Neue Kooperation

Deshalb setzt BMW in China auf Momenta

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Die BMW Group arbeitet mit Momenta zusammen, um den Maßstab für intelligentes, sicheres und symbiotisches automatisiertes Fahren zu setzen
Die BMW Group arbeitet mit Momenta zusammen, um den Maßstab für intelligentes, sicheres und symbiotisches automatisiertes Fahren zu setzen.

BMW kooperiert mit dem chinesischen ADAS-Spezialisten Momenta, um Fahrassistenzsysteme für den chinesischen Markt zu entwickeln – maßgeschneidert für lokale Bedingungen, ergänzt durch globale Kooperationen.

BMW hat angekündigt, gemeinsam mit dem chinesischen ADAS‑Anbieter Momenta speziell für den chinesischen Markt automatisierte Fahrfunktionen zu entwickeln. Die Partnerschaft solle fortschrittliche KI‑Algorithmen nutzen und auf datengestützten Entwicklungsansätzen basieren. Zunächst werde die Integration im Rahmen der Neuen Klasse in China erfolgen. Dabei verfolgt BMW laut eigenen Angaben eine Strategie, die intelligente Interaktion, Steuerung und ADAS kombiniere, um „den maximalen Nutzen für den Fahrer in allen Situationen zu gewährleisten“.

So viel zum offiziellen Teil. Im Gespräch mit automotiveIT ordnet Gartner-Analyst Jonathan Davenport den Schritt wie folgt ein: „Der chinesische Automobilmarkt ist hoch kompetitiv. Lokale Hersteller verbessern rasant die technische Reife ihrer Fahrzeuge – insbesondere durch softwarebasierte Funktionen. Da Softwareplattformen zunehmend als zentrales Unterscheidungsmerkmal für Verbraucherentscheidungen fungieren, müssen internationale Marken wie BMW sicherstellen, dass ihre Fahrzeuge ähnliche Fähigkeiten bieten, um relevant zu bleiben."

BMW braucht Momentas Expertise

„Diese Zusammenarbeit von Partnern mit der gleichen Denkweise wird es uns ermöglichen, unseren Kunden in China ein ganz einzigartiges automatisiertes Fahrerlebnis zu bieten“, sagt Mihiar Ayoubi, Senior Vice President, Driving Experience bei BMW. Er verweist auf über 20 Jahre Pionierarbeit im Bereich Sicherheit automatisierten Fahrens kombiniert mit lokaler Kompetenz und moderner chinesischer KI-Technologie.

Gartner-Experte Davenport sieht besonders den Zugang zu Algorithmen als entscheidendes Kriterium für die Zusammenarbeit. Diese seien bereits für chinesische Straßenverhältnisse und Nutzererwartungen trainiert und optimiert wurden. Momentas Erfahrung im Heimatmarkt – unter anderem durch Projekte mit SAIC und zuletzt mit Mercedes – mache das Unternehmen zu einem wertvollen Partner. Diese Kooperation ermögliche BMW eine effektivere Lokalisierung, ohne alle Systeme eigenständig entwickeln zu müssen, so Davenport.

Warum setzt BMW gerade auf Momenta?

Was dieses Projekt von anderen Initiativen im chinesischen Markt für autonomes Fahren abhebt, ist, „dass viele große Player entweder auf höhere Autonomiestufen setzen – primär mit Fokus auf Robotaxi-Lösungen, oder vertikal integrierte Plattformen entwickeln – also Unternehmen, die nicht nur ADAS oder autonome Fahrfunktionen bauen, sondern auch eigene Fahrzeuge produzieren und verkaufen, um strategische Partnerschaften mit potenzieller Konkurrenz zu vermeiden", sagt Davenport.

BMW verfolge im Gegensatz dazu einen pragmatischen Ansatz zur Lokalisierung durch Partnerschaft, wodurch das Unternehmen mit der heimischen Innovationsgeschwindigkeit mithalten könne, ohne das Risiko oder den Aufwand einzugehen, direkt in Bereichen zu konkurrieren, in denen chinesische Anbieter bereits führend seien.

Ziel: Schnellere Time-to-Market

Es bestehe, so Davenport, klar die Notwendigkeit, dass Softwarelösungen für autonomes Fahren an lokale Märkte homologiert werden. Hier liege Momentas Vorteil darin, dass die Software bereits für chinesische Straßen, Verkehrsmuster und Infrastruktur trainiert wurde – ein erheblicher Vorsprung gegenüber anderen, sich noch in Entwicklung befindlichen Lösungen.

Beispielsweise sei die Zusammenarbeit von BMW mit Qualcomm über Arriver vielversprechend, diese Systeme befänden sich aber noch in der Erprobungsphase und seien nicht für das spezielle chinesische Fahrumfeld optimiert. „Momentas lokale Expertise dagegen erlaubt es BMW, die Markteinführungszeit deutlich zu verkürzen – ein entscheidender Faktor zur Gewinnung und Bindung chinesischer Kunden, die zunehmend auf fortschrittliche Software und Fahrerlebnisse Wert legen", erklärt der Experte.

BMW bleibt in der Verfolgerrolle

Die Partnerschaft dürfte BMW zweifellos helfen, seine Position zu verbessern, aber Davenport glaubt nicht, dass sie ausreicht, um BMW zur Führungsrolle im Bereich autonomes Fahren zu verhelfen. „Die Integration einer Drittanbieter-Softwareplattform in BMWs Fahrzeugarchitektur ist kein triviales Unterfangen. Sie bringt erhebliche technische Komplexität und Herausforderungen mit sich, deren Lösung Zeit benötigt."

Während der deutsche OEM sich auf diese Integration konzentriere, könnten Wettbewerber mit vollständiger vertikaler Kontrolle – wie BYD und Tesla – schneller voranschreiten. „Diese Unternehmen profitieren von der Skalierung ihrer Fahrzeugflotten, die es ihnen erlaubt, große Mengen an Realweltdaten zu sammeln und damit ihre KI-Algorithmen kontinuierlich zu trainieren", stellt Davenport klar.

Lokaler Fokus auf China

Die Partnerschaft konzentriert sich laut BMW auf Softwareentwicklung und -integration, optimiert für chinesische Straßennetze, Verkehrsbedingungen und Nutzererwartungen. Der bayerische OEM verfolgt bereits seit längerem einen mehrgleisigen Ansatz zum autonomen Fahren. In Deutschland hat der Konzern die Level‑3-Zulassung über das KBA erhalten: Seit Juni 2023 ist der Autobahnassistent für Geschwindigkeiten bis 130 km/h verfügbar, ebenso der Level‑3-Personal Pilot im BMW 7er.

Parallel arbeitet BMW global mit Zulieferern wie Qualcomm und Arriver zusammen: Seit März 2022 entwickelt BMW mit ihnen skalierbare autonome Fahrplattformen auf Basis der Snapdragon Ride-SoCs und Arriver Computer‑Vision. Zudem besteht eine KI-Partnerschaft mit Alibaba in China mit Blick auf Sprach- und Interface-Technologien in der Neuen Klasse ab 2026.