auto, argumentierte in seinem Beitrag, dass das volle Potenzial von SDVs nur durch einen disruptiven Sprung in den Bereitstellungsprozessen realisiert werden könne – automatisierte, sichere und skalierbare Softwarebereitstellung über komplexe Fahrzeugsysteme hinweg sei nicht nur möglich, sondern unabdingbar. „Software-Deployment kostet fast nichts“, merkte Poledna an und unterstrich damit die Kosteneffizienz gut strukturierter Bereitstellungsarchitekturen.

Frédéric Ameye, Cybersecurity & Embedded Systems Expert bei der Renaulttochter Ampere, wiederum legte den Fokus auf die Vereinfachung komplexer Architekturen durch die Programmiersprache Rust, um Sicherheit und Konsistenz zu fördern.

Frédéric Ameye, Cybersecurity & Embedded Systems Expert bei der Renaulttochter Ampere.
Frédéric Ameye referierte als Experte für Embedded Systems und Cybersecurity von Renault Ampere über die Kosteneffizienz von E/E-Architekturen. (Bild: Anna McMaster)

Stefan Nürnberger, Co-Founder & CEO von Veecle, nahm sich ebenfalls dem Thema Programmiersprache an und argumentierte, dass traditionelle C-Code-basierte Plattformen modernen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. In diesem Zusammenhang stellte er das Cloud-native Toolset von Veecle vor, das es Teams ermöglichen soll, Software für die Automobilindustrie domänenübergreifend gemeinsam zu entwickeln, zu testen und zu validieren. Nürnberger zufolge werden dabei Compliance-Vorgaben eingehalten und Release-Zyklen drastisch verkürzt.

Schlüsselkonzepte der SDV-Entwicklung

Dr. Michael Gröschel, Head of Digital Solutions – Mobility, Logistics and Transportation bei IAV, und Prof. Dr. Falk Langer von der Hochschule Mittweida
Michael Gröschel (links) und Falk Langer sprechen über den EU Data Act. (Bild: Anna McMaster)

Nach einer Networking-Pause eröffnete Michael Gröschel, Head of Digital Solutions – Mobility, Logistics and Transportation bei IAV, gemeinsam mit Falk Langer von der Hochschule Mittweida den nächsten Block. In ihrem gemeinsamen Vortrag „Trusted Data Sharing for Next-Level SDV Engineering“ erklärten sie, wie föderierte Architekturen und intelligente Datenräume dezentrale Zusammenarbeit ermöglichen und regulatorische Anforderungen wie den EU Data Act erfüllen können.

Auf Gröschel und Langer folgte Prashant Gulati, CEO von SDVerse. In seinem Vortrag „From Complexity to Collaboration: Transforming SDV Development“ präsentierte er dem Münchner Fachpublikum, wie technische Hürden und wirtschaftliche Strukturen zusammenhängen – mit Fragmentierung, Beschaffungsengpässen und dem Fachkräftemangel führte er drei Aspekte mit gesamtgesellschaftlicher Relevanz an. „Jeder kulturelle Wandel des vergangenen Jahrhunderts wurde durch Mobilität und Transport geprägt“, unterstrich Gulati dabei die historische Rolle der Automobilindustrie als Treiber gesellschaftlicher Veränderung.

Als letzter Redner des ersten Eventtags betrat Alexander Mattausch, Techlead Operating Systems bei Elektrobit Automotive, die Bühne. In seinem Vortrag „Bringing AUTOSAR to RISC-V: A Hands-On Experience“ analysierte er die Herausforderungen und Chancen beim Einsatz standardisierter Softwarearchitekturen auf einer neuen CPU-Plattform und hob dabei sowohl das Sicherheitspotenzial als auch die Innovationsfähigkeit von RISC-V hervor.

automotiveIT Kongress 2025

Am 18. September 2025 geht Deutschlands größtes Branchentreffen der Automobil- und IT-Industrie in Berlin in die nächste Runde. CIOs und IT-Experten wie Rouven Rüdenauer (CIO Mercedes-Benz Vans), Petra Clemens (CIO Cariad) oder Marc Votteler (CIO Schaeffler) stellen ihre Strategien und Projekte vor. Erleben Sie spannende Vorträge, Paneldiskussionen, Insights auf unseren Deep Dive-Bühnen, die Verleihung der nächsten IT Team Awards und natürlich das Networking mit der Community hautnah. 🎫 Jetzt Ticket sichern!

Münchner Bier und bayerische Speisen beim Networking-Abend in Stadtteil Giesing.
Münchner Bier und bayerische Speisen beim Networking-Abend in Giesing. (Bild: Anna McMaster)

Digitale Plattformstrategien und In-Car-Commerce

In der ersten Keynote des zweiten Konferenztages berichtete Holger Grandy, Head of Software Platform Automated Driving bei BMW, der Münchner Zuhörerschaft über die Fortschritte in der S-Core-Initiative und bei Eclipse SDV. „Die Welt um uns herum verändert sich mit einer Geschwindigkeit, die man sich kaum vorstellen kann“, konstatierte Grandy und mahnte damit vor industriellem Stillstand. Auf den BMW-Experten folgte Vishnu Sundaram, SVP & CTO bei Gentherm, der Monetarisierungsstrategien vorstellte, die Dienstleistungen direkt in digitale Mobilitätsplattformen integrieren.

Auf ein ähnliches thematisches Terrain begab sich Nick Telford-Reed, Executive Advisor bei Endava. Der Brite beleuchtete die grundlegende Infrastruktur, die für einen sicheren und nahtlosen In-Car-Zahlungsverkehr erforderlich ist – darunter Nutzerauthentifizierung, Backend-Integration und die Verarbeitung von Echtzeit-Transaktionen. Telford-Reed bezeichnete Zahlungen als „ein soziales und kulturelles Konstrukt“ und verwies damit auf deren weitreichende gesellschaftliche Bedeutung, die über den bloßen Transfer einer Geldsumme hinausgeht. Sein Vortrag machte deutlich, dass Vertrauen und Benutzerfreundlichkeit im Fahrzeug nicht allein auf Technologie basieren – sie erfordern vielmehr ein tiefgreifendes Verständnis von Usererwartungen und -verhaltensmustern.

Nick Telford-Reed, Executive Advisor bei Endava.
Nick Telford-Reed von Endeva brachte mit seinem Vortrag über In-Car Payment ein Beispiel für integrierte Dienstleistungen, wie sie zuvor schon Vishnu Sundaram von Gentherm thematisiert hatte. (Bild: Anna McMaster)

Monetarisierung und Machine Learning

Michael Zunke, Vice President und CTO für Software Monetization bei Thales DIS CPL Deutschland, erläuterte, dass softwaredefinierte Fahrzeuge robuste Rahmenbedingungen benötigen, um KI-basierte Assets zu schützen, Feature-on-Demand-Geschäftsmodelle zu ermöglichen und digitale Funktionen in skalierbare Einnahmequellen zu überführen – ohne dabei Sicherheit oder regulatorische Vorgaben zu gefährden.

Auf ihn folgte Thomas Raste, Principal Expert für Fahrdynamik bei Continental Automotive Technologies. Er argumentierte, dass Zulieferer in einem softwaregetriebenen Ökosystem nicht länger mit einer rein komponentenbasierten Denkweise agieren könnten. Stattdessen müssten sie sich zu systemorientierten Partnern weiterentwickeln, die integrierte Software- und Motion-Control-Lösungen beisteuern, die mit zentralisierten Rechenarchitekturen harmonieren. In diesem Kontext zeigte Raste auf, wie Continental seine Rolle in puncto Entwicklung, Test und Wertschöpfung neu denkt – mit dem Ziel, die Lücke zwischen Hardware-Exzellenz und eingebetteter Intelligenz zu schließen.

Dr. Thomas Raste, Principal Expert für Fahrdynamik bei Continental Automotive Technologies.
Thomas Raste von Continental Automotive fordert die Weiterentwicklung der Zuliefererindustrie hin zu mehr systemorientierter Partnerschaft. (Bild: Anna McMaster)

Es folgte Michael Kollig, Director Customer Engineering bei Google. Er beschäftigte sich mit den Einfluss generativer KI auf den gesamten Lebenszyklus automobilbezogener Software – von der Codegenerierung über Simulationsumgebungen bis hin zu personalisierter User Experience. Kollig unterstrich, wie cloud-native Plattformen schnellere Entwicklungszyklen, höhere Skalierbarkeit und eine intuitivere Integration von Machine Learning in zukünftige Mobilitätslösungen ermöglichen. „Jeder Entwickler hasst Dokumentation“, merkte er im Hinblick auf die alltäglichen Herausforderungen in der Softwareentwicklung mit einem Augenzwinkern an – ein Ärgernis, dem KI mittlerweile zunehmend Abhilfe verschaffe.

Testmethoden und Toolchains

Nach einer lebhaften Paneldiskussion zum Thema KI-gestützte Fahrzeugentwicklung betrat Thomas Dannemann, Senior Director Product Marketing bei Qualcomm Germany, die Bühne. In seiner Keynote hob er unter anderem das transformative Potenzial leistungsstarker Plattformen und hybrider KI-Architekturen für die intelligente Mobilität der Zukunft hervor. Durch die Kombination leistungsfähiger Edge-Technologien mit cloudbasierten Entwicklungsumgebungen könnten sich Dannemann zufolge in Echtzeit personalisierte In-Car-Erlebnisse künftig als Standard in Fahrzeugen der nächsten Generation etablieren lassen.

Thomas Dannemann, Senior Director Product Marketing bei Qualcomm Germany
Thomas Dannemann von Qualcomm zeichnet in seinem Vortrag eine Vision personalisierter Fahrerlebnisse durch Edge-Technologien. (Bild: Anna McMaster)

Im Anschluss verlagerte sich der Fokus von der KI-Architektur hin zu modernen Softwaretestverfahren. Emil Dautovic, Vice President bei RemotiveLabs, beleuchtete in seinem Vortrag die entscheidende Übergangsphase von Software-in-the-Loop (SIL) zu Hardware-in-the-Loop (HIL). Dautovic plädierte für eine flexible Entwicklungsarchitektur, die eine nahtlose Interaktion zwischen virtuellen und physischen Komponenten über den gesamten Lebenszyklus hinweg ermöglicht. Diese Vorgehensweise, so Dautovic, schaffe Konsistenz in der Testumgebung, reduziere Integrationsprobleme in späteren Phasen und eröffne Potenziale für skalierbare Systementwicklung.

Zuletzt betonte Hans-Peter Loeb, System Integration Lead bei Applied Intuition, dass die Zukunft der SDV-Entwicklung vom Zusammenspiel agiler Softwarepraktiken und automobilgerechter Validierungsprozesse abhänge. Ihm zufolge müssen moderne Toolchains rückverfolgbare Projektverwaltung, CI/CD-Kompatibilität, strukturierte Systemzusammensetzung zur Versionskontrolle sowie virtualisierte Entwicklungsumgebungen integrieren. Diese Elemente seien essenziell, um frühe Validierungszyklen – bekannt als „Shift-left“-Ansatz – zu ermöglichen und so das Risiko von Verzögerungen in kritischen Launch-Phasen zu minimieren.

6. Auflage der Automotive Software Strategies Conference
Reges Interesse beim Publikum der Automotive Software Strategies Conference 2025. (Bild: Anna McMaster)

Ausblick auf die nächste ASSC

Die 6. Auflage der Automotive Software Strategies Conference hat gezeigt: Die Automobilindustrie erlebt nicht nur eine Softwaretransformation – sie ist durch Software neu definiert worden und wird durch Software weiterhin definiert werden. Zwischen Keynotes, Expertengesprächen und interaktivem Austausch wurde in zwei Konferenztagen deutlich: Wer das Morgen gestalten will, muss im Heute dafür handeln!

Gerade deshalb gilt es, die kommende Auflage dieses Events auf dem Schirm zu haben: Die 7. Automotive Software Strategies Conference wird am 19. und 20. Mai 2026 in München stattfinden.

Dieser Artikel wurde zuerst auf Automotive Digital Transformation veröffentlicht.

automotiveIT car.summit 2025

Beim automotiveIT car.summit am 11. November 2025 in München gehen die Experten-Talks zu den Herausforderungen um das Software-Defined Vehicle, autonomes Fahren und Connectivity in die nächste Runde. Gemeinsam mit Vorreitern von OEMs, Zulieferern und Tech-Playern schlagen wir die Brücke zwischen klassischer Fahrzeugentwicklung und Software/IT. 🎫 Jetzt Ticket sichern!

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