
Hochautomatisiertes Fahren gibt es meist nur in teureren Autos. BYD will das ändern. (Bild: Adobe Stock / Earthwalker / BYD)
Noch immer hallt das Börsenbeben, welches die chinesische KI Deepseek ausgelöst hatte, nach. Und auch die Ankündigung des chinesischen Marktführers BYD, seine KI-Funktionen Auge Gottes zukünftig ohne Mehrpreis in alle Modelle einzubauen, war ein weiterer Paukenschlag. Dabei setzt der OEM auch auf die KI von Deepseek: BYD will sie in seine Xuanji-Fahrzeugsoftware einbauen und nutzt Deepseek in seinem neuen Fahrerassistenzsystem DiPilot. Das günstigste Modell mit dem Auge Gottes ist somit in China bereits für deutlich unter 10.000 Euro erhältlich. „In den nächsten zwei bis drei Jahren wird fortschrittliches intelligentes Fahren zu einer unverzichtbaren Ausstattung wie Sicherheitsgurte oder Airbags werden. Bis dahin werden Autos ohne fortschrittliche intelligente Fahrsysteme eine Minderheit der Verkäufe bilden“, prognostiziert BYD-Gründer und Vorstandsvorsitzender Wang Chuanfu.
Doch ohne entsprechende Hardware ist Gottes Auge blind. Um die intelligenten Fahrfunktionen zu verbessern, habe BYD neben intelligenten Fahrchips, verschiedenen Kameras und Radarsensoren auch die Leistung des intelligenten Cockpits für alle Produkte, die auf die intelligente Fahrversion aktualisiert wurden, verbessert und nutzerfreundlicher gestaltet, so Wang. Die Sanktionen der USA beschleunigen die Entwicklung eigener Hardware. BYD hat jetzt die Fähigkeit erreicht, Sensoren selbst herzustellen und zu verkaufen. Beispielsweise sollen Millimeterwellen- und Ultraschallradare in den eigenen Versionen von BYD leistungsfähiger als Zulieferprodukte sein, verspricht der OEM.
Drei Stufen des „Eye of God“
- Eye of God A (DiPilot 600): 3 Laserradare, 2 Orin X-Chips, Rechenleistung 508TOPS, derzeit nur bei Herstellern der Marke Yangwang erhältlich
- Eye of God B (DiPilot 300): 1–2 Laserradare, 1 Orin X-Chip, Rechenleistung 254TOPS und städtische NOA-Fähigkeit (Navigate on Autopilot). Sowohl die Hauptmarken von Denza als auch BYD sind damit ausgestattet
- Eye of God C (DiPilot 100): kein Laserradar, 5 Millimeterwellenradare, 12 Kameras, 1 Orin N/Zhengcheng J6-Chip, Rechenleistung 84/128TOPS, unterstützt nur die Hochgeschwindigkeits-NOA-Funktion
Deepseek teilt Ethik-Grundsätze
KI ist die zentrale Waffe im Wettkampf der USA um technologische Vorherrschaft. Während Trump auf Abschottung setzt, unterzeichnete China im Februar zusammen mit über 60 Ländern auf dem KI-Gipfel in Paris eine Erklärung zur ethischen Nutzung Künstlicher Intelligenz. Laut der Erklärung soll sichergestellt werden, dass KI unter internationalen Rahmenbedingungen „offen, inklusiv, transparent, ethisch, sicher und verlässlich“ sowie für Menschen und den Planeten nachhaltig genutzt wird. Deepseek teilt diese Grundsätze und verbietet die Nutzung für militärische Zwecke.
Etwa zeitgleich teilte Google mit, dass das Unternehmen seine im Jahr 2018 verabschiedeten KI-Grundsätze überarbeitet hat. In der neuen Version wurde die Selbstverpflichtung aufgehoben, KI-Technologie nicht für die Waffenentwicklung und Überwachungsanwendungen zu verwenden. Damit reiht sich Google in die Liste der US-Unternehmen ein, welche ihre ethischen und moralischen Grundsätze aufgegeben haben.
Profitieren deutsche Autokonzerne von chinesischer KI?
Zusammen mit den Verboten chinesischer Steuertechnologie und Sicherheits-Hardware der USA zeichnet sich besonders deutlich ein Wettkampf um die künftigen technologischen Standards ab. Der VDA kritisierte diese Verbote. Doch könnte der Wettkampf weniger China gegen USA, sondern USA gegen den großen Rest der Welt verlaufen. Da diese neuen KI-Systeme von den großen Autokonzernen international genutzt werden, die Branche global vernetzt ist, sind internationale Regeln erforderlich. Besonders deutsche Autokonzerne profitieren von KI-Kooperationen mit China, da sie mit ihrem globalen Entwicklungsnetzwerk technologischen Rückstand schneller aufholen können.
Bei Gesprächen mit leitenden KI-Technikern in großen chinesischen Konzernen weisen die meisten darauf hin, dass KI menschengemachte Regeln braucht, Gefahren im Vorfeld verhindert werden müssen und dies auch technisch sowie organisatorisch machbar ist. Dies gilt für den KI-Einsatz bei chinesischen Autokonzernen genauso wie für Tesla und andere Automarken oder die Automobiltechnologien von Google, Deepseek und Zulieferern. Global gültige Regeln sind dafür notwendig.
Auswahl an Marken, die Deepseek nutzen:
- Geely und Deepseek möchte sich zunächst auf die Integration des KI-Modells R1 von Deepseek in Geelys eigenes KI-System Xingrui konzentrieren
- Zeekr hat in ihren virtuellen Cockpit-Sprachassistent Eva DeepSeek integriert
- Leapmotor kündigte die Einführung von DeepSeek-R1 in seinem Großmodell Xiao Ling GPT an
- Die GAC Group veröffentlichte ein Demonstrationsvideo, in dem ihr KI-Assistent im Auto auf Sprachanfragen reagiert, die auf DeepSeek-R1 basieren
- Die Marke Baojun von SAIC-GM-Wuling gab bekannt, dass ihr Lingyu-Smart-Cockpit mit dem DeepSeek-KI-Modell integriert wurde
- SAIC General Motors integriert zudem DeepSeek-R1 in seine intelligenten Cockpits. Die neuen Fahrzeugmodelle der Marken Cadillac und Buick werden zukünftig damit ausgestattet
- Great Wall Motor hat eine Partnerschaft mit den großen chinesischen Telekommunikationsunternehmen geschlossen, um die transformativen Fähigkeiten der KI-Technologie von Deepseek in mehreren Marken zu nutzen
- Dongfeng Motor hat die Sprachmodelle von Deepseek vollständig in die gesamte Pkw-Produktpalette seiner eigenen Fahrzeuge integriert hat. Marken wie Voyah, M-Hero, Aeolus und Nammi werden das KI-gestützte System übernehmen
- Dongfeng Nissan gab bekannt, dass sein kommender N7 das erste Joint-Venture-Fahrzeugmodell Chinas sein wird, das mit dem Deep-Reasoning-KI-Modell Deepseek-R1 ausgestattet ist
Honda und Mitsubishi haben dagegen die Nutzung von DeepSeek aufgrund von Datensicherheits-Bedenken untersagt. Hier zeichnet sich der eigentliche Konflikt ab, der jedoch nicht nur KI aus China betrifft, welche auch bereits US-amerikanische oder japanische Unternehmen nutzen.